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17.05.08 / Süße Verlockung / Eine Ausstellung im Freilichtmuseum Domäne Dahlem präsentiert Schokolade und ihre Geschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

Süße Verlockung
Eine Ausstellung im Freilichtmuseum Domäne Dahlem präsentiert Schokolade und ihre Geschichte

Die Stiftung Stadtmuseum Berlin lädt ein zu einer Reise in die schöne, bunte, aber nicht immer gefahrlose Welt der „Naschkatzen“. Schokolade, Pralinen, Bonbons, Pudding, Kekse, Kuchen, Torten und andere Köstlichkeiten sind Verführungen, denen sich Kinder ungehemmt, Erwachsene oftmals eher schuldbewußt hingeben. Wer mehr über diese verführerische Welt und ihre Geschichte erfahren will, wird in der neuen Ausstellung „Süße Verlockung“ im Freilichtmuseum Domäne Dahlem auf vielfältige Weise fündig. Seltene und außergewöhnliche Exponate gibt es zu entdecken wie eine historische Zuckerlade aus dem frühen 19. Jahrhundert oder die Schokoladenschallplatte der Firma Stollwerck von 1903. Aber auch alltäglich und vertraut Wirkendes wirft spannende Fragen auf: Seit wann etwa gibt es lila Kühe, wer hat die Milchschokolade erfunden und was haben Zwerge mit Schultüten zu tun?

Sind Süßigkeiten heute längst Massenartikel, von denen wir uns problemlos weitaus mehr leisten können, als unserer Gesundheit gut tut, so waren Pralinen, Bonbons und Schokolade im 19. Jahrhundert noch kleine Kostbarkeiten und auch bis zum Zweiten Weltkrieg teure Genußmittel, für die entsprechend aufwändige Verpackungen künstlerisch gestaltet wurden. Ob handbemalt, mit Velourspapier, Samtimitat oder Goldstoffen bezogen und gefüttert oder auch mit zusätzlichen Bändern und Rosetten versehen, luxuriöse Verpackungen stellten ein werbendes Versprechen für ihren Inhalt dar – und sind bis heute in ihrer verschwenderischen Fülle ein Augenschmaus (und zugleich ein Genuß ohne Reue!). Auch Reklameschilder der vergangenen 100 Jahre zeigen anschaulich, welchen Anteil die ergänzende Verführung der Werbung für den wachsenden Konsum an Süßwaren hatte und hat.Als „Entschuldigung“ für übermäßigen Schokoladengenuß wird oft angeführt, daß sie die Stimmung aufhelle und so wichtige Substanzen wie Serotonin oder Cannabinoide enthalte. Wissenschaftler entgegnen allerdings, daß diese Wirkstoffe in anderen Lebensmitteln in wesentlich höheren Konzentrationen enthalten seien. Daher sei es plausibler, daß der in Schokolade enthaltene Zucker und das Fett sowie der Geschmack und die Konsistenz für die Begehrtheit der braunen Versuchung verantwortlich sind.

Unwidersprochen ist jedoch die Erkenntnis, daß Schokolade einem Herzinfarkt vorbeugen kann und den Blutdruck senkt. Hier ist allerdings nur die dunkle Schokolade oder Bitterschokolade erfolgreich, und das nicht in großen, unkontrollierten Mengen. Zwei Eßlöffel reiner Bitterschokolade täglich empfehlen die Experten.

Jegliches Nasch- und Backwerk wird erst süß durch Zucker. Lange Zeit war – außer Honig und süßen Früchten – der Rohrzucker aus Übersee, dessen Anbau und Gewinnung eng mit der Geschichte der Sklaverei verknüpft ist, die einzige Quelle. Erst im 18. Jahrhundert gelang die bahnbrechende Erkenntnis, daß und wie auch aus einheimischen Rüben das „Weiße Gold“ gewonnen werden kann. So entstand nach und nach eine Vielfalt süßer Produkte, deren handwerkliche Herstellung – Zuckerbäckerei, Konditorei, traditionelle Eisproduktion – die Ausstellung ebenso zeigt wie die zunehmenden Möglichkeiten der Verarbeitung im häuslichen Bereich. In einem Geruchskabinett können Groß und Klein gemeinsam ihre Nasen testen und süße Düfte erraten, wie überhaupt viel Raum für kindliche Entdeckungslust gegeben ist. Die bunte Inszenierung „Zuckertüten-Himmel“ thematisiert den deutschen Brauch der Schultüten, und das Ratespiel „Wie viel Zucker ist hier drin?“ macht Spaß und vermittelt zugleich einige überraschende Erkenntnisse. Und auch Pippi Langstrumpf ist hier „anzutreffen“: Mit ihr warb die Berliner Schokoladenfirma Sarotti 1973 bei Kindern für ihre Schokolade.

Seit Jahrhunderten fühlen sich Menschen von Schokolade angezogen, sie war ihnen Inspirationsquelle oder auch Glücksspenderin. Casanova schätzte sie als Aphrodisiakum, und auch Goethe war von ihr als Stärkungsmittel fasziniert. Und so findet sich der Schokoladenfreund in durchaus guter Gesellschaft, wenn er wieder einmal zu einer dieser süßen Versuchungen greift. pm / osDie Ausstellung im Freilichtmuseum Domäne Dahlem, Stiftung Stadtmuseum Berlin, Königin-Luise-Straße 49, 14195 Berlin, ist mittwochs bis montags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 2 / 1 Euro, mittwochs frei, bis 31. Dezember.

Foto: Verführerisch: Schokolade, beliebt bei Jung und Alt (Stadtmuseum)


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