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08.03.08 / Wohin mit der FDP? Umfallen oder kämpfen?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-08 vom 08. März 2008

»Moment mal!«
Wohin mit der FDP? Umfallen oder kämpfen?
von Klaus Rainer Röhl

Neuerdings wollen einige Leute in der SPD das Rad neu erfinden. Alle Jahrzehnte wieder kommt die Nummer mit der „linken Mehrheit“ wieder einmal auf die Tagesordnung. Die Nummer mit den zwei sozialistischen Parteien, die doch in ihren Zielen gar nicht so weit „auseinander“ lägen und zunächst auf Länderebene, dann in sicher goldener Zukunft auch in ganz Deutschland siegen könnten. Zur Stunde, da diese Zeilen geschrieben werden, regieren Merkel und Steinmeier noch. Von der Gnade der SPD-Linken abhängig, die, von der Macht des Mitregierens fasziniert, von den einmal erreichten Privilegien und Posten nicht lassen wollen. Sie hatten die Große Koalition unterstützt, von einem faulen Kompromiß zum nächsten faulen Kompromiß. Bis der Zeitpunkt ihnen gekommen schien, Schluß damit zu machen und, wie in den Ländern, „auf die Linkspartei zuzugehen“. Warum soll im Bund nicht gehen, was in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern so gut geklappt hat?

Dreht euch nicht um, die Volksfront geht um. Was da aufzieht, ist gefährlicher, als es in den Talk-shows erscheint. Das kann nicht abgetan werden mit der wohlfeilen Rede von den zwei Paradiesvögeln Gysi und Lafontaine, die nur ins Rampenlicht wollen. Ja, die beiden sind Selbstdarsteller, wenig ernsthaft. Ernst sind die Leute, die hinter ihnen stehen. In Ost und West. Im Westen nicht wenige Kader der Gewerkschaften, denen ihre Mitglieder weggelaufen sind, überqualifizierte Marxisten auf der Suche nach einem neuen revolutionären Objekt. Im Osten die nutzlos gewordenen Apparatschiks mit dem Millionenvermögen der alten KPD, der noch von Stalin in alle Ämter eingesetzten Staatspartei. Die dann, was wir bitte nicht vergessen wollen, in einer ersten brüderlichen Umarmung die SPD der

sowjetischen Besatzungszone schluckte. Das Produkt der Zwangsvereinigung nannte sich SED. Die Sozialistische Einheitspartei mit Staat und Stasi, dem Schild und Schwert der Partei. Na und? Würde Gysi sagen. Der Konkurs der DDR führte nicht zum Konkurs der Partei. Im Gegenteil, samt Funktionären, Büros und Bankkonten nannte sich die Partei fortan PDS, dann Die Linke. Ihre politische Gesinnung (vom Verfassungsschutz in einigen Bundesländern noch beobachtet) änderte sich nicht. Wie sonst könnten die „Kommunistische Plattform“ von Sahra Wagenknecht mit Stalin als Idol und die „Gruppe der Marxisten“ weiterhin eine feste Position in der Partei einnehmen? Sie und die Oldies, die in Ehren ergrauten Ewiggestrigen aus den Funktionärs-Wohnvierteln, in denen Gysi und Bisky Direktkandidaten sind, treten jetzt an zum letzten Gefecht. Es gibt immer noch ein letztes Gefecht. Man weiß nie, wann es das letzte ist. Aber sie allein könnten kaum die Mehrheit im Land gewinnen. Das schafften die Kommunisten in ihrer Geschichte noch nie. Dazu ist ihre menschenfeindliche Ideologie zu durchsichtig. Vielleicht aber als Einheitsfront zusammen mit den Sozialdemokraten und sonstigen Linken? „Arbeiterregierung“ hieß das 1923 in Deutschland. Später, 1936 in Frankreich, hieß es Volksfront. Ein Traum, der nie zu Ende geht. Für die Deutschen ein Alptraum.

Reicht die Bruderhand als schönste aller Gaben. Die kommunistische Bruderhand wollen neuerdings immer mehr SPD-Mitglieder ergreifen. Ihnen sei ins Gedächtnis gerufen, was Bertolt Brecht einmal einen anderen Totalitären sagen läßt: „Wer mir die Hand gibt, zähle seine Finger.“

Die Gefahr besteht, daß sich auf ganz legalem Wege in Deutschland die Anhänger der sozialistischen Verteilerbürokratie durchsetzen, sie die freie Marktwirtschaft, schrittweise natürlich, abschaffen und durch Gesetzesänderungen ihre Macht zementieren, den Schaden unreparierbar machen. Die Absichten werden ziemlich unverblümt ausgesprochen, besonders von den jungen, noch ungeschulten und also weniger verlogenen Mitgliedern beider Parteien.

Wo die Gefahr wächst, wächst da die FDP auch? Was fällt beim Betrachten der beiden Klein-Parteien Die Linke und FDP in die Augen? Daß die Linke jetzt ständig Wahlen gewinnt, auch im Westen, und die FDP genauso beharrlich Wähler verliert.

