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31.05.08 / Schnupperkurs fürs Kreuzfahren / Mit der Color Line von Kiel nach Oslo – Luxus-Fähre gewährt Kurzurlaub auf hohem Niveau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-08 vom 31. Mai 2008

Schnupperkurs fürs Kreuzfahren
Mit der Color Line von Kiel nach Oslo – Luxus-Fähre gewährt Kurzurlaub auf hohem Niveau
von Rebecca Bellano

Oh, wir fahren schon.“ Gleich mehrere Augenpaare blicken nach draußen. Und ja, tatsächlich, die „Color Fantasy“ scheint Fahrt aufgenommen zu haben, da die Kaimauer des Kieler Hafens sich langsam entfernt. Fast geräuschlos haben sich die 74500 Bruttoregistertonnen in Bewegung gesetzt. Das gute Essen und die angenehme Atmosphäre in der „Observation Lounge“ auf dem 15. Deck der „Color Fantasy“ haben zudem die Aufmerksamkeit der Gäste dermaßen getrübt, daß sie fast völlig vergessen hatten, daß sie sich auf einem Schiff befinden. Eigentlich ist die „Color Fantasy“ eine Fähre, die bis zu 2750 Personen und 750 Pkw von Kiel nach Oslo und zurück befördert, allerdings ist das Schiff dermaßen luxuriös ausgestattet, daß es eher in die Kategorie Kreuzfahrtschiff fällt. Die „Color Fantasy“ und ihr Schwesterschiff, die „Color Magic“, fahren täglich zwischen Norwegen und Deutschland hin und her. Die Überfahrt dauert 20 Stunden. Und während das eine Schiff Gäste gen Norden fährt, kommt ihm das andere auf dem Weg nach Süden entgegen. Von der Ausstattung sind die beiden Schiffe fast identisch, deswegen ist es nahezu unmöglich, dem einen den Vorzug vor dem anderen zu geben.

Für Personen, die sich noch nie näher mit dem Thema Schiffsreise auseinandergesetzt haben, sind die beiden Fähren der norwegischen Color-Line-Reederei die ideale Möglichkeit, in Form einer Kurzreise erste Eindrücke zu sammeln, für alle anderen ist es einer der angenehmsten Wege zu reisen.

Aus deutscher Sicht sind die Preise auf dem Schiff allerdings gewöhnungsbedürftig. Die schönen, edlen Restaurants auf dem Schiff, eines davon mit einer imposanten Aussicht auf das Meer, liegen auf Fünf-Sterne-Niveau, und eine Pizza im schlichten italienischen Restaurant kostet umgerechnet rund 13 Euro. Diese Preise allerdings erscheinen auf der Rückreise wie angenehme Schnäppchen, denn wer sich in Oslo in ein Restaurant wagt, ist dort schnell um 50 Euro für zweimal Pasta mit Tomantensauce und zwei Cola – in Deutschland knapp 20 Euro – ärmer. Aus norwegischer Sicht sind die Preise auf dem Schiff also Labsal für das Portemonnaie.

Aber auch wenn die hohen Preise einen Deutschen nicht wirklich zum Einkaufsbummel in den schön gestalteten Boutiquen auf dem Schiff animieren, so gibt es trotzdem noch genügend Unterhaltungsangebote. Ob Casino, Tanzkurs, Theatervorführung, Schwimmbad, Fitness-Studio oder einfach ein Spaziergang auf dem Sonnendeck, alles vermittelt dem Reisenden eine angenehme Urlaubsatmosphäre. Die der Höhe nach drei Stockwerke einnehmende Einkaufsmeile hat zudem mehrere atmosphärisch bis leicht kitschig eingerichtete Cafés, Restaurants und Kneipen, von deren Sitzplätzen aus man die an einem vorbei flanierenden anderen Gäste beobachten kann.

Nach einem reichhaltigen Buffet mit Aussicht auf die bergig karg-grüne Küste Norwegens mit den für diese Region so typischen rot-weißen oder blau-weißen Holzhäusern läuft man gegen 10 Uhr im Hafen von Oslo ein.

