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17.05.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-08 vom 17. Mai 2008

Wiederauferstanden / Wie sich der SDS aus der Gruft erhebt, wo es plötzlich wie Mielke riecht, und welche Rolle die CDU beim Krause-Prozeß spielte
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wer die alte Religion verschrottet hat, der baut sich eine neue. Wer progressiv ist, weiß allerdings, daß Religion nicht mehr sein darf als Wohlfühltherapie oder persönliche Schrulle – abgesehen von den außereuropäischen, versteht sich.Deshalb bezeichnen die Fortschrittlichen ihre eigene Religion heute nicht als Religion, sondern als Frucht wissenschaftlicher Erkenntnis und sprechen vom „wissenschaftlichen Sozialismus“.Das hindert sie nicht daran, allerlei religiösen Pomp zu inszenieren bis hin zum Reliquienkult. Seit über einem dreiviertel Jahrhundert ruht ihr Apostel Lenin eingelegt wie eine saure Gurke am Fuße des Kreml, wo ihn die Gläubigen in endloser Prozession bestaunen.

Urprünglich hatte man ihn eingeweckt, weil man hoffte, den Revolutionskadaver dereinst wiederbeleben zu können. Daraus wurde nichts.

Oder doch? Die schummrige Sehnsucht nach der Wiederbelebung längst Verblichener blieb jedenfalls ein fester Bestandteil der kommunistischen Religion. Und des öfteren beschleicht sogar den Ungläubigen der finstere Verdacht, daß die rote Wiederauferstehungssehnsucht gar nicht so weitab ist vom real Möglichen – es kommt einfach zu vieles wieder, was wir für lange hingegangen hielten. Unlängst hat die Linkspartei den Leichnam des alten SDS aus seiner Ruhestätte gezogen und mit Parolensprühfarbe auf wiedergeboren geschminkt. Der „Sozialistische Deutsche Studentenbund“, kurz SDS, das war die Rudi-Dutschke-Truppe von anno 68.Nun sitzt der Torso des SDS als „Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband“ bei den Dunkelroten auf dem Kutschbock, hinter ihm die Genossen, die alte Sprüche dröhnen und dazu seinen kalten Mund bewegen. Ein schauriges Theater. Bei manchen „Alt-68ern“, die dem SDS dienten, als er noch Körpertemperatur hatte, kommt die Exhumierung ihrer einstigen Ikone nicht so gut an. Sie fürchten, daß der SDS als Wahlkampfmätzchen der SED-Erben mißbraucht würde, heißt es. Mehr wohl hätten sie etwas anderes zu fürchten: In 40 Jahren haben sie Lage um Lage der Beschönigung auf ihre linksradikalen Forderungen von 68ff gelegt. Die Reanimation des SDS könnte reaktionäre Schnüffler auf den Geschmack bringen, mal nachzusehen, was die damals wirklich im Schilde führten und wo wir gelandet wären mit ihrer „Revolution“. Die Namen ihrer damaligen Idole wie Mao, Ho Tschi Minh, Pol Pot oder eben Lenin geben eine Ahnung davon: Diese Leute thronen über einem Berg von zig Millionen Toten. Wer mag daran schon gern erinnert werden? Daher hat man viel Mühe darauf verwendet, den SDS in der Rück­betrachtung zur fröhlichen Kampftruppe für Freiheit und Emanzipation umzupinseln. Heute ist dieses rosige Bild der knallroten Avantgarde von damals längst offiziöser Staatsmythos, und so soll es bleiben. Da ist dieses neue Erscheinungsbild schon merkwürdig: Der SDS als verlängerter Arm einer Partei, deren bewaffneter Arm im Jahr des Aufbruchs 1968 auch gerade aufbrach, nach Prag nämlich – haben da etwa zwei Strömungen zusammengefunden, die sich vor 40 Jahren nur noch nicht so ungeniert in der Öffentlichkeit zusammen zeigen durften?