Es ist eine uralte Mär, die in die „Liste der populären Irrtümer“ gehört, daß es hauptsächlich auf das Programm einer Partei ankommt und erst in zweiter Linie auf einen überzeugenden Vorsitzenden.

Männer machen Geschichte, und Leute schneiden Gesichter. Und Gysi kann seinen Kampf gegen die Globalisierungsgewinner, die Reichen, die „Heuschrecken“ und Hartz-IV-Unterdrücker im Fernsehen sehr gut verkaufen. Man glaubt ihm kein Wort, aber findet ihn sympathisch. Ein ehrliches Schlitzohr. Er und Lafontaine sind geradezu begnadete Populisten.

Ist Westerwelle auch ein Populist? Wir denken, daß er gerne einer wäre. Er liebt die Außenwirkung. Sein Satz, mit dem er gegen Möllemann und Wolfgang Gerhardt an die Macht drängte, hieß: „Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt‘s einen, der die Sache regelt. Und dieser eine bin ich.“ Glänzende Knüppelverse. Seitdem ist Guido Westerwelle immer dabei beim Aachener Karneval. Unter ihm zog die FDP immerhin in zwölf Landtagen wieder ein. Das war gut, aber wie soll es weitergehen mit der Partei?

Die Linke ist populistisch aus übervollem Munde, die FDP weist den Populismus vollmundig zurück. Aus Verantwortung für die „Bürger in unserem Land“ (Umschreibung für Deutsche). Populismus ist das letzte Schimpfwort, das die Partei zusammenhält. Bloß nicht werden wie Haider, der als „Populist“ die Schwesterpartei FPÖ an die Regierungsmacht gebracht hatte und heute noch gefürchtet wird. Andere liberale Parteien, in Dänemark und Belgien und Holland, haben ähnlich erfolgreiche „Populisten“ nach oben gebracht. Wir haben dagegen nur Hildegard Hamm-Brücher und Sabine Leut-heusser-Schnarrenberger. Sie strahlen diesen radikal-demokratischen Verhinderer-Charme aus, sonst nichts. Die großen Liberalen sind tot oder geistern nur noch auf Mitternachts-Shows und Jubiläums-Tagungen herum.

Wie ist Euch zu helfen? Ganz einfach. Aber es ist das Einfache, das schwer zu machen ist. Um es kurz zu machen, die FDP muß, damit sie in zukünftigen Wahlkämpfen nicht als Umfallerpartei und Mehrheitsbeschafferin für die SPD endgültig jede Glaubwürdigkeit verliert, das tun, was sie dauernd von sich selbst fordert: Ihr Profil schärfen. Sie muß möglicherweise etwas weniger vom Geld reden und nicht nur von Statistiken, sondern mehr von den „Menschen in unserem Lande“. Auf gut deutsch: Die Partei muß menschenfreundlicher werden, solidarischer, brüderlicher. Ein Brüderle macht noch keine Brüderlichkeit.

Vielleicht müßte die Partei auch deutschfreundlicher werden. Die Menschen in diesen Lande, das sind nämlich die Deutschen. So deutschfreundlich wie Heuss, Dehler, Mende es waren, auch Graf Lambsdorff und alle großen Liberalen, die sich ganz selbstverständlich (auch) als national-liberal empfanden. Zwölf Prozent brachten sie in ihrer guten Zeit auf die Waagschale. Auf 15 Prozent bezifferte das Allensbacher Institut das Wählerpotential für eine rechte Mitte. In Bayern wird dieses Potential fast völlig von der CSU ausgeschöpft. Aber in den übrigen Bundesländern? In Deutschland ist an der Stelle, wo eine solche rechtsliberale Partei sein müßte, deren natürlicher Verbündeter der Mittelstand und das Handwerk wären, ein Loch. Ein Vakuum. Dabei sorgen gerade die mittelständischen Betriebe, wie in der letzten Woche eine Untersuchung gezeigt hat, für ein weiterhin solides Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitsplätze – trotz der Massenentlassungen durch die großen Konzerne.

Das Feld ist offen. Von der Linken lernen, heißt siegen lernen. Gysi und Co., die tun was. Sie sind in der Region, in Städten und Gemeinden präsent, kümmern sich um die Menschen, um Landschaft und Wohnviertel. Sie sprechen in ihrer Wahlwerbung nicht ohne Pathos von Deutschland („Es ist auch unser Land!“). Ihr Land. Das ist allerdings wörtlich gemeint. Wer ihre Hand nimmt, zähle seine Finger. Eines Tages, so hoffen sie, wird die linke Mehrheit, von der Lafontaine spricht, siegen. Dann müssen wir uns um unsere Demokratie, wie wir sie kennen, keine Sorgen mehr machen. Sie ist dann überflüssig für die neuen Machthaber.

Damit solche „Träume“ nicht Wirklichkeit werden, brauchen wir eine bessere FDP.

 

Dr. Klaus Rainer Röhl ist seit 1993 Mitglied der FDP.


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