20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.05.08 / Ost-Deutsch (64): Kartoffel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Ost-Deutsch (64):
Kartoffel
von Wolf Oschlies

Diese Story gehört zu meinen liebsten Geschichtsanekdoten: Friedrich der Große verordnet am 24. März 1756 „die Anpflanzung der sogenannten Tartoffeln“ und bestimmt, die Durchführung „durch die Land-Dragoner revidieren zu lassen“. Etwaige diebische Bauern sollten die Dragoner übersehen, und so kam die 200 Jahre zuvor aus Südamerika eingeführte, von den Menschen lange beargwöhnte Frucht auf deutsche Tische. Ihr Name stammt vom italienischen „tartufolo“ und bezeichnet eigentlich „Trüffel“. Deutsche Stämme gaben ihr noch andere Namen, die sich alle bei Nachbarn im Osten wiederfinden.

Ganz deutsch muten die polnische „kartofel“, die russische „kartoska“, die bulgarische „kartof“ und die ukrainische „kartoplja“ an, alle Volksnahrungsmittel und Grundstoff für den Wodka. Origineller sind tschechische und slowakische „brambory“, wörtlich „Brandenburger“, sprachlich wohl ein spätes Kompliment an den alten Fritz. Davor „byly erdeple do Cech ponejprv privezeny r. 1719“ (wurden Erd-äpfel erstmalig 1719 nach Böhmen geliefert). Woher genau, wissen wir nicht, aber süddeutsch sind „erdeple“ in jedem Fall, genau wie „krumple“, eine Verballhornung der süddeutschen „Grundbeere“. 

Diese kullert uns auch im Süd-osten entgegen – als „krumpli“ bei Ungarn, „krompir“ bei Slowenen, einigen Bulgaren und Kroaten, „krumpir“ bei Serben und „kompir“ bei Mazedoniern und Bosniern. Als ob das nicht reichte, kommen noch dialektale Abwandlungen hinzu, von denen ich eine bei dem serbischen Dichter Matija Beckovic fand: „Postali smo taman ko kumpijer: sve sto nam valja u zemlji je“ (So wurden wir Serben dann wie die Kartoffeln: Alles, was bei uns etwas taugt, ist unter der Erde.) Ähnlich besagt es ein bosnischer Fluch: „Oni su ko krompiri: pod zemljom su bolji“ – Die sind wie Kartoffeln, am besten unter der Erde.

Während ich das schreibe, erinnere ich mich an Frido Michalk (1927–1992), den großen sorbischen Sprachwissenschaftler. Er hat mir einmal die Dialekte des kleinsten Slawenvolks, der Sorben, an den Ausdrücken für Kartoffeln erläutert. Dabei kam einiges zusammen, unter anderem die „berna“, die unverkennbar mit der deutschen Birne verwandt ist. 


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren