29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.03.08 / Mogelpackung Antifaschismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-08 vom 29. März 2008

»Moment mal!«
Mogelpackung Antifaschismus
von Klaus Rainer Röhl

Immer, wenn in Deutschland einer den Mund aufmacht und aus der Front der politisch Korrekten ausscheidet, wird er gejagt. Von einer Gruppe, die sich Antifa nennt. Antifa, von Antifaschismus. Eine kleine Gruppe meist junger Leute, die versuchen, Einfluß auf die Politik zu nehmen. Abgeordnete der PDS, heute Die Linke, unterstützen die Antifa-Gruppen. Meist versucht man, breitere Kreise, am liebsten ganze Stadtparlamente, Verbände, Ausschüsse für den Kampf gegen Rechts zu gewinnen. Gegen die Extremisten. Dabei wird ganz offen mit Diffamierung gedroht, die demokratischen Parteien werden erpreßt. Seid ihr etwa für die Nazis? Für die Rechtsextremisten, für das rechtsradikale Gedankengut? Manchmal genügt es schon, wenn man Hitlers Autobahnen erwähnt, die schon lange vor seiner Machtübernahme geplant waren, oder den Arbeitsdienst, der auch lange vor 1933 existierte, aber wen interessieren Fakten? Dann erfolgt ein Appell der Antifa-Kommandos an die demokratischen Parteien zur Einheitsfront, nicht selten mit Erfolg auch bei CDU und FDP. „Antifaschistische“ Bündnisse werden geschmiedet und Steuergelder dafür eingeworben, die in Höhe von 24 Millionen Euro für den Kampf gegen die Extremisten bereitstehen. Der Treppenwitz ist nur der, daß die Antifa-Leute meistens selber Extremisten sind – Linksextremisten. Anhänger von Stalin und Lenin. Kommunisten. Selten auch Anarchisten. Ihre eigenen Grüppchen haben kaum Aussicht auf Erfolg bei Wahlen. Deshalb suchen sie ihren Einfluß durch die Antifa-Ausschüsse zu verstärken.

Das hat eine lange Tradition bei den Kommunisten und reicht weit in die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein. In das Jahr 1922. So lange gibt es Antifaschisten, und sie hatten schon damals die gleiche Funktion wie heute: den Bock zum Gärtner zu machen. Radikale Linke zu Hütern der Demokratie zu befördern.

Die Erben Stalins als Vorkämpfer für Humanität und Menschenrechte? Mit den Autonomen und gewaltbereiten Linken gegen den Faschismus? Die Frage wird kaum diskutiert. Denn beim Stichwort „Antifaschismus“ rastet der gesunde Menschenverstand bei geschlossenen Gruppen deutscher Meinungsbildner, Buchautoren, Publizisten, Politiker und Fernsehjournalisten einfach aus. Ursache dafür ist eine geradezu abenteuerliche Affinität deutscher Intellektueller für bestimmte Seiten kommunistischer Propaganda. Gerade diejenigen, die sich viel darauf zugute hielten, zu den redlichsten, scharfsinnigsten, unbestechlichsten Kritikern von Staat und Gesellschaft in der ersten deutschen Republik zu gehören, blendeten häufig ihren Verstand aus, wenn sich die Kommunisten ihnen gegenüber als die Opfer von Verfolgung und Unterdrückung darstellen konnten. Sie ergriffen Partei für die Kommunisten, von denen schon seit 1918 bekannt war, daß sie ihre Herrschaft in Rußland ausschließlich besonders brutaler und konsequenter Unterdrückung politischer Gegner zu verdanken hatten, getreu dem Wort Lenins an die Tscheka: „Rücksichtslosigkeit ist unsere Pflicht. Innerhalb dieser Pflicht ist Grausamkeit das höchste Verdienst.“

Das hinderte deutsche Publizisten und Schriftsteller nicht an einer geradezu blinden, romantischen Parteinahme für das russische Experiment, die Natur des Menschen gewaltsam zu verändern. Kurt Tucholsky, der als Mitarbeiter der „Weltbühne“ durchaus über Informationen, sogar über Hintergrundinformationen aus der damaligen Sowjetunion verfügen konnte, antwortete 1930 auf die Frage der „Moskauer Rundschau“, wie er sich im Falle eines Krieges gegen die UdSSR verhalten würde, unumwunden: „Für Rußland gegen jene Mächte, auch dann, wenn es sich um Deutschland handelt.“

Mit dieser Parteinahme ist Tucholsky kein Einzelfall. Als scheinbar realer Hoffnungsträger für alle linken Utopien wurde die Sowjetunion mit einem Vertrauensvorschuß bedacht, an dem weder Lenins Zarenmord, die blutige Ausschaltung aller politischen Gegner mit einem neuartigen flächendeckenden System von Konzentrationslagern (Gulag) noch der singuläre Massenmord an zehn Millionen russischen Bauern etwas ändern konnte. Scharenweise rekrutierten die Kommunisten unter den Intellektuellen des Westens diejenigen, die Lenin einmal „nützliche Idioten“ genannt hatte: Intellektuelle, die keine Kommunisten sind, aber in bestimmten Fragen ein Bündnis mit ihnen eingehen.

Solche Bündnisse hatten die Kommunisten auch dringend nötig. Für die Partei der Bolschewiki (eigentlich = Mehrheit), zu deren Geburtsfehler es gehörte, eine Politik zu verfolgen, die unter demokratischen Verhältnissen niemals irgendwo mehrheitsfähig war, wurde die Infiltration und Manipulation anderer Parteien, Räte, Gewerkschaften und anderer Organisationen ein elementares Instrument ihrer Politik.

