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24.05.08 / Erfolgreichster Standardjäger des Westens / Vor 50 Jahren erfolgte der Erstflug der McDonnell Douglas F-4 »Phantom«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-08 vom 24. Mai 2008

Erfolgreichster Standardjäger des Westens
Vor 50 Jahren erfolgte der Erstflug der McDonnell Douglas F-4 »Phantom«
von Manuel Ruoff

Die McDonnell Douglas F-4 „Phantom“ ist das erste Jagdflugzeug der US-Luftstreitkräfte, dessen Entwicklung die US-Marine betrieben hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute der US-amerikanische Flugzeugbauer McDonnell, der später durch die Fusion mit Douglas zu McDonnell Douglas wurde, für die US Navy den Jäger F3H „Demon“. Um im Geschäft zu bleiben, schlug das Unternehmen seinem Kunden 1953 die Überarbeitung zu einer „Super Demon“ vor. Da sich die Navy in den Kategorien Jäger und Angriffsflugzeug für Konkurrenzprodukte entschied, sollte die „Super Demon“ schließlich ein zweisitziger Langstreckenabfangjäger werden.

Nicht zuletzt für die Blitzstarts auf den vergleichsweise kurzen Startbahnen ihrer Flugzeugträger und das Durchstarten bei Trägerlandungen wünschte die Navy eine starke Motorisierung. Die von McDonnell vorgeschlagene einmotorige F3H-E wurde deshalb von der Marine abgelehnt. Die F3H-G war zwar zweistrahlig, aber die beiden für den Antrieb vorgesehenen Wright-J65-Triebwerke vermochten die Navy nicht zu überzeugen. Ihr Interesse fand schließlich eine Variante mit zwei leistungsfähigen J-79-Triebwerken von General Electric. Diese Aggregate brauchen nur vier Sekunden von Leerlauf bis Vollschub und kompensieren mit ihren Leistungsreserven die nicht gerade optimale Aerodynamik des Flugzeugkörpers.

Am 23. Juni 1955 erhielt das Flugzeug die offizielle Bezeichnung F4H-1. Der Bau zweier Prototypen konnte beginnen. Am 27. Mai 1958 fand der Erstflug statt. Der Pilot, Robert C. Little, hatte gehofft, bereits bei diesem ersten Flug die Schallmauer publikumswirksam durchbrechen zu können. Aber daraus wurde nichts. Die Bugfahrwerksklappen ließen sich als Folge einer defekten Hydraulikleitung nicht vollständig einfahren und die Triebwerke wiesen diverse Funktionsstörungen auf. So mußte Little den Flug vorzeitig beenden. Am 21. Oktober 1959 stürzte die Erstflugmaschine sogar ab. Nichtsdestotrotz wußte das Flugzeug in der Folgezeit mit der Aufstellung diverser imponierender Rekorde zu überzeugen. Zwei seien hier genannt. Am 6. Dezember 1959 stellte der zweite Prototyp mit 30040 Meter einen neuer Höhenweltrekord auf. Und am 22. November 1961 wurde mit 2585,425 Stundenkilometern ein neuer Geschwindigkeitsrekord aufgestellt.

Aus Anlaß des Firmenjubiläums 20 Jahre McDonnell erhielt die F4H-1 im Jahre 1959 formell den Namen „Phantom II“. Die römische Zahl erklärt sich daraus, daß es vorher bereits die McDonnell FH-1 „Phantom“ gegeben hatte. Hierbei handelt sich zwar um das erste strahlgetriebene Kampfflugzeug, das von einem US-amerikanischen Flugzeugträger aus eingesetzt wurde, doch verblaßte die Erinnerung an das Jagdflugzeug relativ schnell, so daß man schon bald statt von der „Phantom II“ einfach nur von der „Phantom“ zu sprechen begann. Um Geld zu sparen, setzte US-Verteidigungsminister Robert McNamara in seiner 1961 begonnenen Amtszeit bei den US-Teilstreitkräften nicht nur eine Standardisierung der Bewaffnung, sondern auch von deren Bezeichnung durch. So erhielt die „Phantom“ 1962 ihre Typenbezeichnung F-4.

