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19.04.08 / Wenn die Kinder leiden / Trennungsschmerz wird in jedem Alter anders verarbeitet / Das bleibt in der Familie (Folge 25)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-08 vom 19. April 2008

Wenn die Kinder leiden
Trennungsschmerz wird in jedem Alter anders verarbeitet / Das bleibt in der Familie (Folge 25)
von Klaus J. Groth

Es mußte ja so kommen. Nur hat kaum jemand bedacht, daß die flott formulierten Begriffe wie „Silver Ager“ oder „Neue Alte“ Konsequenzen in jeder Hinsicht haben würden. Die Silberhochzeit ist nicht mehr der Wendepunkt, hinter dem die liebenden Alten nur noch ans gegenseitige Betütern denken, auf keinen Fall aber an Trennung. Heute können es die Enkel nicht fassen: Oma und Opa lassen sich scheiden. Durchhalten ist nicht mehr angesagt, auch auf dem letzten Teilstück nicht mehr.

Auch wenn die Trennung nach der Silberhochzeit immer noch etwas überraschend auf die Umwelt wirkt, sind die Fallzahlen längst zu groß, um von Ausnahmen zu sprechen. Schlüsselt man die Jahre auf, nach denen es zur Trennung eines Paares kommt, ergibt sich folgendes Bild: Nach vier oder weniger Jahren stehen 12,5 Prozent vor dem Scheidungsrichter. 28,2 Prozent halten es fünf bis neun Jahre miteinander aus, 19,5 Prozent bringen es auf zehn bis 14 Jahre, 16,6 Prozent auf 15 bis 19 Jahre, 12,7 Prozent auf 20 bis 25 Jahre. Und schließlich sind da jene 10,5 Prozent, die es zwar 26 Jahre und länger miteinander aushalten,  dann aber doch nicht bis ans Ende ihrer Zeit zusammen bleiben wollen.

Wenn Oma und Opa sich trennen, mag das die Enkel irritieren, aber schädliche Auswirkungen auf deren Seelenleben wird das kaum haben. Vollkommen anders ist die Situation jedoch, wenn sich die Eltern trennen. Für Kinder ist die Trennung der Eltern eine traumatische Erfahrung. Wenn dann beide Elternteile um die vermeintlichen Rechte am Kind kämpfen und von beiden Seiten an der Seele des Kindes zerren, dann entstehen Schäden, die nur schwer zu heilen sind. Die Kinder wissen nicht mehr, bei wem und wo ihr Zuhause ist. Mehr als 150000 Kinder sind Jahr um Jahr von der Scheidung der Eltern betroffen. Von den 2005 geschiedenen Paaren hatte mehr als die Hälfte Kinder unter 18 Jahren. Die Scheidung ihrer Eltern verarbeiten Kinder je nach Alter vollkommen unterschiedlich.

Vorschüler leiden am sichtbarsten. Sie beginnen häufig wieder ins Bett zu machen. Ohne Vorstellung von Zeit und Gründen ziehen sie häufig den simplen Schluß: Wenn ein Elternteil geht, dann könnte auch der andere gehen.

Bei neun- bis zwölfjährigen wächst eine große Wut auf jenen Elternteil heran, dem sie Schuld an der Trennung geben. Sie gehen gewissermaßen ein Bündnis mit dem „unschuldigen“ Elternteil ein. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren schließlich fühlen sich durch die Trennung der Eltern in ihrer Selbstachtung verletzt. Das geht so weit, daß sie glauben, der Vater verlasse die Familie, weil das Kind nicht seinen Ansprüchen genügt habe.

So unterschiedlich die Reaktionen der Kinder auch sind, die Eltern bekommen Trauer und Wut zu spüren. Meist dauert es ein Jahr, bis die Kinder die Trennung einigermaßen verarbeitet haben. So wie Erwachsene überzeugt sind, mit einem neuen Partner werde alles anders – und entsprechend besser, so haben sie auch mit den neu in die Familie kommenden Kindern die besten Absichten. Absichten allerdings, die sich nur schwer und selten so verwirklichen lassen, wie sie gedacht sind. Meist machen Erwachsene den Fehler, zu glauben, alle Kinder gleich behandeln zu können, keinen Unterschied zu machen zwischen „deinen“ und „meinen“ Kindern. Doch so gut diese Absicht auch ist, so irrig ist sie auch. Die Kinder machen feine Unterschiede, und die Erwachsenen machen sie auch. Das wiederum spüren die Kinder, sie haben sehr empfindliche Antennen für derartige Differenzierungen.

