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19.04.08 / Ein Gesetz gegen Volksverdummung, bitte!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-08 vom 19. April 2008

»Moment mal!«
Ein Gesetz gegen Volksverdummung, bitte!
von Klaus Rainer Röhl

Ab Ende Juni gibt es für die Rentner in Deutschland eine Rentenerhöhung. Keine kleine und mickrige, wie wir sie eigentlich verdient hätten, sagt man uns. Die da oben bei der Großen Koalition haben für uns gleich ordentlich in den Topf gelangt. Nicht 4,6 Prozent, wie wir es eigentlich verdient hätten, sondern 1,1 Prozent. Wäre kaum zu verantworten gewesen, kostet den Staat und die damit die nachfolgende Generation Millionen, sagt man uns. Aber die alten Menschen sollten auch mal tüchtig am Aufschwung teilnehmen. Ihr sollt auch nicht leben wie ein Hund. Da kriegt ihr, wenn ihr Glück habt, vielleicht 12,98 Euro. Von der gesamtdeutschen Durchschnittsrente von 1180 Euro. Falls ihr die überhaupt bekommt.

Denn die in Westdeutschland lebenden Rentner beziehen eine Durchschnittsrente von 969, die Rentnerinnen nur 465 Euro. Sie haben nach dem Krieg das weitgehend zerstörte Land wieder aufgebaut, zwei, drei Kinder großgezogen und sogar noch was gespart und mußten lange Geduld haben, bis sie das Geld für ein Häuschen mit Garten, eine Wohnung mit Waschmaschine und Fernsehen und einen kleinen Pkw abgezahlt hatten. Die Pech hatten und die es nach dem Krieg in den Kommunistenstaat von Walter Ulbricht verschlagen hatte, also die Ostrentner kriegen durchschnittlich 1050 Euro, die Rentnerinnen durchschnittlich 660. Das ist in Ordnung. Weil das sonst ungerecht wäre, denn auch sie haben ihr Leben lang gearbeitet, länger als die im Westen, wenn auch für Spielgeld. Wie bei der Kinderpost.

Die Masse der deutschen Rentner kann also ab Ende Juni über 12,98 Euro zusätzlich bei Aldi und Lidl auf den Kopf hauen. Bei einer explosiven Preissteigerung für Grundnahrungsmittel wie Milch, Gemüse und Obst, den Preisen für Strom, Gas und Heizung und von Benzin. Alles ist teurer. Nur die „Bild“-Zeitung hat den Preis gehalten und verkündet letzte Woche mit einer übergroßen Schlagzeile: „Die Alten übernehmen die Macht.“

Die Schlagzeilen bei „Bild“ werden, wenn es irgend geht, vom Chefredakteur Kai Diekmann persönlich abgenommen, der in dieser verantwortungsvollen Position natürlich auch tüchtig bezahlt wird.

Was könnte er bei seinem Stamm-Italiener mit 12,98 Euro anfangen? Als Trinkgeld wäre es zu protzig.

In einer ganz anderen Welt leben die Redakteure und Schlagzeilenmacher der linksdrehenden Tageszeitung (Werbespruch: „,taz‘ muß sein!“), und da sie nur die Verantwortung für eine Minderheit, den Jüngeren und Linken, auf einem Auge blinden, also leicht behinderten Teil der Gesellschaft tragen, beträgt das Monatsgehalt der Blattmacher viel weniger als das des „Bild“-Chefs. Sie betrachten ihren Job ohnehin nur als Durchlauferhitzer, als eine Zwischenstation zu einem Posten in den großen bürgerlichen Zeitungen und Zeitschriften, wie „Zeit“, „Welt“ oder der „Süddeutschen“. Mit den 12,98 Euro könnten auch die „taz“-Macher in ihrer Stammkneipe nicht viel beschicken. Aber die Rentenerhöhung hat auch sie mobilisiert, zu den Schlagzeilen: „Die unsichtbare Macht der grauen Mehrheit“ und „Die Angst vor den Rentnern“.