Im Jahre 1960 erhielt die Navy nach vollzogener Feststellung der Tauglichkeit für den Einsatz auf Flugzeugträgern die ersten Vorserienmaschinen für ihre Umschulungsstaffel VF-121. Im Jahre 1961 begann die Serienproduktion mit der F-4B. Zur Marine kam ab 1962 als weiterer Abnehmer das US-Marinekorps. Für die Marines wurde als Allwetteraufklärervariante der F-4 die RF-4 gebaut. Für die Aufnahme von Kameras und anderem Aufklärungs-Gerätschaften erhielt sie einen verlängerten Rumpfbug. Der Erstflug dieser

RF-4 – eine RF-4B – fand 1965 statt. Entsprechend der von McNamara geforderten Standardisierung erhielt nach der Navy und den Marines schließlich auch noch die US-Luftwaffe die „Phantom“. Ihren Anforderungen gemäß wurde für sie die F-4C entwickelt. Im Jahre 1963 begann deren Auslieferung. Analog zur RF-4B der Marines erhielt auch die Air Force mit de

 RF-4C eine Allwetteraufklärungsversion. Zudem erhielt die USAF mit der RF-4D einen „Phantom“-Jagdbomber. Damit hatten sowohl die Marine als auch das Marinekorps und die Luftwaffe eine „Phantom“-Grundausstattung, als in der zweiten Hälfte der 60er Jahre der Vietnamkrieg in seine heiße Phase trat.

Der Krieg in Vietnam brachte eine interessante Erfahrung. Die komplizierten Luft-Luft-Raketen konnten im engen Kurvenkampf mit den nordvietnamesischen MiG nur unbefriedigend eingesetzt werden. Das Ergebnis war die F-4E. Bei ihr wurden Raketen durch die Zwei-Zentimeter-Schnellfeuerkanone „Vulcan“ von General Electric mit 6000 Schuß pro Minute ersetzt. Zudem erhöhte ein zusätzlicher Treibstofftank im Rumpf den Aktionsradius. Am 3. Oktober 1967 wurde die erste F-4E dem Tactical Air Command (TAC) übergeben. Auch von der F-4E wurde mit der RF-4E eine Allwetteraufklärervariante geschaffen. Die F-4E war die meistgebaute „Phantom“. 1208

F-4E und 132 RF-4E wurden ab dem Herbst 1967 bei McDonnell gebaut. Ziemlich genau ein Dutzend Jahre später, am 26. Oktober 1979, verließ als letzte von 5068 in St. Louis gebauten „Phantom“ eine F-4E die Werkhallen. Seit 1995 ist die „Phantom“ in den USA nur noch als unbemannte „Drohne“ für Zielübungen im Einsatz.

Anders verhält es sich bei den in der Regel weniger wohlhabenden Verbündeten, welche die „Phantom“ teilweise – wie die Bundesrepublik Deutschland – noch heute im Einsatz haben. Allein von der

F-4E und der RF-4E haben die US-Amerikaner 566 Stück ans Ausland verkauft. Wie Ägypten, Australien, Griechenland und der Iran waren auch Israel, Südkorea, Spanien und die Türkei zumindest zeitweise in Besitz von „Phantom“. Im Gegensatz zur Bundesrepublik wußten dabei die noch am ehesten mit unserem Land vergleichbaren Staaten Großbritannien und Japan ihre Wirtschaftsinteressen zu wahren. So wurden die „Phantom“ für die Royal Navy und die Royal Air Force (RAF) statt mit den US-amerikanischen General-Electric- mit britischen Rollce-Royce-Triebwerken ausgestattet. Diese Anlagen bringen nicht nur zwölf Prozent mehr Leistung, sondern sind auch im Verbrauch 30 Prozent günstiger. Letzteres spart nicht nur Betriebskosten, sondern erhöht auch die Reichweite. Andererseits soll das US-Triebwerk dem britischen vor allem in größeren Höhen überlegen sein. Entscheidend jedoch ist, daß ein Großteil des Geldes im eigenen Lande blieb und nicht nur die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie der Führungsmacht im Bündnis, sondern auch die eigene gefördert wurde. So sollen bei der RAF-„Phantom“ durch die Triebwerke und weitere Komponenten aus britischer Produktion 40 bis 45 Prozent des Auftragsvolumens an die britische Industrie zurückgeflossen sein. Und die Japaner bauten gleich die ganze „Phantom“ in Lizenz. So entstanden 138 Exemplare bei Mitsubishi in Japan. Und was trotzte die Bundesregierung der US-Administration ab? Als Gegenleistung für den Kauf von 88 RF-4E für 1,85 Milliarden D-Mark versprach das US-Verteidigungsministerium 1968 für den Zeitraum der nächsten sechs Jahre Aufträge an die bundesdeutsche Luftfahrtindustrie in Höhe von 125 Millionen US-Dollar (knapp einer halben Milliarden D-Mark bei Vertragsabschluß) – und das bei sinkendem Dollarkurs und ohne Bindung der US-Zusage an das „Phantom“-Projekt, so daß auch andere nach Deutschland vergebenen US-Aufträge mit eingerechnet wurden.


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