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26.04.08 / Eine Nummer zu groß? / Die Bahn ist ein international agierender Konzern, der Chancen aber auch Gefahren in sich birgt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Eine Nummer zu groß?
Die Bahn ist ein international agierender Konzern, der Chancen aber auch Gefahren in sich birgt
von Ansgar Lange und Rebecca Bellano

Keine Frage, die geplante Privatisierung von Teilen der Bahn ist unbeliebt. Auch wenn manche jetzt frohlocken, daß endlich der Börsengang in Angriff genommen werden könne und die politischen Blockaden ein Ende hätten: 71 Prozent der Bürger sprechen sich nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den Nachrichtensender N24 dafür aus, das Schienennetz auf jeden Fall weiterhin in staatlicher Hand zu lassen. Über die Hälfte der Befragten ist der Meinung, daß auch der Nahverkehr (57 Prozent) und der Güterverkehr (52 Prozent) bei Vater Staat verbleiben sollen.

Doch von den Bürgern hält der vor Selbstbewußtsein strotzende Hartmut Mehdorn eh nicht viel, als Bahnkunden sind sie ihm eher lästig. Mit dem Transport von Lies-chen Müller kann die Bahn nicht genug Geld verdienen. Lieber will der kleine Mann mit dem großen Ego als global player auf allen Weltmärkten mitmischen, und zwar im lukrativen Geschäft der Mobilitäts- und Logistikdienstleistungen. Es ist nicht auszuschließen, daß nach dem jetzt verkündeten Modell die Schließung von Strecken und das Dichtmachen von Bahnhöfen auf die Menschen in dünn besiedelten Gebieten zukommen könnte.

Zwar ist der Kern des Unternehmens immer noch die Eisenbahn in Deutschland mit täglich rund fünf Millionen Kunden im Personenverkehr und 857000 Tonnen beförderter Güter, doch die Bahn der Zukunft agiert international. Die DB-Strategie sieht neben der Internationalisierung aller Verkehrsträger auch den Aufbau übergreifender Reise- und Logistikketten vor, beziehungsweise sie ist schon dabei, denn die Deutsche Bahn ist in 150 Ländern tätig. Rund 237000 Mitarbeiter, davon zirka 182500 in Deutschland, sorgen für Mobilität auf der Schiene, im Landverkehr sowie in der See- und Luftfracht. Im Geschäftsjahr 2007 betrug der Umsatz der DB AG rund 31,31 Milliarden Euro. Das vollständige Aktienpaket dieses global agierenden Konzerns mit rund 200 Tochterunternehmen gehört zu 100 Prozent der Bundesrepublik Deutschland. Jener Bundesrepublik Deutschland, die anläßlich der US-Kreditkrise gleich mehrere staatseigene Banken ins Trudeln hat kommen lassen, weil sie, obwohl in zahlreichen Aufsichtsräten sitzend, die Warnzeichen der internationalen Kapitalmärkte als letzte begriffen hat. Ist also die Bundesrepublik Deutschland ein vorausschauender Aktionär, der die Chancen und Gefahren der Märkte einschätzen kann? Bisher waren Politiker in Aufsichtsräten kein Garant für Wachstum und Innovation. Und die Bahn hat jetzt noch über 16 Milliarden Euro Schulden, auch wenn sie diese 2007 um drei Milliarden reduzieren konnte. Derzeit macht die Bahn nämlich Gewinne, doch dies war schon mal anders und könnte auch wieder so werden, wenn die Mehdorn-Bahn sich mit ihren globalen Engagements übernimmt. In letzter Konsequenz haftet der Bund als Alleineigentümer mit dem gezeichneten Kapital.

Die SPD könnte sich derzeit mit einer Teilprivatisierung der nach frischem Kapital für ihre Investitionen weltweit hungernden Bahn abfinden. Nach dem kleinen Holding-Modell besteht die Bahn künftig aus einem Mutter- und mehreren Tochter-Unternehmen. Private können sich nur bei bestimmten Töchtern beteiligen und dies auch nur bis zu 24,9 Prozent. Der Staat wird auf ein Viertel seines Eigentums verkaufen, wobei das Schienennetz mit einer Streckenlänge von etwa 35000 Kilometern sowie die Bahnhöfe zu 100 Prozent in Staatsbesitz bleiben.

Doch auch diese „sanfte“ Privatisierung erntet Kritik. Mit diesem Modell locke die SPD allenfalls die „Heuschrecken“ an Bord der Bahn, schreibt die Tageszeitung „Die Welt“.

Wer schießt überhaupt Geld in ein Unternehmen, über das er nicht mitbestimmen darf?

Deutschland fehlt es an einem selbstbewußten Parlament, das jetzt diese Fragen stellt – bevor es zu spät ist. Kleine Privatanleger sollten jedenfalls Abstand nehmen von der neuen „Volksaktie“.

Foto: Die Angst geht um: Was droht den Mitarbeitern, wenn die Bahn privatisiert wird?


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