25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.05.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-08 vom 31. Mai 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

in den fast 30 Jahren, in denen ich unter dieser Anrede unsere Leserinnen und Leser anspreche, habe ich die Weichen für die Lösung unendlich vieler Fragen und Wünsche stellen müssen. Oft sind wir auf dem richtigen Gleis gelandet, wir haben Schicksale aufhellen können, an deren Aufklärung eigentlich niemand mehr geglaubt hatte, aber viele blieben doch im Dunkeln. Trotzdem brachten uns die manchmal unwahrscheinlichen Erfolge das Attribut „wundervoll“ ein. Das verpflichtet auch weiterhin, obgleich die Wahrscheinlichkeit einer Lösung der immer schwieriger werdenden Suchfragen geringer wird. Trotzdem könnte ich auch heute die ganze Seite mit positiven Ergebnissen füllen, aber da wurde mir ein Brief zur Veröffentlichung übergeben, der alle bisherigen Suchaktionen in den Schatten stellt. Sollte sich bewahrheiten, was der Schreiber vermutet, dann könnten wir wohl von dem bisher ungewöhnlichsten Erfolg sprechen, aber ich kann und will noch nicht daran glauben – nur hoffen. Und auch das ist schon viel.

Die E-Mail kommt aus Hamburg, der Absender ist Herr Wolf Hofmann. Er steigt gleich mit dem Anlaß zu seinem Schreiben ein: „Wir haben im Fernsehen den zweiten Teil des ZDF-Filmes ,Meine Heimat, Deine Heimat‘ von Wolf von Lojewski gesehen. In einem Ausschnitt, der eine Taufe in der Auferstehungskirche in Kaliningrad zeigte, sahen wir einen Mann, welcher der Bruder meiner Schwiegermutter beziehungsweise Onkel meiner Frau sein könnte. Es könnte sich um Horst Jastrau handeln, * 12. September 1924 in Königsberg, der als Soldat seit 1943 in Rußland vermißt ist. Das ZDF stellte uns freundlicherweise eine Kopie des Filmes zu, dem ich das mitgeschickte Standfoto entnommen habe. Es handelt sich um den Mann in der Mitte mit dem blauen Hemd. Dem Film haben wir weiter entnommen den Namen des Pfarrers – Probst Heye Osterwald –, der die Taufe durchgeführt hat, den Namen des Täuflings – Elisabeth Gorbatschova –, daß der Vater aus Kaliningrad stamme, die Mutter aus Leipzig sei und daß das Paar dort auch wohne. Weiter wurde gesagt, daß bei der Taufe Gäste aus Deutschland und Deutschrussen aus Sibirien, dem Ural, dem Wolgagebiet und Kasachstan anwesend gewesen seien.“

Herr Hofmann konnte die Mail-Adresse des Probstes feststellen und ihm ebenfalls ein Standfoto zusenden. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Der Geistliche teilte mit, daß die gefilmte Taufe von Elisabeth Gorbatschova am 12. August 2007 stattgefunden habe und er bei der Suche nach dem besagten Mann gerne behilflich sei, aber keine große Hoffnung habe. Die Familie des Täuf­lings in Leipzig konnte Herr Hofmann bisher nicht ausfindig machen. Das ist ein Grund, weshalb sich Herr Hofmann an uns wendet, aber es gibt noch weitere. Die Großeltern seiner Frau stammen ja auch aus Königsberg oder haben zeitweise dort gewohnt, wie die Geburt des Sohnes beweist. Sie haben ihr Leben lang nach ihm gesucht, 1973 erhielten sie vom Deutschen Roten Kreuz die Mitteilung, daß die Suche eingestellt worden sei. Und noch ein Grund zur Veröffentlichung in unserer Zeitung kommt hinzu: Es könnte sein, daß sich Leserinnen und Leser im vergangenen August in Königsberg aufhielten, vielleicht als Kirchenbesucher an der Taufe teilnahmen oder dem abgebildeten Herrn irgendwie begegnet sind. Es ist ein markantes Gesicht, das sich auch bei flüchtiger Begegnung einprägt. Aber man muß sich doch fragen: Kann man nach 65 Jahren einen Menschen nach seinem Aussehen auf einem Foto wiederfinden? Trotz des weißen Haares erscheint der Abgebildete auch jünger, aber da kann man sich schon täuschen. Jedenfalls muß die Ähnlichkeit mit dem vermißten Horst Jastrau schon frappierend sein, sonst würde die Familie nicht diese Vermutungen stellen. Ich hoffe, daß wir von irgendeiner Seite Aufklärung bekommen, vielleicht meldet sich ja auch der Abgebildete selber und stellt alles richtig. Jedenfalls wäre das schon ein großer Erfolg. (Prof. Dr. Wolf Hofmann, Quick­borner Straße 6, 22844 Norderstedt, Telefon 0 40 / 5 22 69 62, E-Mail: hofmann@math.uni-hamburg.de)