Beide so unterschiedlichen Volksaufklärer haben in der Rentenerhöhung, zu der sich die Parteien der Großen Koalition aus durchsichtigen Gründen entschlossen haben, ein Thema ausgemacht, das man im journalistischen Fach-Jargon einen „Aufreger“ nennt. Das ist ein Thema, das schlau angefaßt, über Tage und Wochen in der Diskussion bleibt und mehr Leute zum Kauf der Zeitung anregt. Jung gegen Alt, das ist ein „Zieher“. Am Tag nach dem Titel mit der Macht-Übernahme kam schon die nächste „Bild“-Schlagzeile: Alt-Bundespräsident warnt vor Rentner-Demokratie! Denn, so wurde Herzog zitiert, es könnte „am Ende in die Richtung gehen, daß die Älteren die Jüngeren ausplündern“. In der „taz“ ging die Leserbrief Dis-kussion aufs Ganze: „Warum die Hetze Jung gegen Alt?“ Empfohlenes Heilmittel, wie einst 1968: „Papitalismus muß putt! Von oben nach unten verteilen. Den Reichen das Geld wegnehmen und den Rentnern geben!“ Die übrigen Zeitungen beeilten sich, schnell in die „brandheiße“ Diskussion einzusteigen. („Das Sieben-Billionen-Euro-Loch. Der demographische Orkan“, „Süddeutsche Zeitung“.) Einen „Spiegel“-Titel über den Generationenkonflikt hatten wir schon, ein neuer ist in Vorbereitung, „Stern“ und „Focus“ mischen nach Kräften mit. Ein Aufreger-Thema, wie gesagt. Jung gegen Alt. Es geht um ein paar hunderttausend Leser mehr. Der Kampf ist hart. Nicht der zwischen Jung und Alt, sondern der zwischen „Spiegel“, „Bild“ und „Stern“. Bisheriger Höhepunkt der Diskussion die „Bild“-Schlagzeile „Experte fordert neues Wahlrecht“. Der Chef des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs, Thomas Straubhaar, (wem sträuben sich da nicht auch die Haare?) schlägt ein neues Wahlrecht vor, damit die junge Generation bei künftigen Wahlen nicht einfach „untergebuttert“ wird. Jeder Rentner kriegt, wie bisher eine Stimme, Eltern mit Kindern aber mehr: „Wenn Eltern für jedes Kind eine Wahlstimme erhalten, fänden die Interessen der Jüngeren mehr Gehör.“ Wenn Dummheit weh täte, auch. Für wie dumm halten die Parteien der Großen Koalition und die Medienmacher eigentlich die Alten?

Gäbe es ein Gesetz gegen Volksverdummung, mußten jetzt viele Anklagen erhoben werden. Die Alten plündern die Jungen aus? Sie haben doch die deutsche Wirtschaft vor 60 Jahren, buchstäblich aus dem Nichts aufgebaut und dafür gesorgt, daß ihren Nachkommen der höchste Lebensstandard der Welt bereits zu einer selbstverständlichen Erfahrung geworden ist! Ihre Renten- und Pensionsansprüche sind unter schlechten Arbeitsbedingungen, Mühen und Strapazen erarbeitet worden und vor allen Dingen mit dem ständigen Verzicht auf Dinge, die heute den meisten Jüngeren selbstverständlich sind, von der Spülmaschine bis zur Ferienreise nach Gran Canaria. Sie haben gearbeitet und „geklebt“. Im Vertrauen auf den Generationenvertrag und die staatliche Garantie, daß die Renten sicher seien. Daß ihre Nachkommen in eine familien- und kinderfeindliche Gesellschaft hineingeraten sind, ist nicht ihnen anzulasten. 20 Millionen Deutsche sind Rentner, Pensionäre und Alte ohne Einkommen. Bei der nächsten Bundestagswahl sind die Alten schon (fast) in der Mehrheit. Die Älteren wählen eher CDU. In Hamburg zum Beispiel wählten 42,6 Prozent CDU, aber von den Wählern über 60 entschieden sich über 50 Prozent für die Union. Mit Recht meint Otto Wulff, der Vorsitzende der Senioren-Union: „Wir Älteren sind selbstbewußter geworden und spüren unsere Macht. Ohne uns sind für eine Volkspartei keine Wahlen mehr zu gewinnen.“

