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05.04.08 / Pflüger will auf Ost-Wähler zugehen / Chef der CDU-Opposition im Abgeordnetenhaus fordert: Leistung der damaligen DDR-Bürger stärker würdigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-08 vom 05. April 2008

Pflüger will auf Ost-Wähler zugehen
Chef der CDU-Opposition im Abgeordnetenhaus fordert: Leistung der damaligen DDR-Bürger stärker würdigen
von Markus Schleusener

Friedbert Pflüger will auf die Wähler der Linkspartei zugehen. Das steht in seinem Strategiepapier. Nicht mehr und nicht weniger. Der CDU-Oppositionschef wußte ganz genau, daß er Staub aufwirbeln würde, wenn er sich auf die eine oder andere Art auf die Linke zu bewegt.

Die Union müsse „die Linkspartei offensiver und konkreter angreifen“, fordert Pflüger. Viele in der Partei „hängen der marxistischen Ideologie nach oder verharmlosen die Verbrechen des Stalinismus“.

Einerseits will er die Linke bekämpfen, indem er mehr Aufklärung über DDR-Verbrechen betreibt. Andererseits findet er: „Wir müssen deutlich machen, daß wir mit unserer Kritik an SED und Stasi nicht die überwältigende Mehrheit der Menschen in der ehemaligen DDR meinen.“ Eigentlich ist dies ja eine Selbstverständlichkeit. Dennoch reagieren Mitteldeutsche oft mit der Nicht-alles-war-schlecht-Logik, weil sie Kritik am Sozialismus für Kritik an der eigenen Person halten.

Nur: Wie will Pflüger diese Haltung entkräften? Die aus dem Westen seien ein bißchen zu sehr mit der Tür ins östliche Haus gefallen, meint er. Das erinnert ein bißchen an die Reden seines Mentors Richard von Weizsäcker, der 1989/90 als Antwort auf Willy Brandt („Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“) verkündete: Es dürfe aber nicht zusammenwuchern.

Pflüger fordert, die Leistungen des Wiederaufbaus zu würdigen, die „blühenden Landschaften“. Außerdem will er den Bürgerrechtlern und DDR-Regimegegnern mehr Anerkennung zukommen lassen. Er nennt den „großartigen Pastor Brüsewitz“, der sich 1976 selbst verbrannt hat. „Wo sind heute die Brüsewitz-Plätze und Brüsewitz-Straßen“, fragt der CDU-Politiker.

Ja, wo sind sie? Statt dessen gibt es allein in Berlin-Prenzlauer-Berg mehr als ein Dutzend Straßen, die nach strammen Kommunisten benannt sind. Die Frage ist nur, ob sich die Herzen der Ost-Wähler mit einer großen (moralisch seit 18 Jahren gebotenen) Umbenennungskampagne erobern lassen. Und ob Pflüger den Schneid hat, so etwas in Angriff zu nehmen.

Kritiker unken: Das Problem bei allen Vorschlägen von Pflüger sei Pflüger selbst. Denn er sei ja selbst einer von „denen aus dem Westen“, der jetzt komme, um den Robin Hood der armen „Ossis“ zu spielen. Nicht vergessen ist, daß Pflüger 1991 gegen Berlin als Hauptstadt stimmte und sich damals als letzter Verteidiger der „Bonner Republik“ gebärdete.

Seinerzeit hatte er auch deutliche Worte für die extreme Linke gefunden. In seinem 1994 verfaßten Buch „Deutschland driftet“ betonte der heutige CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, er habe sich in den 70er Jahren „mit aller Kraft gegen die Bedrohung von links gewehrt“. Jetzt will der „Realo“ Pflüger mit der Linkspartei darüber streiten, was „gerecht“ ist.

Seine Vorschläge sind mit heißer Nadel gestrickt. Darauf deuten sogar die Flüchtigkeitsfehler in seinem Text. Vorher hatte der Christdemokrat das Papier in einem Zeitungsinterview angekündigt, woraufhin dann ausführlich über die Denkschrift berichtet worden war, obwohl sie noch gar nicht vorlag. Also mußte er sich zu Ostern hinsetzen und zügig sein Strategiepapier verfassen, aus dem sich die Presse dann einige Punkte herausgepickt hat.

Diese Vorgehensweise hat für Unruhe in der Partei gesorgt. An der CDU-Basis gilt Pflüger als selbstherrlicher Fraktionschef. Der Landesvorsitzende Ingo Schmitt erfuhr übrigens erst im Osterurlaub von den brisanten Vorschlägen seines Parteifreundes. Die Partei insgesamt hat schon schwer an Pflügers „Wunschkoalition“ mit den Grünen und der FDP zu knabbern – und jetzt dieser Vorstoß. Pflüger gehe einfach zu weit, sagen Parteifreunde.

Dabei sind seine Thesen so neu nicht. Schon vor einem Jahr nahm Pflüger während der Debatte um das neue CDU-Grundsatzprogramm die Position ein, die Leistungen der DDR-Bürger seien nicht genug berücksichtigt worden. Als Beispiel nannte er NVA-Offiziere, die nur in niedrigeren Diensträngen in die Bundeswehr übernommen worden seien. Hat damals keiner zugehört?

Pflüger sei jedoch nicht „authentisch“, zitiert der „Tagesspiegel“ einen „hochrangigen CDU-Politiker“, der nicht genannt werden will. Mit anderen Worten: Er erscheint nicht glaubwürdig. So wie der einstige Berlin-Gegner heute am liebsten Bürgermeister der Hauptstadt wäre, so unterstützte er einerseits Moschee-Gegner (in Pankow), um kurz darauf eine Moschee „bei seinen Freunden“ (in Neukölln) zu besuchen. Da kommen manche bodenständigen Berliner Christdemokraten nicht immer mit.


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