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17.05.08 / Auf vielen Instrumenten gespielt / In Flensburg zeigt eine Ausstellung das vielschichtige Werk des Malers Ludwig Dettmann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

Auf vielen Instrumenten gespielt
In Flensburg zeigt eine Ausstellung das vielschichtige Werk des Malers Ludwig Dettmann
von Silke Osman

Septemberhimmel über dem welligen Land mit den schwebenden, ziehenden Wolken, die sich vom hellsten Weiß bis in die tiefviolett-braunen Farbtöne ihrer Schatten modellieren und die sagen: Seht, hier oben segeln wir vor dem wunderbaren Himmelsblau der Unendlichkeit! Und mit ihnen wischen die durchsichtigen Schatten, die sie über das goldbraune Land werfen, die Wälder und Stoppelfelder, die dunstigen Höhen in der Ferne, die herrlichen Seen …“ Eine solch innige Liebeserklärung an ein Land kann nur ein Maler ablegen.Der Norddeutsche Ludwig Dettmann war keine 35 Jahre alt, als er im Jahr 1900 vom Kultusministerium in Berlin den Ruf erhielt, nach Königsberg zu gehen, um dort die Direktion der Kunstakademie zu übernehmen. Vor seiner Abreise besuchte er noch seinen Malerkollegen Adolph Menzel in Berlin. Dieser fragte ihn ohne Umschweife in seiner bekannt brummigen Art: „Sie haben den Ruf nach Königsberg angenommen?“ Als Dettmann bejahte, erzählte Menzel, daß man ihm bereits vor Jahren diesen Posten angeboten habe. „Wissen Sie, Dettmann, ich erfüllte nicht die Vorbedingungen. Ich hatte noch keine großen Historienbilder gemalt, das haben Sie schon mit Ihren Wandgemälden in Altona gemacht.“

Leben und Werk des heute meist vergessenen Malers Ludwig Dettmann werden in einer Ausstellung auf dem Flensburger Museumsberg wieder in Erinnerung gerufen. Alle Aspekte seines reichen Schaffens werden im Kontext seiner Zeit analysiert. Eines Schaffens, von dem Dettmann selbst einmal gesagt hat: „Ich weiß, daß ich mich in meiner Kunst vielleicht oft zersplittert habe – aber es war doch schön, so ein wenig Spielmann gewesen zu sein, auf vielen Instrumenten Töne zu haben. Ich habe alles gemalt, Landschaft, Tiere, Menschen, einfache Naturausschnitte, Kompositionen, Triptychen, Wandbilder, Schlichtes, Ernstes, rein Malerisches, Gedankliches, Heiteres, Schmückendes.“Ludwig Dettmann war dem Ruf nach Königsberg gefolgt, und unter seiner Ägide sollte sich die Kunstakademie besonders erfolgreich entwickeln. Seiner Initiative und seiner Schöpferkraft war es zu danken, daß die Akademie einen Aufschwung erlebte wie nie zuvor. Ihm gelang es, einige der bedeutendsten Kunstschaffenden an den Pregel zu rufen. Heinrich Wolff, Stanislaus Cauer, Richard Pfeiffer und Karl Storch sind nur einige der noch heute unvergessenen Namen; nicht zuletzt zu nennen ist auch der Königsberger Friedrich Lahrs, der schließlich auch den Neubau der Akademie entwarf, ein Unternehmen, das Dettmann entscheidend unterstützte und für das er eines seiner monumentalen Gemälde beisteuerte.In Königsberg hatte Ludwig Dettmann zunächst mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich jedem neuen Mann entgegenstellen. Mit seiner Einstellung, entscheidend sei nicht das Dienstalter, sondern die Kunst, machte er sich keine Freunde. Kein Wunder, daß ihm bald Kritik entgegenschlug und ihm von ehemaligen Schülern unter anderem vorgeworfen wurde, durch ihn habe die Sezession Einzug in den Mauern der Akademie gehalten. Im Mai 1898 hatte Dettmann gemeinsam mit Max Liebermann, Walter Leistikow und anderen den Verein Berliner Künstler verlassen und war mit diesen in den Vorstand der Berliner Sezession gewählt worden. Allerdings verließ Dettmann 1900 die Sezession wieder und kehrte in den Schoß des Vereins Berliner Künstler zurück.

Der am 25. Juli 1865 in Adelby bei Flensburg geborene Dettmann wuchs in Hamburg auf, wo er die Kunst- und Gewerbeschule besuchte. 1884 ging er mit einen Staatsstipendium nach Berlin und studierte an der Akademie bei Eugen Bracht, Woldemar Friedrich und Franz Skarbina. Seine Arbeiten wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, und 1895 wurde er als Professor an die Berliner Akademie berufen. 1913 schuf Dettmann zusammen mit seinem Meisterschüler Eduard Bischoff ein Monumentaltriptychon für die Fassade der Albertina, drei Szenen aus den Befreiungskriegen darstellend. Im Ersten Weltkrieg wirkte er, assistiert von seinem Schüler Eduard Bischoff, als Kriegsmaler. Ullstein gab damals eine Mappe mit farbigen Wiedergaben seiner sehr realistischen Kriegsbilder heraus. 1916 verließ Ludwig Dettmann Königsberg und kehrte nach Berlin zurück. Dort starb er am 19. November 1944.Durch den Siegeszug des Expressionismus und durch sein Festhalten an nationalkonservativen Anschauungen war Dettmann in der Weimarer Republik zunehmend ins kulturpolitische Abseits geraten. Die umfangreiche Ausstellung in Flensburg würdigt den heute weithin vergessenen Künstler mit Gemälden aus zahlreichen privaten Sammlungen und großen deutschen Museen. Die Ausstellung „Ludwig Dettmann – Zwischen Avantgarde und Anpassung“ ist im Hans-Christiansen-Haus, Museumsberg 1, 24937 Flensburg, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr zu sehen, bis 29. Juni. Zur Ausstellung erschien ein Buch von Monika Potztal (Boyens Buchverlag, Heide 2008, 192 Seiten, 161 Abb., Leinen mit Schutzumschlag, 34 Euro), das sich kritisch mit Leben und Werk des Malers auseinandersetzt.

Foto: Ludwig Dettmann: Heimkehr des verlorenen Sohnes (Öl, 1892) (Museum)


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