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01.03.08 / Zank um Goebbels Villa / Angst vor der »braunen Gefahr« raubt Politikern offenbar den Verstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-08 vom 01. März 2008

Zank um Goebbels Villa
Angst vor der »braunen Gefahr« raubt Politikern offenbar den Verstand
von Patrick O’Brian

Wir haben unglaublich viele Sachen in den zwei Tagen gesehen. Das ist übrigens die Rückseite der Goebbelsvilla am Bogensee“, lautet ein englischsprachiger Eintrag auf einer Internetseite für Reisen zu wichtigen Plätzen während des Zweiten Weltkriegs.

Amerikanische oder englische Touristen kennen keine Verklemmung im Umgang mit der Geschichte, dem Krieg, den Nazis und all dem. Immer öfter begegnen Berliner englischsprachigen Touristenführern, die mit einem Leuchten in den Augen ihren Kunden von Hermann Görings „Luftwaffenministerium“ erzählen – oder vom „Führerbunker“.

Solche Besucher sind es nicht, vor denen sich jetzt gleich zwei Bundesländer ängstigen. Aber dafür haben Berlin und Brandenburg Angst vor Neonazis. Vor Leuten also, die zu der eingangs erwähnten Goebbelsvilla wollen, weil sie dort „hinpilgern“. Deswegen wird das Domizil von Hitlers Propagandaminister jetzt nicht wie ursprünglich geplant verkauft. Stattdessen soll ein Jugendheim aus der Villa am Bogensee werden.

Seit Jahren steht die Immobilie in der Nähe von Wandlitz (etwa 15 Kilometer nördlich von Berlin) leer. 1939 fertiggestellt, diente sie Goebbels erst als „Liebesnest“, in dem er sich mit schönen Schauspielerinnen traf, bevor er seine Familie 1943 nachholte. „Sein“ Berlin wurde zu dem Zeitpunkt schon regelmäßig von alliierten Bombenangriffen heimgesucht.

Später hatten die Kommunisten wenige Berührungsängste mit dem Nazi-Relikt. Sie nutzten das Gebäude einfach für ihre FDJ-Hochschule, also unter anderem für das Heranziehen von Nachwuchsagitatoren weiter.

Heute sieht das anders aus. Für den Landsitz, der sich im Besitz des Landes Berlin befindet, sollte eigentlich weltweit nach einem Käufer gesucht werden. Inzwischen wurde aber entschieden, daß nur das anliegende Areal (13 Hektar) verkauft wird. Die Villa bleibt im Besitz der Stadt.

Denn: „Es muß der Gefahr begegnet werden, daß eine neue Wallfahrtsstätte für Neonazis entsteht.“ Clemens Appel, der Chef der Potsdamer Staatskanzlei laut Boulevardblatt „BZ“. Und auch Berlins Finanzstaatssekretär sorgt sich: „Beim ersten Verkauf könnte Berlin noch reinschreiben, was es alles möchte. Aber auf Dauer bietet das keine Sicherheit.“

Jaja, die Angst vor einem NPD-Schulungszentrum macht mal wieder die Runde. Obwohl inzwischen allen klar sein sollte, daß diese Sorge unbegründet ist, taucht sie immer wieder auf. Meistens von der NPD selbst geschürt. Und das geht so: Ein Besitzer einer unverkäuflichen Immobilie (zum Beispiel eines Hotels oder eines Bauernhofes) wendet sich an die Partei. Man vereinbart folgenden „Deal“: Die NPD plärrt überall herum, sie eröffne demnächst ein „nationales Schulungszentrum“ für ihre Parteikader. Sofort gibt es antifaschistische Abwehrreflexe der gutmeinenden Dorfbewohner bis hin zu Demonstrationen und Mahnwachen. Damit entsteht unglaublicher politischer Druck auf die lokalen Machthaber (Bürgermeister, Landrat etc.). Und zwar von Null auf Hundert.

Meistens kauft die Gemeinde dann im Eilverfahren die Immobilie zum Wunschpreis des Verkäufers. Der wiederum spendet der NPD dann einen angemessenen Betrag für ihre Kooperation, und alle sind zufrieden. Mehrfach wurde schon über diese Masche berichtet, aber die Leute fallen immer wieder darauf herein. Im vorliegenden Falle Goebbelsvilla gibt es noch nicht einmal eine entsprechende Absichtserklärung, und trotzdem warnen Politiker bereits vor einem Wallfahrtsort. Und die „BZ“ mutmaßt, „durch einen späteren Weiterverkauf könnte Bogensee doch noch zur Pilgerstätte für Glatzen werden“.

Manch einer im Senat würde das Haus sogar am liebsten abreißen lassen. Nur weil es mal Joseph Goebbels gehört hat. Da stehen sich die Politiker aber mit ihren eigenen Gesetzen im Weg. Die gesamte Siedlung steht nämlich seit neun Jahren unter Denkmalschutz.

Um der braunen Gefahr zuvorzukommen, fährt jetzt die Polizei regelmäßig Streife. Zusätzliche Kosten für einen privaten Wachschutz und den Unterhalt verschlingen über 200000 Euro pro Jahr. Die Nazi-Vergangenheit kommt uns eben noch immer teuer zu stehen.


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