Besser ist es, mit den Kindern ein behutsames Gespräch über die neue Situation zu führen. Dazu gehört auch die Einsicht, daß eine Patchwork-Familie inzwischen zwar zur Regelfamilie wurde, daß sie aber eben nicht eine wunderbare, heile Familie ist.

Wenn eine Partnerschaft zusammenbricht, dann ist das immer mit Trauer, Wut und Angst verbunden. Ein offenes Gespräch hilft den Kindern. Dieses Gespräch muß rechtzeitig geführt werden, nämlich bereits dann, wenn die endgültige Entscheidung zur Trennung gefallen ist.

Viele Patchwork-Familien schaffen sich ihre Probleme, weil sie nicht akzeptieren wollen, daß sie eine Stieffamilie sind – nur versehen mit einer freundlicheren Bezeichnung. Aber „der Neue“ ist eben nicht „Vati“. Wirklich an „Vatis“ Stelle zu treten, das schafft er nicht. Aber das muß nicht unbedingt schlecht sein – vorausgesetzt, die Situation wird ehrlich und offen akzeptiert.

Es hilft den Kindern, die Trennung der leiblichen Eltern zu verkraften, wenn der alltägliche Ablauf in der neuen Verbindung so selbstverständlich ist wie möglich. Das setzt voraus, daß die Kinder mit konkreten Informationen auf das künftige Zusammenleben in der neuen Partnerschaft vorbereitet werden. So wird der Einzug des neuen Partners oder der neuen Partnerin zuvor besprochen. Der Stiefvater oder die Stiefmutter übernimmt zwangsläufig Aufgaben, die zuvor Vater oder Mutter ausfüllten. Es ist deshalb notwendig, die Kinder über diese veränderte Aufgabenverteilung zu informieren. Deshalb müssen diese Aufgaben dem neuen Partner oder der Partnerin im Beisein des Kindes ausdrücklich übertragen werden.

Zudem erleichtern feststehende Rituale wie das gemeinsame Abendbrot, regelmäßige Spiele-abende oder der gemeinsame Gang ins Schwimmbad den Start in einen veränderten Familienverband. Solche Regelmäßigkeiten sind besonders wichtig, weil in den Patchwork-Familien häufig nicht das gemeinsame Wochen-ende oder der gemeinsame Urlaub zur Verfügung stehen. Das ist dann der Fall, wenn der andere leibliche Elternteil Anspruch auf ein Treffen mit dem Kind hat und diesen Anspruch auch nutzt.

Auch bei diesen gelegentlichen Treffen ist Behutsamkeit angebracht. Keinesfalls sollte das Kind sofort mit der neuen Partnerin oder dem neuen Partner konfrontiert werden. Trifft der Vater die Kinder nur an den Wochenenden, sollte er die Zeit mit ihnen alleine verbringen. Die neue Partnerin sollte sich zurückhalten und lediglich ab und zu an solchen Treffen teilnehmen. Auch im eigenen Interesse, denn derartige Zurück-haltung schützt vor Eifersucht, aus der sich beim Kind Ablehnung entwickelt.

Die Trennung bereitet vielen Eltern ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kindern. Sie neigen dann dazu, die Kinder besonders zu verwöhnen, Dinge durchgehen zu lassen, die zuvor nicht erlaubt waren. Damit erleichtern die Eltern es den Kindern keineswegs, über die Trennung hinweg zu kommen. Im Gegenteil. Die Kinder spüren nur desto deutlicher, daß die Welt nicht mehr in Ordnung ist. Hilfreicher ist es, die Routine des Alltags so lange wie möglich aufrecht zu halten und weiterhin eindeutige Grenzen zu setzen.

Immerhin, die Tendenz zu jährlich steigenden Scheidungsraten hat einen Knick bekommen. Zwei Jahre in Folge gingen die Scheidungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zurück. Aber gleichzeitig nahm auch die Zahl der Eheschließungen ab. Und wo nicht geheiratet wird, da kann auch nicht geschieden werden. Insofern ist der Hoffnungsschimmer reichlich blaß.