Oslo selbst ist eine hübsche, 500000 Einwohner zählende Stadt. Großstädtisches Flair oder gar der Puls einer europäischen Metropole sind hier nicht zu spüren, dafür strahlt die Stadt aber eine angenehme Ruhe ohne jegliche Hektik aus. Die Sehenswürdigkeiten sind fast alle zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Wer geradewegs vom Schloß am Nationaltheater und Parlament vorbei zur Kathedrale geht, hat das Zentrum Oslos schon schnell durchschritten. Auf dem Weg Richtung Hafen kann man die Festung Åkershus besichtigen oder sich fragen, ob man das Rathaus der norwegischen Hauptstadt nun beeindruckend oder unsagbar häßlich finden möchte. Schön ist es auf jeden Fall nicht, dieser sowjetisch anmutende Koloß mit zwei Türmen und zahlreichen Figuren, die einem Arbeiter- und Bauernstaat alle Ehre machen würden.

Vorbei am Friedensnobelpreis-center zur Åker Brygge gegenüber der Festung laden gemütliche Restaurants zum Draußensitzen ein – wenn nur die norwegischen Preise einem nicht auf den Magen schlügen.

Die im Bau befindliche Hafen-City bietet einen angenehmen Gegenpol zu der klassischen Architektur in der Altstadt. Dieser Stadtteil wird schon jetzt berechtigterweise zu einem Szeneviertel und Touristenmagneten, da zahlreiche Restaurants mit Blick auf modernes, aber keineswegs kühles Design Abwechslung verschaffen.

Die mit öffentlichen Verkehrsmitteln schnell zu erreichende Museumsinsel Bygdoy ist ebenfalls einen Besuch wert. Die Seefahrernation Norwegen bietet hier vor allem Schiffsliebhabern so manche Einblicke in diesen Teil der Geschichte des Landes. Natürlich dürfen die Wikinger hier nicht fehlen.

Mit einer kleinen Fähre kann man von hier aus wieder zum Hafen vor dem Rathaus zurück-fahren, sich vor dem Nationaltheater in die Sonne setzen und Oslo auf sich wirken lassen.

Auch eine Fahrt mit der S-Bahn zur Ski-Sprungschanze Holmenkollen ist möglich. Schon wenn man unten steht, bekommt man Höhenangst. Zwar kann man nicht ganz oben auf die Schanze hinauf, aber ein Simulator vermittelt einen Eindruck davon, in welche Tiefen sich die Sportler hinabstürzen.

Wer sich beim Anblick des Rathauses entschieden hat, das Bauwerk positiv zu bewerten, wird auch den 212 Skulpturen aus Stein und Bronze im Vigelands-park etwas abgewinnen können. Die 600 nackten, teilweise ineinander verschlungenen Figuren sind Geschmackssache.

Norwegens Hauptstadt bietet zahlreiche Eindrücke, ohne den Besucher mit Impressionen zu überfrachten. Alles geht hier seinen gemächlichen Gang, gewürzt mit „skandinavischer Exotik“. Wer mit der „Color Fantasy“ oder der „Color Magic“ anreist, verstärkt noch den Erholungseffekt, denn der Luxus an Bord tut auch der Seele gut. Allerdings ist die viertägige Flucht aus dem Alltag mit Überfahrt in einer Doppelkabine mit Meerblick, einer Übernachtung in Oslo in einem Drei-Sterne-Thon-Hotel, jeweils mit Frühstücks-Buffet, mit rund 650 Euro für zwei Personen nicht gerade günstig, zumal die Ausgaben in Oslo und auf dem Schiff für Mittag- und Abendessen hinzukommen.

Der Preis dürfte wohl ein Grund sein, warum mehr Senioren als Familien mit Kindern auf den Schiffen zu finden sind, da es junge Leute für ähnlich viel Geld dann eher in den Süden zieht. Doch immer Türkei oder Mallorca ist auch langweilig, da bietet eine kurze, vergleichsweise luxuriöse Schiffsreise doch eine willkommene Alternative.

Foto: Das Rathaus in Oslo: Schönheit und Imposanz gehen hier nicht Hand in Hand.


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