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26.04.08 / Vorsicht, Männer auf Tour / Es besteht eine Verbindung zwischen Christi Himmelfahrt und Vatertag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Vorsicht, Männer auf Tour
Es besteht eine Verbindung zwischen Christi Himmelfahrt und Vatertag
von Manfred Müller

An Christi Himmelfahrt sind Teile der deutschen Männerwelt in großer Feierlaune: Was den Frauen mit dem Muttertag recht ist, soll den Männern mit dem Vatertag billig sein. Doch der Vatertag hat im Gegensatz zu dem eher besinnlich wirkenden Muttertag einen eher schrillen Charakter angenommen.

Kommerzielle Kreise (Zigarrenfabrikanten und Metzger) propagierten 1936 in den Niederlanden einen Vatertag, und dieser fand in den USA unter dem Motto „equal rights for fathers“ (gleiche Rechte für Väter) rasch Verbreitung. In Deutschland bewirkten die von draußen kommenden Vatertagsformen, daß das, was die Berliner unter einer „Herrenpartie“ verstanden, etwas „modernisiert“ wurde. Die Berliner „Herrenpartie“ war ein Gemeinschaftsausflug ins Grüne, bei dem kaum ein Wirtshaus ausgelassen wurde: Man aß, trank, spielte Karten, kegelte. Heutzutage gilt es als chic, wenn die feierlustigen Väter und die sich ihnen anschließenden Junggesellen und Hagestolze mit Pferdefuhrwerk oder Traktorgespann losziehen, große Alkoholmengen konsumieren und für grelle Musikbeschallung sorgen. Natürlich geht es auch bei Gruppen, die andere Verkehrsmittel für den Vatertagsausflug benutzen, feucht-fröhlich, laut und derb zu.

Der kirchlich-religiöse Charakter des Himmelfahrtsfestes gerät darüber fast ganz in Vergessenheit. Bei unseren Vorfahren hatte dieses Fest einen hohen Rang. Johann Sebastian Bach hat neben seinem Weih-nachtsoratorium auch ein Oster- und ein Himmelfahrtsoratorium komponiert. „Lobet Gott in seinen Reichen“ führt sehr schön in das Festgeheimnis von Christi Himmelfahrt ein. Reformatorische Kritik richtete sich nicht gegen das Fest, sondern gegen das, was an diesem Tage in vielen katholischen Pfarrgemeinden Bestandteil der Meßfeier war und aus dem frommen Volksbrauchtum herkam.

Typisch ist die Kritik des protestantischen (früher katholischen) Pfarrers Sebastian Franck aus dem Jahre 1534. Folgendes deutete er in seinem „Weltbuch“ als Beispiel für verdecktes Heidentum bei Katholiken: Um Sinn und Gemüt der Gläubigen zu rühren, zog man während des Gottesdienstes eine Christusfigur an Fäden durch eine Öffnung im Kirchengewölbe in die Höhe, dann wurde eine Teufelsfigur aus Stroh aus der Höhe ins Kirchenschiff hinabgeworfen. Jungen prügelten mit Stöcken auf den Teufel ein. Schließlich regnete es noch Oblaten, Rosen oder profanes Backwerk aus der Öffnung im Gewölbe. Dieses halbliturgische Schauspiel entsprach der Mentalität vieler unserer Vorfahren, mußte aber Anstoß bei der gebildeten Minderheit erregen, die (des Lesens und Schreibens kundig) nach dem reinen, unverfälschten Evangelium verlangte.

Es fällt auf, daß einige wichtige kirchliche Feiertage auf einen Donnerstag gelegt sind (Gründonnerstag, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam). Im antiken Rom war der Donnerstag der Tag des Jupiters, bei den germanischen Völkern war dieser Tag dem Wettergott Donar / Thor geweiht. Das Himmelfahrtsfest heißt in Schweden „Helig Thorsdag“ und in England „Holy Thursday“. Die christliche Überformung des Heidnischen ist hier mit Händen zu greifen.

Dem Himmelfahrtstag vorgeschaltet sind seit dem 9. Jahrhundert drei kirchliche Bittage mit Bittprozessionen, bei denen um den Schutz der Ernten vor Wetterschäden aller Art gebetet wird. Hier konnte bei den christlichen Flurprozessionen so manches aus den heidnischen Flurumgängen wieder lebendig werden. Mancherorts zog auch am Himmelfahrtstag selbst eine besonders feierliche Prozession; in Bayern geschieht dies heute noch mit Himmelfahrtsumritten, denen im Rheinland die Gymnicher Reiterprozession entspricht. Der Weingartener Blutritt gehört wohl in diesen Zusammenhang.

Solche Bittprozessionen führten immer auch an die Grenzen der Gemeindeflur. An manchen Orten, wo mit der Einführung der Reformation diese Prozessionen entfielen, hielt sich die Flurbegehung an einem solchen Tage als weltlicher Brauch. So wanderten etwa in Berlin junge Leute in Scharen zu den Flurgrenzen, wo sie die Anwohner symbolisch mit Birkenruten „strichen“, damit diese sich die Grenzen der Stadt merkten. Anschließend zog man gemeinsam in den Wald und ergötzte sich an Spielen und an Speis und Trank. Man könnte hierin die Wurzeln der erwähnten Berliner „Herrenpartie“ vermuten, und damit bestünde eine Verbindung zwischen religiösem und weltlichem Brauch, zwischen Christi Himmelfahrt und Vatertag.

Angesichts der demographischen Lage der deutschen Nation bleibt zu wünschen, daß immer mehr „Väter“, die an den Vergnüglichkeiten dieses Tages teilnehmen, zu wirklichen Vätern werden.

Foto: 1926: „Herrenpartie“ in der Umgebung Berlins von Sportlern der „Freien Turnerschaft Schönow“


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