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01.03.08 / Schönheit und Verfall / Die Venedig-Folge von Malte Sartorius wird im Kloster Heilig Kreuz zu Köln ausgestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-08 vom 01. März 2008

Schönheit und Verfall
Die Venedig-Folge von Malte Sartorius wird im Kloster Heilig Kreuz zu Köln ausgestellt
von Helga Steinberg

Es ist ihre Schönheit und ihre Melancholie, die sie ausstrahlt und die seit Jahrhunderten Reisende wie auch Künstler in ihren Bann ziehen. Venedig, die zauberhafte Lagunenstadt, ist seit Canalettos Zeiten (1697-1768) immer wieder Anziehungspunkt und Thema unterschiedlichster Künstler gewesen. Seit anderthalb Jahrzehnten ist der Maler und Graphiker Malte Sartorius dieser Stadt verfallen. Mit ausschließlich zeichnerischen Mitteln entwirft er ein neues Bild der Lagunenstadt, verzichtet auf jegliche touristische Perspektive. Gondeln und auch die verfallenden Palazzi am Rande der Kanäle findet man, so verlockend sie auch dem Künstlerauge scheinen mögen, nicht auf den Blättern, die derzeit im Domini-kanerkloster Heilig Kreuz zu Köln zu sehen sind.

„Das Erstaunliche an seinen Arbeiten sind die realistischen Mittel, welche die Arbeit von Malte Sartorius seit jeher auszeichnen und die er jetzt in ihrer ganzen Virtuosität auf das Stadtbild Venedigs anwendet“, so die Veranstalter der Kölner Ausstellung. „Er skizziert vor der Natur, fotografiert aus gleichem Blick-winkel und verdichtet im Atelier beides zu Elementen eines nicht enden wollenden Zyklus, aus welchem jetzt 120 Werke der letzten Jahre erstmals zu einer Ausstellung zusammengefaßt wurden. In der zeichnerischen Folge entsteht auf Nebenwegen durch die Lagunenstadt und aus ungewohnten Blickwinkeln ein neuer atmosphärischer Gesamteindruck von hoher künstlerischer Präsenz und Dichte. Es sind keine allseits beliebten und millionenfach fotografierten Motive, nicht vertraute Blicke, die der Zeichner filigran umschreibt, sondern er erfaßt die aus Altem und Neuem, aus Verfall und Leben gebildeten Strukturen einer der schönsten Städte dieser Welt.“ Den Besucher erwartet somit nichts Spektakuläres in dieser Ausstellung. Sartorius hat vielmehr die „Seitenbereiche des Alltagslebens“ (Walter Vitt) eingefangen. Er zeigt die Arbeitsschuppen, kleine Industriebetriebe, entlegene Häfen. „Es ist oftmals das Unscheinbare, das der Künstler festhaltenswert, als für sich wesentlich entdeckt hat“, betont der Kunstkritiker Walter Vitt auf dem Flyer zur Ausstellung. „Wer die Fülle dieser Bilder in sich aufgenommen hat, wird sich schwer tun, Venedig künftig ohne den Blick dieses Zeichners und Radierers zu sehen.“

Malte Sartorius wurde 1933 im ostpreußischen Waldlinden, Kreis Schloßberg, geboren, wo sein Vater Forstmeister war. In Göttingen verbrachte er seine Schulzeit, in Stuttgart besuchte er die Kunstakademie. 1958 legte er das Staatsexamen für Kunsterzieher ab, 1963 wurde er als Professor an die Staatliche Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig berufen. Sartorius lebt in Braunschweig und im spanischen Altea, das er bereits 1959 während eines Auslandsstipendiums der Studienstiftung kennenlernte.

Viele Motive aus Spanien finden sich denn auch in dem Werk des Ostpreußen. Etwa Oliven in einer Schale, eine Kiste mit Weintrauben, Siebe voller Pilze, ein alter Korb und die alten Lederhandschuhe – alles scheint wie von einer dünnen Staubschicht überzogen.

Es ist wieder eine unspektakuläre Welt, in die der Künstler den Betrachter seiner Bilder entführt. Landschaften sind es – ohne Menschen, hier eine verfallene Mauer, da ein Korbstuhl, der auch schon bessere Tage gesehen hat.

Die kleine Dinge am Wegesrand sind es, die Sartorius immer wieder meisterhaft darstellt. Er zeigt seine Welt der Stille, den „ewigen Augenblick des Seins, der in seiner Bilderwelt geronnen scheint“, wie es ein Galerist einmal treffend ausdrückte.

Schönheit und Verfall stehen dicht nebeneinander in den Arbeiten des Künstlers, zwei Dinge, die sich keineswegs von vornherein ausschließen, wie man am Beispiel Venedig ebenfalls erkennen kann.

Die 106 Radierungen und 77 Farbstiftzeichnungen der Venedig-Folge, die in den Jahren 2003 bis 2007 entstanden, reihen sich ein in Radierfolgen zu Island (1987), Manila (1988) und auch China (1989).

Auf sie mögen die Worte des Schriftstellers Helmut Heißenbüttel ebenfalls zutreffen, die er einst für den Künstler und sein Werk fand: „Sartorius erreicht in seinen Arbeiten einen Schwebezustand, der einmalig ist ... und das bedeutet nicht Anspannung, sondern Lösung und Gelöstheit. Dies sind Blätter, die man entziffert, indem man sich ganz in sie hineinbegibt, sich in ihnen verliert, sich in ihnen auflöst. Den demonstrativen Akten, die noch immer die Aktualität unserer Kunstübung auszeichnen, steht hier ein Akt der Einkehr gegenüber.“

Die Ausstellung „Malte Sartorius – Venedig“ in der Reihe „Kunst im Kloster“ ist im Dominikanerkloster Heilig Kreuz, Lindenstraße 45, 50674 Köln, montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr, dienstags bis donnerstags von 15 bis 17 Uhr, sonnabends von 11 bis 12.30 Uhr zu sehen, bis 24. März.

Foto: Malte Sartorius: Fondamento Canneregjio (aus der Werkgruppe Venedig, die zwischen 2003 und 2007 entstand)


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