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15.03.08 / Auf gute Partnerschaft / Angela Merkel begrüßte Rußlands neuen Präsidenten – Demokratie-Defizite wurden hingenommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-08 vom 15. März 2008

Auf gute Partnerschaft
Angela Merkel begrüßte Rußlands neuen Präsidenten – Demokratie-Defizite wurden hingenommen
von Wolf Oschlies

Auf Moskauer Bühnen laufen derzeit Wagner-Opern, die einen Begriff von deutscher Krimhild-Resolutheit vermitteln. Alt-Kanzler Gerhard Schröders aufgesetzte „Freundschaft“, die den Russen langsam peinlich wurde, ersetzte Bundeskanzlerin Angela Merkel durch Offenheit und Sachlichkeit, die die solide Basis ihrer Rußlandkontakte bilden. 

Ganz pragmatisch wickelte sie auch ihren Moskau-Besuch zum Amtsübergang von Wladimir Putin auf Dmitrij Medwedjew ab. Dem neuen Präsidenten werden in Deutschland „alte Türen offen stehen“, auf „allumfassende Zusammenarbeit“ kann er rechnen, gar auf deutsche „Hilfe bei der Realisierung seiner Idee einer Modernisierung Rußlands und der Stärkung seines Rechtssystems“, so Merkel.

Medwedjew ist kein „Liberaler“, als welchen ihn der Westen sieht, wohl aber ein Legalist, dessen Entschlossenheit zu Rechtsordnung und Bekämpfung der Korruption der Westen erst noch kennenlernen muß.

Das deutsch-russische Verhältnis ist exemplarisch gut, was momentan wichtiger als je ist: Rußlands Problem mit westlichen Allianzen ist, daß es mit jedem einzelnen Mitglied gute Beziehungen hat, aber mit der ganzen Allianz Kommunikationsprobleme. Darum erscheint es Moskau lohnend, sich an die „Lokomotive der EU“, Deutschland, anzukoppeln, zumal diese mit russischer Schubkraft auch schwieriges Gelände besser bewältigt. Dieses sieht der russische Kommentator Jewgenij Grigorjew: Deutschland hat Sorgen mit den USA und ficht derzeit mit London und Paris eine „gewichtige Konkurrenz im Rahmen der EU“ aus.

Die EU will ihre „strategische Partnerschaft“ mit Rußland nach jüngeren Irritationen aufpolieren, wozu Deutschland der beste Vermittler ist. Die Irritationen wurden beim Merkel-Besuch auch angesprochen. Demokratische Defizite in Rußland? Wohl wahr, aber doch nicht erst anläßlich der Wahlen vom 2. März sichtbar geworden. Die Russen wiederum beklagen, daß die in Polen und Tschechien geplanten US-Raketensysteme gegen Rußland gerichtet seien, daß das Nato-Werben um Georgien und die Ukraine ihnen mißfällt, daß die westliche Unterstützung kosovarischer Unabhängigkeit rechtswidrig und eine Gefahr für die Sicherheit auf dem Balkan sei. Das alles mag mehr oder minder zutreffend sein, aber Russen und Deutsche wissen, daß ihr bilaterales Verhältnis damit kaum etwas zu tun hat.

Der beiderseitige Umgang sei seit langen Jahren von profitabler Verläßlichkeit geprägt, sagte im russischen Fernsehen Michael Harms, deutscher Wirtschaftsrepräsentant in Moskau. Details referierte Wladimir Putin in seiner kommenden Rolle als russischer Ministerpräsident vor Angela Merkel: „Wir haben immer gut kooperiert, mit früheren Regierungen und mit der Ihrigen. In den letzten sechs Jahren hat sich unser Außenhandel um das Dreieinhalbfache erhöht.“ 26 Prozent des deutschen Industrieexports gehen nach Rußland,  Deutschland ist Rußlands größter Kunde bei Öl- und Gaslieferungen.

Ähnlich ist es mit der ganzen EU: Rußlands Außenhandelsumsatz hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht, es verfügt gegenwärtig über Devisenreserven von knapp 500 Milliarden Dollar. Der Löwenanteil davon stammt aus dem Verkauf von Öl und Gas. Die EU bezieht über ein Viertel ihrer Energie aus Rußland und hätte eigentlich den im Dezember 2007 ausgelaufenen Partnerschaftsvertrag mit Rußland erneuern müssen. Aber der verlängert sich automatisch um jeweils ein Jahr.

Das Problem ist doch nicht, daß Rußland viel Öl und Gas verkauft, sondern, daß es nur Öl und Gas verkauft, während seine ganze Volkswirtschaft so in die Krise schliddert, daß es zusätzliche Nahrungsmittel aus Westeuropa importieren muß.

Foto: Erstes Treffen: Weder Merkel noch Medwedjew wissen genau, was sie von ihrem Gegenüber zu erwarten haben.


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