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03.05.08 / »Das ist ein Berufener« / Vor 175 Jahren wurde der Komponist, Pianist und Dirigent Johannes Brahms in Hamburg geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

»Das ist ein Berufener«
Vor 175 Jahren wurde der Komponist, Pianist und Dirigent Johannes Brahms in Hamburg geboren
von Silke Osman

Lieben Sie Brahms?“ fragte 1961 der junge Anthony Perkins als Philip van der Besh seine Partnerin Ingrid Bergman in dem gleichnamigen Film. Der 25jährige hatte sich in die um Jahre ältere Paula Tessier verguckt und wollte sie zu einem Brahms-Konzert einladen. „Elegant inszenierte, in der Auslotung der Konflikte jedoch an der Oberfläche bleibende Verfilmung eines Romans von

Françoise Sagan, die sich in erster Linie auf das bemerkenswerte Spiel der Hauptdarsteller stützt“, urteilte das „Lexikon des internationalen Films“. Perkins erhielt für seine Rolle eine Ehrung als bester Schauspieler auf den XIV. Filmfestspielen in Cannes; ob die Bergman Brahms und sein Werk liebte, blieb allerdings ihr Geheimnis.

Heutzutage muß man wohl eher fragen: Kennen Sie Brahms? Und die meisten werden mit einem Schulterzucken antworten, vorausgesetzt sie sind nicht gerade ausgewiesene Kenner der klassischen Musik. Die Zeiten aber, da man begeistert ausrief, Brahms sei der „Erbe Beethovens“, sind vorbei. Mag es daran liegen, daß der Komponist es seinem Publikum nicht einfach macht, bieten viele seiner Werke doch keinen leichten Zugang? Über seine erste Sinfonie sagte er selbst: „Nun möchte ich noch die vermutlich sehr überraschende Mitteilung machen, daß meine Sinfonie lang und nicht gerade liebenswert ist.“

Kennen Sie Brahms? Nein? Dabei ist doch eines der liebenswertesten Wiegenlieder eine Komposition des Hamburgers: „Guten Abend, gute Nacht, mit Rosen bedacht, mit Näglein besteckt, schlupf unter die Deck ...“ Generationen von Kindern haben (manchmal ängstlich) darauf gewartet, „morgen früh, wenn Gott will“, wieder geweckt zu werden. Etwa 200 Lieder hat Johannes Brahms übrigens vertont, darunter auch Texte des Danzigers Robert Reinick oder des Rigaers Hans Schmidt. Sein Hauptwerk aber umfaßt Sinfonien, Instrumentalkonzerte, Kompositionen für Chor, Soli und Orchester sowie Kammer-und Klaviermusik.

Die Musikalität ist Johannes in die Wiege gelegt worden, verdiente sich sein Vater doch als Berufsmusiker in Hamburg seinen Lebensunterhalt. Schon als Junge trat der am 7. Mai vor 175 Jahren geborene Johannes öffentlich auf. Mit sieben Jahren erhielt er den ersten Musikunterricht, mit zehn Jahren gab er sein Debüt als Pianist und mit 15 trat er erstmals als Komponist vor das Publikum.

Bei einem Konzert in Hamburg wird er so begeistert gefeiert, daß ein Agent ihn nach Übersee engagieren will. Das scheitert jedoch am Alter des Jungen. Seine erste Konzertreise macht er dann 1853 mit dem ungarischen Geiger Eduard Reményi, der auch den Kontakt zu dem damals sehr berühmten Geiger Joseph Jo-achim herstellt. Dieser wiederum macht eine Begegnung  mit Franz Liszt und schließlich mit dem Ehepaar Robert und Clara Schumann möglich. Damit sind die Weichen gestellt. Robert Schumann scheibt unter der Überschrift „Neue Bahnen“ 1853 einen positiven Artikel über Johannes Brahms in der „Neuen Zeitschrift für Musik“: „… Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hielten. Er heißt Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort in dunkler Stille schaffend, aber von einem trefflichen und begeistert zutragenden Lehrer gebildet in schwierigen

