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26.04.08 / Ost-Deutsch (63): Wäsche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Ost-Deutsch (63):
Wäsche
von Wolf Oschlies

I dolen ves“, sagte mir der Arbeiter am Webstuhl: Unterwäsche webte er auch. Das war im südmazedonischen Struga, der riesige Fabriksaal stand voller deutscher Maschinen. Mit denen hat man, dachte ich, wohl auch deutsche Wörter wie „ves“ importiert, kyrillisch mit dem Zischlaut „sch“ geschrieben und wie die deutsche „Wäsche“ gesprochen und verwendet. Erst später merkte ich, ein nahezu allslawisches Wort vor mir zu haben, das ein ganzes Wortfeld mitführt.

Das althochdeutsche Verb „wascan“ hat etwas mit Wasser zu tun und bezeichnete die Kleidungsstücke, die gelegentlich zu wässern waren, eben die Wäsche. Das gilt bis heute, auch bei Nachbarn im Südosten und sogar in übertragener Bedeutung: „Gradonacelnica nihe duzna da pere sav prljavi ves ovoga grada“, las ich dieser Tage in einer Zeitung aus Sarajevo: „Die Bürgermeisterin ist nicht verpflichtet, die ganze schmutzige Wäsche der Stadt zu waschen.“

Bei uns mag es verpönt sein, „schmutzige Wäsche zu waschen“ – auf dem Balkan heißt „poprati prljavi ves“ zwar wörtlich dasselbe, wird aber im Sinne von „Peinliches ausräumen“ gebraucht.

Im Frühjahr 2008 plante die slowenische Firma Gorenje in Serbien eine Fabrik für „masine za pranje i susenje vesa“, also für Waschmaschinen und Wäschetrockner. Damit wird sie überall Absatz finden, denn bei Kroaten, Bosniern, Serben und Mazedoniern gehört die „ves masina“ zum eisernen Haushaltsbestand. Daß sie in Kleinanzeigen in bunter Vielfalt auftritt – vesmasina, ves masina, ves-masina –, macht nichts, die Aussprache „Wäschmaschine“ bleibt deutsch. Der für uns ungewohnte Umlaut findet sich in der „Wäscherei“, die bei Kroaten, Bosniern, Serben etc. als „veseraj“ wiederkehrt. So heißen die öffentlichen Wäschereien, deren technisch höherwertige „vesmasine razvijaju temperaturu od idealnih 30 stepeni“ (die Idealtemperatur von 30 Grad entwickeln).

Weiter nördlich ist es ebenso. „Ves“ wird auch in tschechischen Dialekten angezogen, „waszmaszyna“ ist altbekannter Begriff im Polnischen. Sogar die russische „vesalka“ scheint hierher zu gehören, obwohl sie den Kleiderhaken oder Wäschebügel bezeichnet.


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