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10.05.08 / Und alles suhlt sich im Skandal / Beim Inzest-Fall in Amstetten spielen politische Fehlentwicklungen mit, jetzt folgen Fehler der Medien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-08 vom 10. Mai 2008

Und alles suhlt sich im Skandal
Beim Inzest-Fall in Amstetten spielen politische Fehlentwicklungen mit, jetzt folgen Fehler der Medien
von R. G. Kerschhofer

Die niederösterreichische Kleinstadt Amstetten, selbst vielen Österreichern nur als Autobahnausfahrt oder Bahnstation bekannt, geistert heute als Tatort durch die Weltmedien, und das dortige Massenaufgebot an Journalisten erinnert fatal an die Zeit der „Österreich-Sanktionen“, als sogar Kriegsberichterstatter nach Wien beordert wurden. Die zogen zwar enttäuscht bald wieder ab, doch jetzt gibt es endlich etwas, das selbst den Entführungsfall Natascha Kampusch übertrifft.

Das Interesse ist durchaus berechtigt: Nicht wegen der Delikte Notzucht und Inzest – bei denen die Dunkelziffer übrigens weltweit auf gut 90 Prozent geschätzt wird –, sondern wegen der Kombination mit einer systematischen, technisch und organisatorisch durchdachten Freiheitsberaubung und einem jahrzehntelang durchgehaltenen Doppelleben.

Beschämend ist aber wieder einmal das Vorgehen der „Journaille“: Suggestiv-Fragen an Ortsbewohner sind noch das Harmloseste. Die Polizei muß „Paparazzi“ aus den Bäumen rund um das Krankenhaus holen, wo die Opferfamilie betreut wird. Und die Boulevard-Presse, vor allem die britische, spart nicht mit Unterstellungen und Verallgemeinerungen. Einsame Spitze waren die Ergüsse eines Herrn Szyler im polnischen Blatt „Dziennik“: „Warum werden in Österreich solche Bestien geboren?“

Wie es zu diesem Kriminalfall kommen konnte und warum in langen Jahren keiner etwas merkte, das beschäftigt natürlich auch die Österreicher. Es liegt nahe, den Behörden Versäumnisse vorzuwerfen, um so mehr als sich nach der geglückten Flucht von Natascha Kampusch unter den Tausenden dann nochmals überprüften Hinweisen tatsächlich einer fand, der vielleicht zielführend gewesen wäre. Beim Verbrechen in Amstetten gab es keine Hinweise.

Wer im angeblichen oder tatsächlichen „Wegschauen“ von Nachbarn und Behörden etwas „typisch Österreichisches“ zu erkennen glaubt, ignoriert geflissentlich die Umerziehung und die Durchwucherung des öffentlichen Lebens mit „68ern“: Bei aller Wertschätzung, die man einem Bruno Kreisky als Staatsmann entgegenbringen mag, ist er doch mitverantwortlich dafür, daß sein Justizminister Broda und sein Unterrichtsminister Sinowatz (Kreiskys Nachfolger als Partei- und Regierungs-Chef) mit ihren ideologisch motivierten „Reformen“ der Gesellschaft irreparablen Schaden zufügen konnten.

Die Keule „Blockwart-Mentalität“ ist heute schnell zur Hand, wenn jemand verdächtigen Vorgängen in der Nachbarschaft nachgehen will. Jede Initiative, die irgendwie auf Ordnung zielt, wird sofort als „faschistisch“ niedergemacht. Und wer anderen in Bedrängnis beisteht, riskiert nicht nur Leben und Gesundheit, sondern kommt leicht selber mit dem Strafrecht in Berührung – Fremdenfeindlichkeit und Rassismus hängen stets im Raum.

Mit der „Justiz-Reform“ rückten die Täter ins Zentrum, die doch „eigentlich“ Opfer seien. Wenig verwunderlich, daß Exekutivbeamte mangels politischer Rückendeckung heute in erster Linie darum bemüht zu sein scheinen, sich keine Disziplinar- und Strafverfahren einzuhandeln. Angeb-licher Datenschutz wurde zum Täterschutz, doch Unbescholtene sind trotzdem nicht vor Datenmißbrauch geschützt, denn der Staat hat seine Souveränität an überstaatliche Organe und „Nicht-Regierungs-Organisationen“ verloren. Erst allmählich beginnt die Politik neu zu entdecken, daß nicht nur die Opfer eines vergangenen Regimes, sondern auch die Opfer verhätschelter zeitgenössischer Täter echte Opfer sind.

Wie stets nach spektakulären Verbrechen wird der Ruf nach höheren Strafen laut. Im konkreten Fall stellt sich jedenfalls heraus, daß dem Täter schon in der Vergangenheit Sexualdelikte zur Last gelegt wurden, die aber dank „Justiz-Reform“ getilgt waren. Ohne diese amtliche Tatbeihilfe hätte wohl das Pflegschaftsgericht Verdacht geschöpft, als der Täter insgesamt dreimal die Obsorge für Kinder beantragte, die von der angeblich entflohenen Tochter angeblich vor der Haustür abgelegt worden waren.

Muß Österreich um sein „Image“ fürchten? Zum Glück gibt es trotz aller Meinungs-Manipulation noch Reste des gesunden Menschenverstands, und die Weltöffentlichkeit hat ein kurzes Gedächtnis. Trotzdem plant Bundeskanzler Gusenbauer eine „Image-Kampagne“ – die könnte vielleicht auch dem eigenen angekratzten Image nützen. Wenn er aber, wie am 1. Mai verkündet, „nicht zulassen“ wolle, daß den Österreichern „eine neue Erbsünde angedichtet“ wird, klingt das nicht fast schon wie „Wiederbetätigung“?

Foto: Übertragungswagen reiht sich an Übertragungswagen: Fernsehkameras aus aller Welt sind auf Amstetten gerichtet.


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