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31.05.08 / Einmaliges Massenschickal / Sudetendeutsche erinnert an ihre überstürzte Flucht aus der Heimat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-08 vom 31. Mai 2008

Einmaliges Massenschickal
Sudetendeutsche erinnert an ihre überstürzte Flucht aus der Heimat

„Eine von Millionen“, der Titel ist bereits Aussage genug. Margot Bülow berichtet in ihrem Buch wie sie den Zweiten Weltkrieg, die Flucht aus dem Sudetenland und die Zeit danach erlebte.

„Nun ist es soweit. Der Morgen graut, es dämmert leicht. Lieber Gott, das kannst du doch nicht von uns verlangen. Tu etwas, laß ein Wunder geschehen! Es geschah keines, Gott hörte nichts. Schicksalstag 6. Februar 1945! ... Über der linken Schulter die prall gefüllte Reisetasche, im rechten Arm den Sprößling, der den Teddy ganz fest an sich drückt, so stehe ich vor der Tür, möchte laut schreien, alles kurz und klein schlagen, am liebsten zurücklaufen und daheim bleiben ... Das Barometer zeigt 22 Grad Minus an. Durch hohen Schnee stapfen wir dem Ostbahnhof entgegen. Wir sprechen kein Wort, jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach. Die bittere Kälte läßt uns im Eisnebel frösteln.“

Voller Mitgefühl verfolgt der Leser die Flucht der jungen Mutter aus ihrer Heimat, dem Sudetenland. Die überfüllten Züge, die schlechte Lebensmittelversorgung und die mangelnde Hygiene, kaum einer vermag sich so etwas heute noch vorzustellen wie Margot Bülow es beschreibt.

Über Brünn ging die Fahrt nach Südböhmen zum Schloß Neuhaus, dem Besitz ihrer Tante Else.

Der Aufenthalt auf dem mit Flüchtlingen überfüllten Schloß sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein. Als Margot Bülow für eine Besorgung in die Stadt ging, bemerkte sie einen Anschlag am Rathaus der Stadt Neuhaus.

„Es dauerte eine geraume Zeit, bis ich mich durch die Menge vorgedrängt hatte. Da stand neben der Eingangstür eine große schwarze Schiefertafel, auf der mit weißer Kreide in Riesenlettern zu lesen war, daß alle Deutschen bis spätestens zwölf Uhr Mitternacht die Stadt Neuhaus zu verlassen hätten und die Grenze überschritten werden müsse. Wer sich weigerte, werde standrechtlich erschossen.“

In Windeseile jagte Margot Bülow damals zurück aufs Schloß und die Flucht ins rettende Österreich begann.

Wie Margot Bülow es schreibt, ist ihre Geschichte nur eine von Millionen, Millionen Menschen, die Ähnliches erlebten. Doch es ist auch ihre persönliche, berührende, individuelle Geschichte, die sie dem Leser in diesem Buch anschaulich darlegt.    A. Ney

Margot Bülow: „Eine von Millionen – Erinnerungen an die Vertreibung aus dem Sudetenland“, Frieling Verlag, Berlin 2007, broschiert, 126 Seiten, 11,80 Euro


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