Auf eine andere Sendung weist Frau Johanna Roggatz aus Berlin hin. Die gebürtige Danzigerin, die sich uns Ostpreußen eng verbunden fühlt, sah bei „Phönix“ Ende Februar / Anfang März eine Sendung, die privat gedrehte Filme des Generals von Rothkirch zeigte. Schon vor 1933 hatte der General die ersten Filme gedreht, die letzten im Fluchtwinter 1944/45. Die TV-Aufnahmen, bei denen der heute etwa 80jährige seine Filme vorführte und kommentierte, wurden in der Wohnung seines Sohnes, Sebastian von Rothkirch, gemacht. Frau Roggatz prägte sich einer der letzten Filme besonders ein, weil er Menschen aus der Elchniederung zeigte, die in Heinrichwalde auf die Flucht gingen. An einem der vollbepackten Treckwagen war deutlich das Schild „Heinrichswalde / Elchniederung“ zu erkennen. Frau Roggatz war dieser ostpreußische Ortsname vertraut, denn sie hatten in ihrer Gothaer Kirchengemeinde nach dem Krieg eine Katechetin aus Heinrichswalde mit Namen Fri(e)da Möller gehabt. Nun meint die aufmerksame Leserin, daß dieser privat gedrehte Film ehemalige Heinrichswalder interessieren müßte, weil es sich bei den gezeigten Personen um heute noch lebende Vertriebene oder um Verwandte – vielleicht um die Großeltern – handeln könnte. Dann wären diese Aufnahmen eine wertvolle Dokumentation für die Familiengeschichte. Frau Roggatz gibt auch eine weitere Hilfestellung, denn sie hat sich bei dem betreffenden Sender erkundigt und gibt die Adresse weiter, an die sich Interessierte wenden könnten: ARD-Hauptstadtstudio, Phönix Ereignis- und Dokumentationskanal, Wilhelmstraße 87 A, 10117 Berlin, Telefon 0 30/ 22 88 27 00. Wir danken zuerst einmal Frau Roggatz für ihr Mitdenken und aktives Handeln für unsere Leserschaft.

Und nun komme ich doch noch zu den eingangs erwähnten positiven Ergebnissen, wie sie Frau Irene Blankenburg-Kurbjuhn verzeichnen kann: Ihre Fragen wurden alle beantwortet „auf geradezu wundersame Weise“, wie sie schreibt. Und dabei hatten wir schon einmal nach jener „Erika Trakehnen“ gefragt, die in lyrischer Form das Vertriebenenschicksal der Familie Schweizer schildert, das Sterben und Überleben auf der Flucht, das Hoffen und Bangen, ein sehr einfühlsames Gedichtbändchen, das unsere Leserin immer fasziniert hat. Wer verbarg sich hinter dem vermuteten Pseudonym? Damals gab es kein Echo – aber jetzt! Lassen wir sie selber sprechen:

„Gleich nach meiner Rückkehr vom Deutschlandtreffen aus Berlin erhielt ich Anrufe von zwei Damen, die Frau Trakehnen gekannt hatten. Dann heute noch den Anruf von der ältesten Tochter der Familie Schweizer, die ja mit dem Vater auf der Flucht war. Sie ist die einzige von der Familie, die noch lebt und das Bändchen auch besitzt. Vom Vater getrennt erlebte sie eine Odyssee, ehe sie ihn im Westen wiederfand und auch die Geschwister. Der Vater war dann mit Frau Trakehnen befreundet. Daher erfuhr sie die Geschichte der Familie, die sie in dichterischer Form verarbeitet hat. Das geschah in St. Augustin / Bonn. Frau Trakehnen ist Frau Eri­ka Hitz, geborene Moritz aus Königsberg. Auch sie lebt nicht mehr …“ Wie Herr Schweizer und die Geschwister von Frau Lili Ko­nopasek, die dies alles Frau Blankenburg-Kurbjuhn am Telefon erzählte, und die sich nun bei allen bedankt, die mitgeholfen haben, dies kleine Kapitel ostpreußischer Lyrik zu enträtseln: „Die Ostpreußische Familie ist einfach fabelhaft!“

Denselben Fluchtweg über das Frische Haff ist auch die damals achtjährige Christa Koller gegangen, die nun die einzelnen Abschnitte aufarbeiten will, wie sie in Folge 19 berichtete. Einer, der ihr dabei helfen will, ist Herr Martin Coch, Erster Kirchspielvertreter von Heiligenbeil-Land. Frau Koller erinnerte sich an eine Mühle, auf deren Stufen sie und ihre Großmutter eine Nacht bei eisiger Kälte verbracht hatten und sich irgendwie geborgen vorkamen. Herr Coch meinte, daß es sich entweder um die Windmühle in Thomsdorf bei Heiligenbeil oder um die Wassermühle des großen Gutes Karben, nordwestlich der Stadt handeln müßte, legte seinem Schreiben – das ich als Kopie erhielt – Ansichten und Lagepläne bei. Danke, lieber Herr Coch, Ihre präzisen Angaben werden die Erinnerung von Frau Koller auffrischen, bleibt zu hoffen, daß sie auch noch weitere so informative Zuschriften bekommt.

Eure Ruth Geede

Foto: Horst Jastram? Eine Antwort auf die Frage sucht Prof. Dr. Wolf Hofmann.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren