© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

Inflation der Gedenktage

Die Verwirrung scheint sich jetzt gelegt zu haben. Das war aber auch ein Durcheinander: Der 1. Mai fiel auf den Himmelfahrtstag, der bei vielen Menschen als Vatertag gefeiert wird. Wer hat da nun den Kürzeren gezogen – die Väter oder der Himmel? Aber es soll ja nur alle 152 Jahre vorkommen, und so ist man beruhigt. Doch ein paar Tage später ging’s weiter: Wann ist denn nun eigentlich Muttertag, fragten sich viele, am 4. oder am 11. Mai? Ganz unsichere Kantonisten zogen sich aus der Affäre, indem sie gleich zweimal zum Blumenladen gingen. Mit diesen Gedenktagen ist das überhaupt so eine Sache. Viele werden „von oben“ verordnet, sei es von der jeweils herrschenden Regierung eines Staates, sei es von den Vereinten Nationen. Andere wieder werden offensichtlich von der Wirtschaft angeregt, denn wer sonst sollte auf die Idee kommen, einen Heizenergiespartag oder einen Welttourismustag einzuführen?

Liest man die Reihe der zu feiernden Tage, dann kann man sich eines Schmunzelns nicht erwehren, was allerdings nicht im Sinne der Erfinder sein dürfte. Da geht’s im Internationalen Jahr des Planeten Erde, des Riffes, der Sprache und der Kartoffel, also 2008, los beim Tag zum Schutz der Feuchtgebiete hin zum Artenschutz. Fünf Tage später wird der Internationale Frauentag begangen – ein Schelm, der Böses dabei denkt. Man feiert den Weltwassertag, den Weltwettertag, den Weltgesundheitstag und ein paar Tage später den Tag gegen den Lärm. Warum allerdings der bundesweite Aktionstag nachhaltiges (Ab)wa-schen ausgerechnet einen Tag vor dem Muttertag (dem richtigen) durchgeführt wird, bleibt ein Geheimnis der Veranstalter (Forum Waschen für die Zukunft). Warum nur, so fragt man sich, gibt es eigentlich keinen Tag des Gehirns, der würde vielleicht mal zum Nachdenken anregen. SiS