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03.05.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-08 vom 03. Mai 2008

Lustige Symbole / Was Thilo Sarrazin amüsiert, worüber Gregor Gysi lacht, und was Sozialisten und Spekulanten im Innern verbindet
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Das Wort allein ist schon zum Aufregen: „Manager-Gehälter“. Was fällt uns dazu ein? Abkassieren, goldener Handschlag, Nieten im Nadelstreifen und selbstverständlich die „Schere zwischen Arm und Reich“. Die öffnet sich und öffnet sich und öffnet sich solange wir zurückblicken können. Längst müßten ihre Klingen mit den stumpfen Seiten hinten zusammenschlagen, so weit offen ist die schon.

Aber bleiben wir bei den Manager-Gehältern. Die sind nämlich zu hoch, viel zu hoch, weshalb da jetzt alle ranwollen, um mit der Arm-Reich-Schere oben was abzuschneiden.

Am weitesten gehen die Dunkelroten. Kein leitender Angestellter soll mehr bekommen dürfen als das 20fache eines Durchschnittsverdieners in seinem Betrieb. Klingt wirklich gerecht. Zudem wäre die Regelung das Sesam-öffne-dich für den Traum aller sozialistischen Träume: Das erste Mal in der Geschichte dieser Republik würde der Staat den Unternehmen gesetzlich vorschreiben, wofür sie ihr Geld ausgeben dürfen.

Ein Dammbruch hin zu einem ganz neuen, sozial viel gerechteren Wirtschaftssystem. Denn wenn der Staat schon die Personalausgaben der Unternehmen kontrolliert, warum dann nicht auch ihre Investitionen? Auf diese Weise könnten die Regierenden nicht bloß ökologisch oder ethisch bedenkliche Investitionen rechtzeitig stoppen. Die Investitionstätigkeit der zahllosen deutschen Unternehmen, die heute ziellos nebeneinanderher, ja manchmal sogar gegeneinander operieren, ließe sich zudem viel besser koordinieren.

Man müßte zu diesem Zweck eine zentrale Plankommission einrichten, wo in enger Abstimmung von den Unternehmen, den Arbeitnehmervertretern und der Politik festgelegt wird, wofür welcher Betrieb wie viel ausgeben darf in, sagen wir mal, den nächsten fünf Jahren. Um optimal zusammenarbeiten zu können, werden die Betriebe nach Branchen in Kombinaten zusammengefaßt.

Wie? Was höre ich da! Was soll das heißen? „Das kennen wir schon. Der eine Versuch hat uns gereicht!“ Ja, Ihnen vielleicht, Sie da drüben zwischen Gera und Greifswald. Sie haben den fetten Ausbeutern ja auch nicht schon vor 89 jahrzehntelang aufs Villengrundstück glotzen müssen, denn Ihre Bonzen haben um ihre Villen am Wandlitzer See rücksichtsvollerweise eine Mauer gezogen, und gleich noch eine zweite im We­sten, damit Sie auch unsere Magnaten nicht sehen konnten. Und Sie haben nicht schon seit den 50ern in der sozialen Kälte bibbern und der „Schere“ beim Aufgehen zusehen müssen. So ist das! Also: Aus jetzt!

Die Leute zwischen Oberhausen und Niederbayern haben schließlich ein Recht darauf, ihre eigenen Erfahrungen mit der sozialen Gerechtigkeit zu machen, die uns die Linkspartei so verlockend anbietet. Horst Seehofer ist richtig neugierig geworden: „Ich möchte mir anschauen, ist das ein gangbarer Weg, der einen Mißstand abstellen kann“, sagte der CSU-Verbraucherschutzminister zu einem SPD-Vorschlag, die Manager-Gehälter wenigstens steuerlich zu steuern.

Über den SPD-Plan können die Postkommunisten allerdings nur schmunzeln. Das sei so eine für die SPD typische halblinke Sache, höhnt Gregor Gysi. Und Recht hat er. Die Sozis wollen die Manager-Gehälter gar nicht kappen, sondern durchsetzen, daß nur noch bis zu einer Million Euro voll als Betriebsaufwendungen steuerlich geltend gemacht werden dürfen. Alles darüber solle steuerlich zur Hälfte dem Gewinn zugerechnet werden.

Da kommt selbst der SPD-Finanzsenator von Berlin, Thilo Sarrazin, ins Grinsen. Eine „lustige Nummer“ sei das, witzelte er bei Anne Will, um das kecke Wort „Lachnummer“ zu umschiffen. Die Gehälter der Chefs machten nur „einige Promille“ der gesamten Lohnausgaben aus; wenn die höher besteuert würden, setzten sie die Unternehmen eben entsprechend rauf, damit netto das Gleiche herauskomme. „Reine Symbolpolitik“ sei das, die „nichts bringt“.

