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03.05.08 / Der verschollene Sohn / Stimmiger Roman über einen Frisör mit detektivischem Gespür

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Der verschollene Sohn
Stimmiger Roman über einen Frisör mit detektivischem Gespür

Stellen Sie sich vor, Sie wären Inhaber eines Münchner Nobelfrisiersalons und plötzlich stünde ein mittelloser Kunstmaler vor Ihnen und würde behaupten, Ihr Halbbruder zu sein? Erbschleicher oder ein dunkler Fleck der Familiengeschichte?

Genau diese Frage stellt sich dem erfolgreichen Frisör Thomas Prinz, als eines Tages ein Herr Jakob Zimmermann ihm die Aufwartung macht und behauptet, den gleichen Vater zu haben.

„Die Ladentür ging auf. Der Mann war wenig größer als ich, vielleicht einsachtzig. Das braune Haar, das dicht war und platt am Kopf lag, sah aus wie aus Nachlässigkeit nicht gewaschen, war aber, wenn auch etwas unbeholfen, extra hingegelt … Er hatte den Reißverschluß der Jacke aus derbem Leder bis oben hin zugezogen. Am Hals schaute ein schwarzer Rollkragen hervor, unten hing das Bündchen heraus ... Die Streifen auf seinen Turnschuhen leuchteten wohl schon lange nicht mehr weiß ... ,Ja bitte?‘ ,Ich bin dein Bruder.‘ Ich begriff nicht. Der stellte sich vor, als wäre er ein neuer Nachbar.“

Nachdem Thomas Prinz den ersten Schrecken überwunden hat, lauscht er Jakobs Geschichte und glaubt ihm. Er stellte Jakob seiner Schwester Regula vor, berichtet schweren Herzens seiner Mutter von den offensichtlichen Umtrieben ihres verstorbenen Ehemannes und weiht auch seinen Lebensgefährten, den attraktiven Russen und Kunstkenner Aljoscha, in die Geschichte ein.

Thomas ist sich sicher, Jakob ist sein Bruder und hat somit ein Recht, an der familiären Weih-nachtsfeier teilzunehmen, welche alljährlich von dem alten Ehepaar Berg im Hause Prinz vorbereitet wird. „Wie auf Kommando stellte Frau Berg krachend die Teller und Schüsseln zusammen, und Herr Berg rief Freiwillige, also Aljoscha, in die Halle zum Baumschmücken. Es sollte doch alles harmonisch sein. Aljoscha zwinkerte mir zu und ging dem alten Herrn mit den Kartons helfen ... ,Du hast ihn eingeladen, stimmt's?‘ fragte Mutter. Typisch, Mutter wußte Bescheid.“

Theoretisch hätte nun ein besinnliches Weihnachtsfest auf den „verlorenen Sohn“ gewartet, und auch Aljoscha hätte dank seiner Beziehungen zur Kunstszene eine wundervolle Nachricht für Jakob gehabt, … doch Jakob taucht nicht auf. Da stimmt etwas nicht!

Sehr sympathisch hat Christian Schünemann die Hauptfigur des Frisörs Thomas Prinz dargestellt. Die Handlung des Romans ist zwar an sich sehr interessant und auch das Umfeld ist abwechslungsreich und gemütlich winterlich gestaltet, doch fehlt der Handlung der nötige Schwung und so ist „Der Bruder – Ein Fall für den Frisör“ zwar ein netter unterhaltsamer Roman, aber leider auch nicht mehr.      A. Ney

Christian Schünemann: „Der Bruder – Ein Fall für den Frisör“, Diogenes, Zürich 2008, 273Seiten, 8,90 Euro


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