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26.04.08 / Zerbrechliche Schönheit / Künstler und Architekten fühlen sich von Glas gleichermaßen angezogen – Eine Ausstellung in Düsseldorf zeigt ihre Werke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Zerbrechliche Schönheit
Künstler und Architekten fühlen sich von Glas gleichermaßen angezogen – Eine Ausstellung in Düsseldorf zeigt ihre Werke
von Helga Steinberg

Kirchenfenster, kostbare Gläser, Spiegel und sogar Schmuck und auch Fernsehgeräte oder Brillen wären nichts ohne diesen Stoff: Glas bestimmt bis heute unseren Alltag, auch wenn mittlerweile Plexiglas in vielen Fällen eingesetzt wird. Glas, dieses Material von zerbrechlicher Schönheit und mit hoher Symbolkraft, hat von jeher auch die Künstler in seinen Bann gezogen. Die Transparenz, die Spiegelung, aber auch die Formenvielfalt in Gemälden darzustellen war eine große Herausforderung an das künstlerische Können.

Eine der umfangreichsten Glassammlungen in Europa befindet sich im Düsseldorfer Glasmuseum Hentrich, das im Ehrenhof des museums kunst palast untergebracht ist. Inspiriert durch die zahlreichen Kunstschätze haben die Kuratoren des Museums nun eine Ausstellung unter dem Titel „Zerbrechliche Schönheit. Glas im Blick der Kunst“ entwickelt. Hauptkurator Beat Wismer erläutert die Intentionen der Ausstellungsmacher: „Die Ausstellung soll von der Meisterschaft der ihre Virtuosität unter Beweis stellenden Maler berichten, aber ebenso von der im Glas reflektierten Welt. Das Glas als abgebildetes Objekt, als Beweis der Meisterschaft, ist also nur das eine, die Welt, die sich im Objekt oder im Fensterglas spiegelt, ein anderes. Und natürlich die Fragilität des Materials und die Vanitas-Symbolik ein weiteres …“

Maler von Peter Paul Rubens bis Gerhard Richter haben Glas in ihren Werken dargestellt. Schlüsselwerke von Beckmann, Dali, Dix, Modersohn-Becker, Moholy-Nagy oder Monet sind auf der Ausstellung in Düsseldorf zu sehen, die nicht nur den eigenen Bestand des Museums präsentiert, sondern auch Leihgaben aus internationalen Museen und Privatsammlungen zeigt.

In Düsseldorf widmet man sich neben dem virtuosen malerischen Können bei der Darstellung von Glas auch dem künstlerischen Einsatz des Werkstoffs Glas. Die Ausstellung fragt, auf welche Art und Weise Glas in der Kunst thematisiert und mit welchen künstlerischen Mitteln und Methoden die scheinbare Un-Gegenständlichkeit gläserner Objekte dargestellt wurde.

Die umfangreiche Schau offenbart einen mit dem Motiv Glas verbundenen, breit reflektierten Themenkanon, der von der christlichen Ikonographie über die optischen Gerätschaften der Alchemisten bis hin zum Künstler-Selbstporträt in der Spiegelung des Glases reicht. Sie dokumentiert sowohl Zeugnisse der Kulturgeschichte wie Tischkultur, Festtagsbräuche oder sakrale Zeremonien als auch den symbolischen Gehalt von Glas zum Beispiel in Form von Glaskugeln, in Gestalt von geschlossenen oder geöffneten Fenstern oder in der Stillebenmalerei. Die Vielgestaltigkeit von Glas als Form, Körper und Hülle in der zeitgenössischen Kunst  findet in der Schau ebenso Berücksichtigung wie die Ideen der Glasarchitektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Man denke nur an das legendäre Glashaus von Bruno Taut, ein merkwürdiges Gebilde, das sich am Rande der Deutschen Werkbund-Ausstellung im Mai 1914 in Köln der Öffentlichkeit präsentierte.

Wie kaum ein anderes Bauwerk erregte es die besondere Aufmerksamkeit des Publikums. Die einen lachten lauthals, waren empört und sprachen verächtlich von einem „Spargelkopf“, die anderen zeigten sich angetan von diesem als Reklamepavillon für die Glasindustrie konzipierten Bau. Bruno Taut, der Architekt aus Königsberg und Schöpfer des Glashauses, sprach selbst von einem Versuch, „ein Gewand für die Seele zu bauen“.

Der 1863 in Danzig geborene Schriftsteller Paul Scheerbart veröffentlichte schon 1893 seine Vorstellungen über Glasarchitektur, Vorstellungen von einer gläsernen Umwelt, die unseren Planeten bewohnbarer machen, ihn aber zugleich auch in ein kosmisches Kunstwerk verwandeln soll.

„Die Erdoberfläche würde sich sehr verändern, wenn überall die Backsteinarchitektur von der Glasarchitektur verdrängt würde. Es wäre so, als umkleidete sich die Erde mit einem Brillanten- und Emailschmuck. Die Herrlichkeit ist gar nicht auszudenken. Und wir hätten dann auf der Erde überall Köstlicheres als die Gärten aus Tausendundeiner Nacht. Wir hätten dann ein Paradies auf der Erde und brauchten nicht sehnsüchtig nach dem Paradiese im Himmel auszuschauen.“

Die Ausstellung „Zerbrechliche Schönheit. Glas im Blick der Kunst“ im museum kunst palast, Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf, ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 6 / 4,50 Euro, bis 31. August.

Foto: Paula Modersohn-Becker: Stilleben mit Goldfischglas (Öl, um 1906)


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