Das ist aber hart, findet Karl-Josef Laumann, der Sozialminister von Jürgen Rüttgers in NRW. Ob’s was bringt, findet der CDU-Politiker vollkommen zweitrangig: „Symbole“ seien nämlich auch an sich „wichtig“, weil sie etwas seien, was die „Gesellschaft zusammenhält“. Symbolpolitik folgt dem Schema: Die Leute wollen, daß die Politiker etwas tun, also tun die so, als täten sie was.

Horst Seehofer beschreibt das so: „Ich möchte, daß wir als Politiker auf Diskussionen, die in der Gesellschaft stattfinden, eine Antwort geben.“ Ein hübscher Satz. Wie vornehm man heute ausdrücken kann, was wir in ruppigeren Tagen als „Fahne in den Wind hängen“ abgefertigt haben.

Schön, schön, ideologisch satt werden wir davon aber nicht, da halten wir uns lieber an Gysi. Wie immer beim Wettlauf um den wahreren Sozialismus haben seine Genossen die Nase mal wieder vorn. Wer auch sonst? Die haben das schließlich 40 Jahre lang im Labor testen dürfen.

Daß sie uns nun helfen wollen, mit unserer Manager-Brut aufzuräumen, kommt zur rechten Zeit. Von denen haben wir den Kanal gründlich voll, vor allem von den Bankmanagern, den Ackermännern.

Früher war das anders, da hatte man sogar manchmal Mitleid mit denen. Es ging der süffisante Spruch um: Wenn einer hunderttausend Mark (ja, die gute alte) Schulden hat, kann er nicht schlafen. Wenn jedoch einer hundert Millionen Mark Schulden hat, kommt der Direktor seiner Bank nachts nicht zur Ruhe.

Diese beiden Sätze kannte jeder, nur den dritten, den haben wir erst in jüngster Zeit kennengelernt: Wenn nämlich der Bankdirektor auf hundert Milliarden Euro Schulden sitzt, haben Sparer und Steuerzahler allen Grund, sich unruhig in den Federn hin und her zu wälzen.

Mit ungläubigem Staunen sahen wir in den vergangenen Monaten dabei zu, wie Milliarden um Milliarden in den schwarzen Löchern fauler Spekulationen verschwanden. Milliarden, mit denen die staatlichen Notenbanken den taumelnden Geldinstituten unter die Arme greifen mußten.

Keiner kapiert so richtig, woher die Notenbanken den ganzen Schotter eigentlich nehmen. Nur ein dumpfer Verdacht kreist durch unsere Köpfe: Irgendwann landet die Rechnung bei uns, über welchen Weg auch immer, und sei es per Inflation.

Eines jedenfalls haben wir gelernt: Die modernen Kapitalmärkte sind bei Lichte betrachtet keinen Deut solider als mittelalterliche Schacherplätze. Dort hauten sich windige Schieber in zerlumpten Klamotten gegenseitig übers Ohr, jubelten sich krankes Vieh und falsche Münzen unter. So wie heute, nur die Klamotten sind viel schicker geworden und es stinkt nicht mehr so fürchterlich nach Schweinedung.

Börsen-Guru André Kostolany brachte die Grundregeln des Marktes einmal auf den Punkt: „Wer viel Geld hat, darf spekulieren, wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren, und wer gar kein Geld hat, muß spekulieren.“ Mit dem Geld anderer Leute, versteht sich. So gesehen sind mittellose Spekulanten und Sozialisten eigentlich Brüder. Beide experimentieren ausschließlich mit Geld, das ihnen nicht gehört. Und wenn ihre großspurigen Versprechen dann geplatzt sind, haben sie blumige Erklärungen dafür, warum alles in Scherben ging: die mißliche Weltlage, böse Mächte, wer weiß. Nur sie selbst, sie sind dann immer schon weg und drehen am nächsten großen Ding, während das dumme Volk noch die Trümmer zusammenräumt.

Vielleicht rührt aus dieser Verwandtschaft die Sehnsucht der Dunkelroten nach Verstaatlichung der großen Unternehmen. Sie wollen zeigen, daß sie unser Geld nicht nur langweilig konfiszieren, sondern auch spektakulär verzocken können. Immerhin waren es gerade staatsnahe Banken mit „sozialer Ausrichtung“, die am meisten in die jüngste Spekulationsblase gepustet haben.


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