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10.05.08 / Der letzte seines Schlages / Zum Tode von Philipp Freiherr von Boeselager

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-08 vom 10. Mai 2008

Der letzte seines Schlages
Zum Tode von Philipp Freiherr von Boeselager
von Hans Heckel

Der letzte seines Schlages zu sein, darin liegt ein besonderer Auftrag. Mit Philipp Freiherr von Boeselager ist in der Nacht zum 1. Mai der letzte der „Männer des 20. Juli 1944“ auf Burg Kreuzberg bei Altenahr gestorben, jener Verschwörer, die Hitler töten, damit Millionen von Menschen und Deutschlands Ehre retten wollten.

Mit dem 91jährigen ist den Deutschen ein unersetzlicher Zeitzeuge verlorengegangen, einer, der für den Widerstand, aber auch für die Generation der Weltkriegssoldaten wie der Deutschen damals überhaupt sprach. Der sich selbstgerechten Schwarz-Weiß-Urteilen der Nachgeborenen mit seinem persönlichen Zeugnis in den Weg stellte.

Dabei sind er und seine Mitverschwörer seit Jahrzehnten Anfechtungen ausgesetzt gewesen, die ihn hätten bitter, auch ungerecht machen können. Da waren Kriegsteilnehmer, die bis in die jüngste Zeit die Attentatspläne als „Verrat“ ächteten und nicht erkennen wollten, daß der Verräter in Wahrheit der Mann war, auf den es die Attentäter um Henning von Tresckow und Claus Schenk Graf von Stauffenberg abgesehen hatten: Adolf Hitler.

Bizarrer noch gestalteten sich Kriteleien, ja Anfeindungen aus einer ganz anderen Richtung. Es gibt in Deutschland und außerhalb davon eine Denkschule, die „Deutsch“ und „Nazi“ plump in Eins setzen möchte. Solchen Kreisen ist es ein Ärgernis, überhaupt einen aktiven deutschen Widerstand gegen das NS-Regime anerkennen zu müssen. Daß dieser Widerstand in der Form seiner spektakulärsten Erscheinung, der Gruppe des 20. Juli eben, überdies ausgerechnet von höchst traditions- und nationalbewußten deutschen Offizieren angeführt worden ist, machte ihn für die „Deutsch gleich Nazi“-Fraktion gleich doppelt unerträglich.

Zu Hitlers Grundlügen zählte die Behauptung, daß der Nationalsozialismus und er selbst die „Vollendung“ Deutschlands und der deutschen Geschichte seien. Unter umgekehrten Vorzeichen freilich sind es ausgerechnet selbsternannte Antifaschisten, die eben jene Hitlerlüge in ihr Repertoire übernommen haben und scheinbare „Belege“ zusammenklauben dafür, daß die deutsche Geschichte, ja das deutsche Wesen an sich zwingend auf die NS-Verbrechen zugelaufen sei. Gegen diese bizarre Verdrehung stand Philipp von Boeselager mit seiner eigenen Person – vor wie nach 1945.

Der 1917 auf Burg Heimerzheim bei Bonn geborene junge Kavallerie-Offizier Philipp von Boeselager war der Sprengstoff-Beschaffer der Attentäter. Nur weil seine Mitverschwörer auch unter der Folter seinen Namen nicht preisgeben wollten, entging er der Entdeckung und Hinrichtung. Das Gedenken an die Tapferkeit seiner ermordeten Kameraden begleitete ihn bis zu seinem Tode. Das mag eine der Quellen gewesen sein für die stille Bescheidenheit, die dieser Mann sein Leben lang ausstrahlte.

Er wollte erinnern, aufklären, doch verfiel er dabei nie in einen belehrenden, zurechtweisenden Ton. In seinen vielen Gesprächen erinnerte er daran, wie schmal der Grat ist zwischen Humanität und Barbarei.

Wenn er von den Menschen im Schatten des NS-Systems berichtete, vielen davon in hoher und höchster Position, oft innerlich zerrissen zwischen Eid und persönlichem Ethos, zwischen Verantwortung und Gehorsam, dann stellte er vor allem eines heraus: Daß es stets die eigene Haltung ist, die letztlich darüber entscheidet, ob man der Dunkelheit verfällt oder widersteht.

Seine Skepsis galt daher den Rudelwesen, die sich willfährig einer „Sache“ unterordnen, von der sie meinen, daß es die „gute“ sei, ohne ihr eigenes konkretes Handeln weiter zu hinterfragen. Nie ließ sich Boeselager vor den Karren spannen durch ideologische Geschichtsverwerter, die die NS-Verbrechen in ethischer Hemmungslosigkeit zur Waffe ihres täglichen Diffamierungsgeschäfts machen wollen.


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