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31.05.08 / Die Glut im Krisenherd schüren / Rußland und Georgien instrumentalisieren Abchasien für eigene geopolitische Interessen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-08 vom 31. Mai 2008

Die Glut im Krisenherd schüren
Rußland und Georgien instrumentalisieren Abchasien für eigene geopolitische Interessen
von M. Rosenthal-Kappi

Die Situation im ewigen Krisenherd Abchasien ist angespannt. Jederzeit muß mit Krieg gerechnet werden. Auf beiden Seiten der innergeorgischen Grenze – Abchasien gehört, obwohl wirtschaftlich von Rußland abhängig, völkerrechtlich zu Georgien – wird aufgerüstet. Nachdem Rußland im April die von der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) verhängten Wirtschafts- und Handelssanktionen gegen Abchasien einseitig aufgehoben hatte, verschärfte sich der Konflikt. Georgien verstand dies als „Annexionsversuch“ Rußlands und warf Moskau vor, die abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien ins russische Territorium eingliedern zu wollen. Als Antwort verstärkte Georgien seine Truppen an der abchasischen Grenze, baute zwei hochmoderne Kasernen in nur wenigen Kilometern Entfernung zum Konfliktgebiet, ließ unbemannte Aufklärungs-Drohnen über abchasisches Gebiet fliegen. Die Reaktion von russischer Seite auf diese „Provokation“ ließ nicht auf sich warten. Moskau verdoppelte die Stärke seiner „Friedenstruppe“ in Abchasien, die zur Überwachung des nach dem Sezessionskrieg geschlossenen Waffenstillstands mit Georgien eingesetzt wurde. Es kam zum Abschuß eines unbemannten georgischen Flugkörpers, der laut inzwischen vorliegendem UN-Bericht von einem russischen Flugzeug abgeschossen wurde, das unmittelbar nach dem Abschuß in den russischen Luftraum zurückkehrte. Es ist schwer zu beurteilen, von wem genau zu welchem Zeitpunkt  Kriegsandrohung und Provokationen ausgingen, sicher ist nur eines: Georgien befindet sich mit seinen abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien inmitten eines Interessenkonfliktes, in dem die Global Player USA und Rußland die Hauptrollen spielen.

Nach dem Zerfall der Sowjet-union entstand eine Situation, in der nicht nur das Gleichgewicht der Kräfte ins Wanken geriet, sondern sich auch die geopolitische Lage  änderte. Georgien erlitt damals einen schweren Wirtschaftskollaps, Unabhängigkeitskämpfe in Abchasien verstärkten die Krise noch. Arbeitslosigkeit und Armut bestimmten das Land. Zum Mißfallen Moskaus wandte Georgien sich dem Westen zu, wurde 1992 Uno-Mitglied. Dank wirtschaftlicher Hilfe wie IWF-Krediten kam das Land wieder auf die Beine. Schewardnadse nutzte Georgiens geopolitische Lage als Transitland für Öl vom Kaspischen Meer in den Westen.  Rußland, aufgrund seiner Petrodollars zu neuer Stärke gelangt, quittierte dies mit finanzieller und politischer Unterstützung der Sezessionsgebiete Abchasien, Südosstien und Adscharien.

Georgien zeigt sich weiter westlich orientiert. Gespräche über eine Nato-Mitgliedschaft und die Aufnahme in die EU stehen an. In diesem Grobzusammenhang sind auch die jüngsten Drohgebärden zwischen Rußland und Georgien zu sehen. In Georgien standen Parlamentswahlen an, bei denen es für den amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili eng hätte werden können, wenn die Opposition nicht so zerstritten wäre. Obwohl Saakaschwili keines seiner angestrebten Ziele erreichen konnte, Demokratie und Menschenrechte in Georgien nicht selbstverständlich sind, wurde er wiedergewählt. Der Status quo wird somit erhalten bleiben.

Schon wartet Ministerpräsident Putin mit einer neuen Taktik auf. Das Außenministerium soll eine „Agentur für heikle Aufträge“ einrichten, eine dem russischen Außenministerium unterstellte Behörde. Ein solch „heikler Auftrag“ ist das Vorantreiben russischer Interessen im postsowjetischen Raum.

Wenn dies mit traditioneller Diplomatie nicht möglich sei, müßten halt andere Einflußinstrumente genutzt werden, nämlich das der finanziellen Spritze.

Dem amerikanischen Beispiel folgend, will Putin den Integrationsprozeß im GUS-Raum durch wirtschaftliche und humanitäre Hilfe fördern.

Geopolitisch will Rußland vor allem ein Vorrücken der Nato an seine Südgrenze verhindern. Abchasien dient lediglich als Instrument im Konflikt der  konträren Interessen im Gebiet.

Foto: Tiflis: Die Truppen stehen für einen militärischen Konflikt bereit.


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