1918 scheitert in Deutschland der kommunistische Versuch, die Masse der Sozialdemokraten und Gewerkschaftler zu mobilisieren, um über eine Räteregierung oder direkt über einen Aufstand zur Macht zu gelangen. 1921 und 1923 gibt es noch zwei blutige gescheiterte Aufstandsversuche in Deutschland, in Sachsen und Thüringen und später in Hamburg. Seitdem versucht die KPD, die Macht auf Umwegen zu erreichen. Allerhand Unterorganisationen, Komitees, Ausschüsse, Aktionen und Kongresse sollen die Partei in die Lage versetzen, potentielle Mitkämpfer zu gewinnen. Hauptobjekt dieser Infiltrations- und Bündnisversuche sind die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften, die sich jedoch als außerordentlich immun gegen kommunistische Annäherungs- und Infiltrationsversuche erweisen.

Ab 1928 mehren sich die Anzeichen einer weltweiten Wirtschaftskrise. Gleichzeitig tritt mit den Nationalsozialisten eine Partei auf den Plan, die als einflußlose Splitterpartei von den kommunistischen Taktikern bisher kaum beachtet worden war: Aus nur 14 Mandaten von 1926 werden plötzlich 85. Jetzt wird der „Antifaschismus“ zum Instrument kommunistischer Bündnispolitik.

Dieser Begriff ist in Italien entstanden. Gegen die mit schwarzen Hemden uniformierten Faschisten (aus Fasci di combattimento, Kampfbünde aus Kriegsteilnehmern) bildet sich unter kommunistischer Initiative schon 1922 ein „antifaschistisches“ Bündnis, die Alleanza del Lavoro, in der auch Sozialisten und Populari (Christdemokraten) mitarbeiten. Die „Alleanza“ rief im Juli 1922 gegen die Schwarzhemden zu einem Generalstreik auf, konnte aber den Sieg Mussolinis im Ok-tober nicht verhindern. Die „antifaschistischen“ Gruppen wirkten von Paris aus weiter. Ab Juni 1929 soll nach dem Willen Stalins in Moskau der „Antifaschismus“ zu einer Waffe werden, um den Kommunisten zu größeren Erfolgen zu verhelfen.

Die Kommunistische Partei und ihre vielen kleinen Funktionäre hatten nun, ganz ähnlich wie heute, die schier unlösbare Aufgabe, die Sozialdemokraten und Gewerkschaftler in Stadt und Land davon zu überzeugen, daß es notwendig sei, zusammen mit den Kommunisten eine „antifaschistische Einheitsfront“ zu bilden. Aber das fand damals (!) wenig Verständnis bei den sozialdemokratischen Mitgliedern.

Nur die Intellektuellen, allen voran die „Weltbühne“, wurden nicht müde, die SPD in immer neuen Aufrufen zu einem gemeinsamen Vorgehen mit der KPD zu ermuntern. Alle Intellektuellen waren Antifaschisten, aber der Antifaschismus der meisten Schriftsteller war genauso naiv wie ihr Pro-Bolschewismus.

Beide Einstellungen hatten sich schon sehr früh ausgebildet. Hier wie dort waren es mehr oder weniger romantische oder ästhetische Gesichtspunkte, nach denen die Parteinahme erfolgte. Die Abneigung gegen Marschmusik und Uniformen, preußischen Kommiß und Polizeistiefel, bürgerliches Ambiente und völkische Großmannssucht, gegen Nietzsche-Kult und Wagner-Opern hatte schon Vorkriegstradition. Hitler war in den Augen der meisten Intellektuellen in erster Linie ein kleiner Popel, eine „Promenadenmischung“ (Tucholsky). Als heiseren Schreihals, der von der Großindustrie Geld bekommt, stellten ihn die Fotomontagen John Heartfields 1932 eher lächerlich als tödlich dar.

Ganz anders die Haltung zur Sowjetunion. Gedichte von Majakowski, Musik von Schostakowitsch, das Moskauer Liebermann-Ensemble, der russische Futurismus und das sowjetische Tanztheater, allem voran aber die Filme von Eisenstein und Pudowkin trugen viel zur Herstellung eines positiven Bildes vom „neuen sowjetischen Menschen“ bei. Diesen glaubten die nach Rußland reisenden Schriftsteller dann in der Wirklichkeit der Potemkinschen Landschaften, durch die ihre sowjetischen Reisebegleiter sie führten, wiederzuentdecken. Was scherte es die begeisterungswilligen westlichen Schriftsteller, daß Majakowski längst in den Selbstmord getrieben worden war, die Futuristen verboten, Tretjakow abgesetzt wurde, Eisenstein und Pudowkin Produktionsverbot hatten und Schostakowitsch barbarisch zensiert wurde (von einem Kultusminister wie Schdanow, dem das Wort zugeschrieben wird „Musik ist nur, was ich nachsingen kann“).

Hier beginnt das Phänomen einer geschichtlich einmaligen selektiven Wahrnehmung.

Was man in der „Weltbühne“ pausenlos der deutschen Justiz vorwarf, daß sie nämlich auf dem rechten Auge blind sei, galt für die eigenen Leute: Sie hatten die Sehstörung auf dem linken Auge.

Foto: Extremisten gegen Extremisten: Leider ist die deutsche Gesellschaft überwiegend auf dem linken Auge blind.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren