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22.03.08 / Königsberg feierte Maslenniza / Dieses Jahr war die Butterwoche eine Familienfeier mit Blinis, Spielen und Karussel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

Königsberg feierte Maslenniza
Dieses Jahr war die Butterwoche eine Familienfeier mit Blinis, Spielen und Karussel
von Jurij Tschernyschew

Maslenniza, die Butterwoche, ähnelt unserem Karneval. Die Butterwoche hat eine lange Geschichte. Sie ist eine alte slawische Feier, die auf einen heidnischen Brauch zurück­geht. In der Rus, dem ersten russischen Staat, wurde sie schon vor 1000 Jahren begangen. Sie ist das einzige heidnische Fest, das offiziell von der russisch-orthodoxen Kirche anerkannt wurde. Die Butterwoche war beim Volk so beliebt, daß sie selbst nach der Christianisierung der Rus im Jahr 988 weiter gefeiert wurde. Die Kirche fand sich damit ab.

Maslenniza ist eine fröhliche Verabschiedung des Winters, verbunden mit der Erwartung der ersten warmen Tage und der Erneuerung der Natur. Das Hauptgericht der Feier sind Blinis, Pfannkuchen. Dieses russische Nationalgericht hat eine rituelle Bedeutung. In Zeiten der alten Rus wurden die runden, goldgelb gebratenen und heißen Blinis mit der Sonne verglichen, die immer heller leuchtete und die Tage verlängerte.

In der Butterwoche hat jeder Tag seinen eigenen Namen. Der Montag heißt „Wstretscha“ (Treffen). An diesem Tag begann man mit dem Backen der Blinis und verteilte sie an die Armen. Der Dienstag heißt „Saigrysch“ (Spieltag). An diesem Tag begann nicht nur die Bewirtung, sondern auch fröhliches Spiel. Der Mittwoch ist der „Lakomka“ (Naschtag), weil in alten Zeiten das Blini-Naschen begann. Am Donnerstag ist das „Schirokij rasgul“ (Große Gelage), an dem getrunken und spazierengegangen wurde. Freitag ist der Schwiegermuttertag, Sonnabend der Schwägerinnentag und Sonntag der Abschiedstag. Nach alter Tradition wurden in den Dörfern und Städten Vogelscheuchen aus Stroh aufgestellt, die den weichenden Winter und die Kälte symbolisierten und die dann angezündet wurden.

Maslenniza geht der großen Fastenzeit voraus, während der die Kirche ihre Gläubigen aufruft, 40 Tage lang weder Butter, Milch, Eier noch Fisch zu sich zu nehmen. Zum Abschluß der Fastenzeit wird Ostern gefeiert.

In Königsberg geriet die Butterwoche dieses Jahr eher zur Familienfeier. Eltern gingen mit ihren Kindern in den Zoo und in den Zentralpark für Kultur und Erholung. Dort war ein Festtagsprogramm organisiert. Für die Kinder war ein Karussell aufgebaut worden, sie trafen auf Possenreißer, Clowns und Väterchen Frost. Die Feier begann mit einem großen Konzert, bei dem Folklorekünstler aus dem Königsberger Gebiet auftraten. Eine besondere Köstlichkeit waren Blinis mit verschiedenen Füllungen, für welche die Besucher gerne in Kauf nahmen etwas länger Schlange zu stehen bildete. Zur Feier gehörten auch die traditionellen Spiele, und Lotterien. Wie vor 1000 Jahren war die Hauptattraktion der Festwoche das Treffen am Feuer und das Verbrennen der Vogelscheuche. Erst am Abend, als es dunkel wurde, gingen die Menschen nach Hause.

Foto: Blinis gehörten dazu: In der Butterwoche wurde dem Nachwuchs manches geboten.


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