Setzungen der Kunst, mir kurz vorher von einem verehrten bekannten Meister empfohlen. Er trug, auch im Äußeren, alle Anzeichen an sich, die uns ankündigen: Das ist ein Berufener ...“ Brahms und Schumann begegnen sich nicht nur beruflich, auch privat entsteht eine enge Freundschaft, zu Clara Schumann sogar eine tiefe Zuneigung. Nach Robert Schumanns Einweisung in eine Nervenanstalt in En-denich bei Bonn intensivierte sich der Kontakt zwischen Clara Schumann und Brahms. Er lebte zeitweilig im selben Haus in Düsseldorf. Von Brahms sind Briefe erhalten geblieben; sie spiegeln eine wachsende Leidenschaft wider, die jedoch nicht erwidert wurde.

1857 siedelte Brahms nach Detmold über, wo er als Hofpianist und -dirigent wirkte. 1862 kam er zum ersten Mal nach Wien, das sich schließlich zu einer zweiten Heimat für den Hamburger entwickelte (am 3. April 1897 starb er dort und fand auf dem Zentralfriedhof seine letzte Ruhestätte). Nur zu Konzertreisen und zur Sommerfrische verließ er Wien, etwa 1880, als er eine Einladung ins ferne Königsberg annahm. Mitte April traf er dort ein und leitete in einem Konzert seine zweite Sinfonie. Auch als Pianist trat er auf und spielte auf einem eigens von Steinweg aus Braunschweig (später Steinway) gesandten Flügel sein d-moll-Konzert und auch die Ungarischen Tänze. Das Publikum war begeistert, wie überhaupt Königsberg eine „Brahmsstadt“ war, nicht zuletzt durch das Engagement von Gustav Dömpke. Der Journalist hatte sogar ein „Bach-Brahms-Kränzchen“ ins Leben gerufen, um die Musik seiner Favoriten zu fördern. Ludwig Goldstein schrieb 1923 in der „Hartungschen Zeitung“: „In seinen Glanzzeiten drängten sich dazu oft viele Hunderte unserer ehrlichsten und besten Musikfreunde und waren dankbar für die Gewinnung einer vielleicht einseitigen, aber sehr wertvollen Kunstkultur.“

In Wien entstand auch das Deutsche Requiem, eines der berühmtesten Werke des Komponisten, das nicht den traditionell lateinischen Texten folgt, sondern Bibeltexte in deutscher Sprache beinhaltet. 1868 wurde es bei seiner Uraufführung in Bremen begeistert gefeiert. Jedes Jahr wird es heute im Hamburger Michel, in dem Brahms getauft und konfirmiert wurde, aufgeführt. Doch nicht nur auf diese Weise erinnert sich Hamburg seines großen Sohnes. In dem neu ins Leben gerufenen Festival „Hamburger Ostertöne“ werden Werke von Brahms denen zeitgenössischer Komponisten gegenübergestellt. Ein Marmordenkmal von Max Klinger erinnert an Brahms, auf dem Platz vor der Hamburger Musikhalle (jetzt Laeiszhalle), der seinen Namen trägt. Und die Johannes-Brahms-Gesellschaft betreibt in der Peterstraße, mitten in der Hamburger Neustadt, ein kleines, aber feines Johannes-Brahms-Museum.

Ehrenamtlich tätige Musikfreunde führen dort Besucher aus nah und fern (etwa 70 Prozent kommen aus Japan) aufmerksam und kompetent durch die Räume und erzählen Wissenswertes aus dem Leben des Komponisten. Auf zwei liebevoll ausgestatteten Etagen findet der Musikfreund Fotos, Faksimile-Ausgaben von Brahms-Notenhandschriften sowie eine Präsenzbibliothek mit über 300 Büchern. Ein Besuch des Museums entführt in eine andere Welt, in die verwunschene Welt der Musik.

Das Johannes-Brahms-Museum, Peterstraße 39, 20355 Hamburg, ist dienstags, donnerstags und sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet, Eintritt 4 / 2 Euro.

Foto: Ins Klavierspiel versunken: Das Tempera-Gemälde von Willy v. Beckerath aus dem Jahr 1911 zeigt den alten Johannes Brahms am Flügel.


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