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08.03.08 / Mit ins Boot gezogen / Union für das Mittelmeer: Jetzt muß auch Deutschland zahlen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-08 vom 08. März 2008

Mit ins Boot gezogen
Union für das Mittelmeer: Jetzt muß auch Deutschland zahlen
von Jean-Paul Picaper

Die ,Mittelmeerunion‘ wird es nicht geben.“ Am 26. Februar überraschte der französische Staatssekretär für Europafragen, Jean-Pierre Jouyet, seine Kollegen in Brüssel mit diesem Geständnis. Nicht alle EU-Mitglieder, insbesondere Deutschland, waren von diesem Projekt von Nicolas Sarkozy begeistert. Und so war die Freude über die Absage groß. Doch sie war nur von kurzer Dauer, denn Jouyet fügte hinzu, daß das künftige Gebilde nur einen anderen Namen, und zwar „Union für das Mittelmeer“, bekommen soll.

„UM“ statt „MU“ also? Der Unterschied ist nicht unbeträchtlich. Man setzt sich „für“ den Frieden, „für“ die Kinder der Welt, „für“ eine gute Sache ein. Da muß man nicht unmittelbar betroffen sein. Außer den Mittelmeer-Anrainern Spanien und Italien dürfen sich also auch andere an diesem Projekt beteiligen. Also, denken die Deutschen, werden wir doch wieder blechen müssen?

Listig, nicht wahr, der Franzose? Mit diesem semantischen Trick kommt er auch an das deutsche Geld heran. Das Mittelmeerprojekt liegt Nicolas Sarkozy derartig am Herzen, daß er seine europäischen Partner in der EU nicht konsultiert hatte, bevor er es verkündete. Er setzt seine Hauruck-Strategie fort, wenn er am 13. Juli zu Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft mit nur einigen Staaten das UM-Projekt aus der Taufe hebt. Kein Wunder, daß es im deutsch-französischen Gebälk knistert.

Steht die EU vor einer Beziehungskrise à la de Gaulle? Aber de Gaulle und Adenauer wußten, daß man an der Substanz der deutsch-französischen Freundschaft nicht rühren darf. Was weiß der „junge“ Nicolas Sarkozy von Deutschland und von der 50jährigen Geschichte einer einmaligen Versöhnung? Vieles zeigt, daß das deutsch-französische Verhältnis zerbrechlicher ist, als man denkt. Nichtsdestotrotz traf Monsieur Sarkozy Frau Merkel am 3. März bei der Eröffnung der Cebit in Hannover. Es ist zu hoffen, daß beide unter vier Augen die richtigen Worte gefunden haben. Sarkozy ist lernfähig. Tatsache: Paris rudert schon ein bißchen zurück. Von einer Mittelmeerentwicklungsbank ist kaum noch die Rede und die Kooperationsprojekte im Mittelmeer werden vorerst auf zwei oder drei verkleinert, insbesondere in den Bereichen Transport und Energie.

Reicht es, um deutsches Mißtrauen abzubauen? Wird der rührige Franzose, fragt man sich in Berlin, nicht schon wieder die Decke an sich reißen, wie etwa bei der Befreiung der bulgarischen Geiseln aus Lybien und aus der Region einen Markt für seine Kernreaktoren machen? In der Tat betonte der für die „UM“ zuständige französische Diplomat Alain Le Roy, daß der Strom-Gürtel um das Mittelmeer geschlossen werden muß. Da seien enorme Bedürfnisse zu decken, um Meerwasser für die Landwirtschaft in Süßwasser zu verwandeln, wie es derzeit in Andalusien und Israel geschieht. 

Die Deutschen sollten jedoch nicht vergessen, daß die französischen Kernreaktoren, soweit es sich um den EPR handelt, vom Franzosen Areva zusammen mit der Firma Siemens gebaut werden. Und bei Solarenergie, die in der Region auch eine große Rolle spielen wird, ist die deutsche Industrie führend.

Ägypten träumt davon, die Seeverbindungen zwischen Alexandria und Piräus, Tanger, Barcelona und Marseille mit leistungsfähigen Schiffen auszubauen. Solche kostspieligen, aber wohlstandstiftenden Projekte können Frankreich, Italien und Spanien nicht alleine tragen. 

Es war einmal davon die Rede, daß Berlin sich für Osteuropa und Frankreich für Südeuropa und das Mittelmeer einsetzen sollte. Geopolitik spielt schon eine Rolle, aber einem im europäischen Maßstab so großen Staat wie Deutschland kann die Stabilität in der Mittelmeerregion nicht gleichgültig sein. Die Deutsche Marine kreuzt vor der Küste Libanons, um den Waffenschmuggel zu verhindern. An diesem militärischen Unternehmen beteiligen sich auch die Franzosen und andere Europäer. 


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