In der nächsten Folge lesen Sie: Warum gemeinsames Glück stärker ist – Warum mit Familienpolitik kaum  Staat zu machen ist – Geld ist nicht alles

 

Familienmenschen (und andere)

Uschi Glas (* 2. März 1944 in Landau, eigentlich Helga Ursula Glas) focht nach 29 Ehejahren einen Trennungsstreit mit ihrem Mann Bernd Tewaag aus, der über Monate die Seiten der „Bild“-Zeitung füllte. Das Paar hat drei gemeinsame Kinder. Nachdem der Ehemann eine Affäre mit der „Brezel-Anke“ eingestand, war es aus. „Hat er einen Knall, oder was?“  fragte die Uschi Glas öffentlich. Fortan waren die Schauspielerin und der Produzent nicht länger ein Traumpaar. Stattdessen wuschen beide nach Kräften in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche. In mehreren Interviews gaben sie aufschlußreich Auskunft über ihre Beziehung und andere Dinge ihres Privatlebens. Pikant dabei am Rande: Ihren ersten Kontakt zum Film hatte Uschi Glas, die damals noch als Sekretärin arbeitete, bei einem Empfang zum dem Film „Das Liebeskarussell“.

Jürgen Fliege (* 30. März 1947 in Radevormwald) gab in seiner namensgleichen Talkshow Ratschläge zur Lebenshilfe in allen nur denkbaren Situationen. Nichts Menschliches schien dem evangelischen Theologen dabei fremd zu sein. Die Sendung im Ersten Programm lief von 1994 bis 2005, dann wurde sie wegen zu geringer Einschaltquoten abgesetzt. Während die Sendung noch als ein gesichertes Format galt, trennte sich Pastor Jürgen Fliege nach 19 Ehejahren von seiner Frau Ulrike. Er betonte dabei öffentlich, keinen Grund „für ein schlechtes Gewissen“ erkennen zu können. Fliege ist Verfasser von mehr als 20 Büchern über Glauben und Persönlichkeitsfindung.

Rupert Murdoch (* 11. März 1931 in Melbourne) trennte sich nach 38 Ehejahren von seiner Frau, Anna Torv. Der australische Medienunternehmer mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft hat besonders schmerzhaft erfahren, wie teuer scheiden sein kann. 1,7 Milliarden Dollar kostete ihn die Trennung von der Frau, mit der er in zweiter Ehe verheiratet war und mit der er drei Kinder hat. 110 Millionen Dollar wurden direkt überwiesen, der Rest in Aktien ausgezahlt. Rupert Murdoch hat sich über diesen Verlust noch im gleichen Jahr in seiner dritten Ehe mit Wendi Deng getröstet.

Roman Abramowitsch (* 24. Oktober 1966 in Saratow), russischer Milliardär mit Wohnsitz in London, kam sicherlich nicht billiger als Murdoch davon, als er sich nach 16 Ehejahren von seiner Frau Irina scheiden ließ. Mit der ehemaligen Aeroflot-Stewardess hat er fünf Kinder. Mit einem geschätzten Vermögen von 14,1 Milliarden Euro rangierte der einst mittellose Spielzeughändler auf Platz 16 der reichsten Männer. Die Scheidung dürfte ihn in der Rangliste etwas herabgestuft haben. Zwar wird die Abfindungssumme geheim gehalten, doch gemutmaßt wird über einen Betrag von einer Milliarde Pfund. Dagegen nehmen sich die Trennungen anderer Promis nach kürzerer Ehezeit vergleichsweise bescheiden aus. Den Regisseur Steven Spielberg kostete die Scheidung von der Schauspielerin Amy Irving nach dreijähriger Ehe 100 Millionen Dollar. Ex-Beatle Paul McCartney mußte jüngst für seine Trennung von dem Model Heather Mills nach vier Jahren 31,6 Millionen Euro locker machen. Möglicherweise veranlassen diese Summe Dieter Bohlen, noch einmal genau nachzurechnen. Als sich Verona Feldbusch nach nur 30 Tagen Ehe wegen einer angeblichen Prügelei von ihm trennte, blieb die Anfindungssumme geheim. Bohlen kommentierte sie so: „Keine Frau der Welt hat mehr für 15 gemeinsame Nächte bekommen.“

Foto: Warum schläft Papa nicht zu Hause? Kinder verkraften Trennungen nur schwer.


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