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26.04.08 / 660 Jahre Karlsuniversität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

660 Jahre Karlsuniversität
von Ernst Kulcsar

Am Anfang und am Ende der ersten deutschen Universität nördlich der Alpen standen zwei Dokumente: die Gründungsurkunde der ersten Universität nördlich der Alpen, die Kaiser Karl IV. im April 1348 unterzeichnete, und das ominöse Dekret 112 vom 18. Oktober 1945, durch das der tschechoslowakischen Präsident  Edvard Benesch die Auflösung der Deutschen Universität Prag verfügte.

Es gab damals nur das regnum teutonicum, und auch das regnum italiae und arelatensis, in dessen Gebiet Prag lag, aber das Eisenacher Diplom bestätigte 1349 die römisch-deutsche Machtvollkommenheit, wodurch die Uni in Prag zur deutschen Reichsuniversität wurde. Die Universität Prag lehrte zunächst in den klassischen vier Fakultäten: Artistenfakultät, juristische, theologische und medizinische Fakultät. Die Magister und Scholaren waren ihrer Herkunft nach in vier „nationes“ (böhmisch, polnisch, baierisch und sächsisch) eingeteilt, der Kern der späteren Landsmannschaften, aus denen sich die bis heute aktive Korporationsbewegung (Studentenverbindungen) entwickelte.

Auch Jan Hus war Student und später Rektor der Karlsuniversität. Nachdem er 1415 während des Konstanzer Konzils auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden war, hat die Prager Universität 1417 das hussitische Bekenntnis übernommen, was im Lauf des 15. Jahrhunderts zu ihrer weitgehenden Isolierung von den übrigen europäischen Landsmannschaften führte.

Prag wurde im Ergebnis historischer Wirren 1526 habsburgisches Gebiet und blieb es bis 1918. Die religiösen Unruhen verschärften sich und führten zum Dreißigjährigen Krieg. Nachdem 1638 die medizinische und juristische Fakultät der Karlsuniversität gegründet wurden, begannen unter dem Kaiser Josef II. 1781 tiefgreifende Reformen. Erstmal wurden Nichtkatholiken zum Studium zugelassen, drei Jahre später Deutsch zur alleinigen Unterrichtssprache erklärt. An der Revolution von 1848 beteiligten sich sowohl deutsche als auch tschechische Studenten und Professoren. Aber es war nur eine kurze Zeit, als deutsche und tschechische Studenten gemeinsam sangen. Bald kam es zu schweren nationalen Auseinandersetzungen zwischen deutschen und tschechischen Studenten, die ihren Höhepunkt in den „Grabenkämpfen“ Ende des 19. Jahrhundert fanden.

1882 gab Kaiser Franz Josef den nationalistischen Forderungen der Tschechen nach und teilte die Universität in eine deutsche und eine tschechische. Im November 1939 wurde nach der Schaffung des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren im Ergebnis von Studen-tenunruhen die tschechische Universität geschlossen, neun „Rädelsführer“ standrechtlich erschossen und 1200 Studenten und jüdische Professoren in Konzentrationslager deportiert. Die Deutsche Universität wurde zur Frontuniversität erklärt und arbeitete bis März 1945. Die bereits erwähnten Benesch-Dekrete belasten seit diesem Jahr wie ein Mühlstein die deutsch-tschechischen Beziehungen.

Die akademische Tradition wird heute von der Karlsuniversität Prag weitergeführt. Es studieren hier fast 46000 Studenten. Das ewige „Gaudeamus igitur“ hallt weiter über die Moldau.


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