Ohne die deutschen Vertriebenen auch nicht. Spüren wir unsere Macht? Die da oben spüren sie schon. Mehrfach habe ich an dieser Stelle vorausgesagt, daß Angela Merkel ihr Versprechen, dem „Zentrum gegen Vertreibungen“ in Berlin eine würdige Heimstatt zu geben, kurz vor den nächsten Wahlen einlösen würde. Nun soll ein sogenanntes „Sichtbares Zeichen“ gesetzt werden. Plötzlich ist es auch gegen die Einwände des Koalitionspartners und der befremdlicherweise ein Mitspracherecht einfordernden Polen durchgesetzt: Unter dem Dach des „Deutschlandhauses“ in Berlin soll eine ständige Ausstellung auch (!) an das Leid und die Todesopfer der deutschen Vertriebenen erinnern. Diese Zusage wird die Regierung auf dem kommenden Deutschlandtreffen der Ostpreußen am 10. und 11. Mai in Berlin vermutlich noch einmal wiederholen. Dabei soll sich die ständige Ausstellung an der bereits vor drei Jahren gezeigten Ausstellung im „Haus der Geschichte“ in Bonn orientieren. Müssen wir uns nun darüber freuen? Sicher. Aber nur, wenn die Bedenken, die wir damals gegen diese Ausstellung vorgebracht haben, berücksichtigt werden. Ja, wir haben uns darüber gefreut, daß 60 Jahre nach der völkerrechtswidrigen Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus ihrer Heimat ihr Schicksal in einem deutschen Geschichtsmuseum Thema wurde. Es gab viel Gutes und Lobendes über die Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“ zu sagen. Aber gesagt werden muß auch, was in dieser Ausstellung fehlte, so auffällig fehlte, daß man fürchten muß, daß dieses Thema vielleicht bewußt ausgeblendet werden sollte: Die Vergewaltigung vieler hunderttausender deutscher Frauen und Mädchen.

Die Verbrechen an Mädchen und Frauen, viele von ihnen noch Kinder, die während der Vertreibung oft wochenlang vergewaltigt wurden, von russischen Soldaten und auch von Angehörigen der polnischen und tschechischen Milizen. Viele der Frauen und Mädchen haben die Folgen der massenhaften Übergriffe nicht überstanden, Tausende gaben sich auch selbst den Tod. Wer dennoch überlebte, war oft für immer traumatisiert, ebenso wie die Kinder, die die barbarischen Akte mit ansehen mußten. Längst sind die Morde, schweren Körperverletzungen und Vergewaltigungen als Kriegsverbrechen geächtet, und überall auf der Welt werden sie heute als solche gebrandmarkt, ob sie in Bosnien, in Albanien, in Afrika oder in Asien verübt werden, und fast täglich wird auch über solche Menschenrechts- Verletzungen berichtet und die Täter werden, wenn möglich, vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal angeklagt, gleich, ob es um Frauen und Mädchen in Sudan, in Uganda oder in Kenia oder im Kongo geht. Und die deutschen Opfer – kein Thema?

Lassen wir uns nicht für dumm verkaufen. Fordern wir ein Gesetz gegen Verdummung. Der Versuch sei strafbar.

 

Klaus Rainer Röhl bezieht eine Rente von 977,79 Euro. Homepage: www.Klausrainerroehl.de

Foto: Trümmerfrauen: Die heutigen Rentner haben Deutschlands Wohlstand ermöglicht.


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