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01.03.08 / »Die da oben zahlen nichts« / Steuerstatistiken zeigen, daß nicht nur diese Behauptung ein Trugschluß ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-08 vom 01. März 2008

»Die da oben zahlen nichts«
Steuerstatistiken zeigen, daß nicht nur diese Behauptung ein Trugschluß ist
von Hans Heckel

Die Affäre Zumwinkel hat ganz nebenbei das Thema Steuergerechtigkeit wieder in die Debatte gebracht. Dabei kreisen die Gespräche von den Stammtischen bis zu den Plenarsälen des Landes immerfort um eine scheinbar unverrückbare Einsicht: Die Reichen und Wohlhabenden zahlen zu wenig Steuern, die „kleinen Leute“ hingegen müssen bluten. Außerdem würden, als eine Folge dieser Ungerechtigkeit, die „Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer“.

Was an solchen scheinbar unumstößlichen Gewißheiten dran ist, darüber gibt die „Datensammlung zur Steuerpolitik“ Auskunft, die das Bundesfinanzministerium jährlich veröffentlicht. Die derzeit jüngste stammt von 2006. Hier ist genau aufgelistet, welche Bevölkerungsschicht wie viel Anteil hat am Steueraufkommen in Deutschland.

Die ernüchternde Erkenntnis aus den nackten Zahlen: Parolen wie „die da oben zahlen nichts“ und „wir hier unten müssen alles berappen“ taugen vielleicht für Wahlkämpfe, mit der Wahrheit haben sie wenig zu tun. Besserverdiener schafften ihr Geld kistenweise ins Ausland und entzögen sich so dem Finanzamt.

So sieht es tatsächlich aus: Nur 4,2 Prozent der Deutschen verdienen mehr als 52000 Euro (Ledige) und 104000 Euro (Verheiratete) pro Jahr. Diese wenigen aber erbringen allein 40,1 Prozent des Einkommensteuer-Aufkommens, wie die hier veröffentlichte Grafik zeigt. Der Verheiratete trägt hier eine jährliche Steuerlast von 27600 Euro. Auch belegt die Statistik, daß die 35,6 Prozent der Deutschen, die unter 10000 (ledig) oder 20000 (verheiratet) Euro verdienen, zusammen nur 0,6 Prozent zum gesamten Einkommensteuer-Aufkommen beitragen. Nur im Bereich der Durchschnittslöhne zwischen 20000 bis 30000 (Ledige) oder 40000 bis 60000 (Verheiratete) stimmen der Anteil an der Erwerbsbevölkerung und der am Steueraufkommen quantitativ in etwa überein. Ihre jährliche Steuerlast liegt bei 5700 und 11800 Euro.

Anders zusammengefaßt ergibt sich das gleiche Bild: Während die obersten fünf Prozent der Steuerpflichtigen 2006 fast 45,7 Prozent des Einkommensteuer-Aufkommens erbrachten, steuerten die untersten 50 Prozent nur 6,3 Prozent bei. Obwohl: Am Gesamtbetrag der Einkünfte hatten die obersten fünf Prozent „nur“ einen Anteil 26,7 Prozent, während die unteren 50 Prozent 15,6 Prozent der Einkünfte auf sich vereinigen.

Auch daß die „Reichen immer reicher, die Armen dagegen immer ärmer“ würden, gibt der langjährige Vergleich nicht her.

Bis zur Abschaffung der umstrittenen Vermögensteuer im Jahr 1995 hat die amtliche Vermögensteuer-Statistik seit 1953 die Zahl und das durchschnittliche Gesamtvermögen der unbeschränkt Vermögensteuerpflichtigen mit einem Gesamtvermögen von mehr als einer halben Million Euro, als gut einer Million Mark erfaßt.

Verblüffend: Während sich die Zahl der D-Mark-Millionäre von knapp 1600 im Jahre 1953 auf über 155000 1995 fast verhundertfachte, blieb ihr durchschnittliches Vermögen nahezu konstant groß, stieg lediglich von umgerechnet 1,5 auf 1,9 Millionen Euro. Ergo stieg zwar die Schar der „Reichen“ drastisch an, von einer Zusammenballung von immer mehr Geld bei immer weniger Leuten kann indes kaum die Rede sein.

Und warum haben dann gerade Bezieher geringer Einkommen wie Niedriglöhner, Rentner oder Arbeitslose das Gefühl, immer weniger in der Tasche zu haben, selbst wenn ihr Einkommen den Zahlen nach gar nicht zurückgegangen ist? Dies liegt zum einen natürlich an der Teuerung von Energie, Mieten und Waren des täglichen Bedarfs durch gestiegene Marktpreise, die bei unteren Schichten naturgemäß weit stärker einschlagen als bei Wohlhabenderen.

Doch der Markt war es nicht allein. Gerade die unteren Einkommensschichten und Kleinrentner, die gar keine Einkommensteuer zahlen, sind von einer Umschichtung von den „direkten“ auf „indirekte“ Steuern betroffen. „Direkte“ Steuern sind Einkommen- und Körperschaftsteuer, Soli etc., als „indirekte“ Steuern werden die Verbrauchsteuern wie Mehrwert- oder Energiesteuer bezeichnet, die auf eingekaufte Güter aufgeschlagen werden.

Noch 1991 standen „direkte“ zu „indirekte“ Steuern in einem Verhältnis von rund 56 zu 44 Prozent. Bis 2006 dreht sich das Gefälle und stand nun bei gut 49 zu knapp 51 Prozent. Während die Einkommensseite also entlastet wurde, wurde der Konsum teurer (siehe Mehrwertsteuererhöhung 2007).

Dies geschah mit dem Ziel, „Arbeit in Deutschland wieder bezahlbar zu machen“, weil massenhaft Arbeitsplätze ins Ausland verlagert wurden und, siehe Nokia, auch noch heute werden.

Daß der Staat die Steuerausfälle durch die Senkung der Einkommensteuern nicht durch Sparen ausgeglichen, sondern durch Anhebung der „indirekten“, der Verbrauchsteuern, „gegenfinanziert“ hat, ging ganz besonders zulasten unterster Einkommensschichten.


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