Nein, das ist jetzt wirklich reaktionäre Hetze, denn die Linkspartei von heute hat sich schließlich demokratisch erneuert, wie die fortschrittlichen Kräfte schon seit der Jahreswende 1989 / 90 lehren. Was allerdings nicht heißt, daß sie ihre alten Fähigkeiten in der Reinerhaltung der politischen Landschaft verlernt hätte. Jüngstes Objekt der Vertilgung war der thüringische CDU-Politiker Peter Krause. Sein Fall soll nicht der letzte gewesen sein. „Wir werden uns um die Krauses kümmern“, lautet das Versprechen des Linkspartei-Fraktionschefs Bodo Ramelow.Krause hatte in konservativen Medien publiziert und mußte deshalb entfernt werden. Freundlicherweise begleitete ihn seine eigene CDU blockflötend zum Schafott, was die Hinrichtung enorm erleichterte und den Linken Appetit auf mehr macht.Der Ramelow-Spruch erinnert an den damaligen PDS-Bundestagsabgeordneten Gerhard Zwerenz. Der hatte in den 90ern gedroht, man werde sich die Namen derer, die ihm zu heftig gegen die PDS arbeiteten, „merken für die Zeit nach der nächsten Wende, die bestimmt kommen wird“.

Haben wir diese „nächste Wende“ womöglich schon hinter uns? Krause jedenfalls war schon zu DDR-Zeiten als oppositionelles Element aufgefallen und hatte allein deshalb einen Platz auf Zwerenz’ Schwarzer Liste verdient. „Nächste Wende“ hin oder her, jedenfalls ist endlich die Zeit (zurück-)gekommen, in der man sich um solche Leute wieder „kümmern“ kann. Da hatte es der alte Dutschke-SDS noch weitaus schwerer. Der konnte sich bloß innerhalb der Unis um Nichtlinke „kümmern“, sie niederbrüllen oder zusammenschlagen. Erst der lange Marsch durch die Institutionen im Westen und die Vereinigung mit den 68er-Pragfahrern von der SED machten es möglich, nunmehr in allen Bereichen der Politik mit denen abzurechnen, die man sich „gemerkt“ hat. Welcher Genosse hätte sich das träumen lassen im Jahre 1989? Das Wunder der Wiederauferstehung einer längst vermoderten Revolution wurde wahr. Kontraproduktiv bei der Auferstehung der alten Geister ist indes der bestialische Gestank, den die wiedergekehrten Monstren aussenden. Ein stechender Geruch haftet an ihnen und dringt selbst durch die dicksten Wolken von Erneuerungsparfüm. Es muß nicht extra eine linke Landtagsabgeordnete daherkommen und ganz offen für eine neue Stasi eintreten. Wenn ein Zwerenz sich Namen „merkt“ und ein Ramelow sich danach um die Registrierten „kümmert“, müffelt es Mielke aus jedem einzelnen ihrer Worte. Das bringt bisweilen Probleme mit sich, denn die Nasen mancher Deutscher sind noch nicht hinreichend betäubt, um den Gifthauch zu überriechen. Sie erkennen die alten Geister noch zu gut und erinnern sich. Da hilft nichts anderes, als solchen Leuten verschärft eins mit der Nazikeule auf den Zinken zu geben. Das gelingt recht gut, zumal sich wie im Fall Krause die SPD gern als Co-Schläger verdingt und die CDU im Hintergrund wirkt, indem sie dem Geprügelten den Teppich wegzieht. Für eine erfolgreiche Kampagne bedarf es gefügiger Hilfstruppen.

Das Prozedere nennt sich „Kritik und Selbstkritik“ und funktioniert so: Erst kommt die Anklage von ganz oben (Linkspartei), dann empört sich die übrige Belegschaft (SPD), darauf schließlich nehmen die eigenen Kollegen (CDU) den Bloßgestellten (Krause) in die Mangel und signalisieren ihm, daß er klein beigeben und sich gesenkten Hauptes in sein Loch verziehen solle, um Schaden von ihrem Kollektiv abzuwenden. Daß er schuldig ist, steht von der ersten Minute an sowieso fest.

Daß sich die Nazikeule besonders eignet, um Kritik an den eigenen diktatorischen Ambitionen wegzudreschen, hat sich seit der Errichtung des „Antifaschistischen Schutzwalls“ weltweit herumgesprochen. Hugo Chávez hat Angela Merkels hitleristische Wurzeln freigelegt, weil die Kanzlerin dreist behauptet hatte, daß der Venezolaner nicht allein für alle Lateinamerikaner sprechen könne.

Genau davon aber ist er als echter sozialistischer Revolutionär fest überzeugt: Das Volk bin ich! Wer ihm widerspricht ist entweder der Teufel (USA), oder vom Teufel bezahlt (venezolanische Opposition) oder eben Hitler. Das Nützliche daran ist: Wer es mit Satan und Gröfaz gleichzeitig aufnimmt, dem muß doch jeder nachsehen, daß er bei der Wahl seiner Methoden nicht zimperlich sein darf. So einer muß sich eben zahllose Namen „merken“, um sich später um die Widerspenstigen „kümmern“ zu können.


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