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31.05.08 / Mit »Da Vinci« gegen den Krebs / Urologische Universitätsklinik Homburg hat die Vorreiterrolle bei der robotergestützten Prostataentfernung übernommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-08 vom 31. Mai 2008

Mit »Da Vinci« gegen den Krebs
Urologische Universitätsklinik Homburg hat die Vorreiterrolle bei der robotergestützten Prostataentfernung übernommen
von Rosemarie Kappler

Prostatakrebs ist die dritt-häufigste Krebserkrankung bei Männern. Solange der Krebs auf das kastaniengroße Organ beschränkt bleibt, ist die operative Entfernung der Vorsteherdrüse, die Prostatektomie, eine sichere und weitverbreitete Behandlungsmöglichkeit. Bei der offenen Standard-Operation wird über einen Unterbauchschnitt das gesamte Organ mit Samenblasen und gegebenenfalls Lymphknoten entfernt.

Doch die Ära offener Operationen scheint zu Ende zu gehen. Im vergangenen Jahr wurden in den USA bereits 70 Prozent aller Prostatektomien mit einem roboter-assistierten Verfahren durchgeführt, das eine wesentliche Weiterentwicklung der laparoskopischen Operationstechnik darstellt. Das System heißt „Da Vinci“ und ist vom technischen Standpunkt betrachtet so genial wie der namensgebende Gelehrte der Renaissance.

„Da Vinci“ ist ein Roboter, der ursprünglich für Operationen am Herzen entwickelt wurde, sich dort jedoch nicht bewähren konnte, aber seit wenigen Jahren immer erfolgreicher bei der Entfernung der tumorigen Prostata eingesetzt wird.

Auch in Deutschland. An der Urologischen Universitätsklinik in Homburg haben Prof. Michael Stöckle und Prof. Stefan Siemer inzwischen fast 400 Patienten mit dieser Technik behandelt. Damit verfügen die beiden Operateure hierzulande mit über die meisten Erfahrungen.

„Da Vinci vereint sämtliche Vorteile moderner klassischer Operationstechniken und schonenden OP-Verfahren, ermöglicht dem Operateur einen schärferen Blick und verleiht ihm geschicktere Hände“, ist Prof. Michael Stöckle überzeugt. Die Ergebnisse seien überzeugend: Geringere Schmerzen, minimaler Blutverlust, Verzicht auf Blutkonserven, exakte Schnittführung, Beseitigung von Zitterbewegungen, Schonung von Nervengewebe, gute Sicht für den Operateur, geringe Narben, rasche Mobilisierung und kurze Krankenhausaufenthalte für den Patienten. Mit dem Da-Vinci-System verringere sich die Liegezeit von 10 bis 14 Tagen auf im Schnitt noch fünf Tage. „Manche Patienten sind nach unserer Erfahrung schon am Abend nach der OP wieder auf den Beinen“, berichtet Siemer. In den USA, wo Patienten stärker an Behandlungskosten beteiligt werden, verlassen die meisten Operierten bereits innerhalb der ersten 24 Stunden das Krankenhaus.

Mit einem Roboter, wie man ihn sich allgemein vorstellt, hat die Präzisionsmaschine kaum etwas gemeinsam. Sie tut nichts, ohne daß es der Operateur will. Dieser sitzt an einer Art Konsole und bedient mit Joystick und Fußpedalen die chirurgischen Instrumente, die über dünne Röhrchen in den Unterbauch eingeführt werden. Eine Spezialoptik liefert gestochen scharfe dreidimensionale Bilder aus dem Körperinnern.

Der Operateur an seiner Konsole hat den Eindruck einer offenen Operation und kann dank der Möglichkeit einer bis zu zwölffachen Vergrößerung und dem Ausgleichen von Zitterbewegungen sehr exakt im Millimeterbereich arbeiten. Ziel der Methode ist es vor allem, Männer vor Inkontinenz und Impotenz zu bewahren. Daten des Vattikuti Urology Institute in Detroit zufolge sinkt dadurch das Risiko, nach dem Eingriff unter Inkontinenz zu leiden, um 90 Prozent, die Impotenzgefahr um 50 Prozent.

Die Ärzte um Stöckle und Siemer sind sicher, daß sich das Hochtechnologiesystem auch bei anderen Einsätzen bewährt. „Neben der Entfernung der Prostata werden wir unsere Patienten künftig auch die Entfernung der Blase mit Harnableitung, organerhaltende Nierenoperationen, Nierenentfernungen aber auch rekonstruktive Eingriffe, beispielsweise Nierenbeckenplastiken mit dem Da-Vinci-System anbieten können“, so Stöckles Blick in die Zukunft.

Einziger Nachteil des Operationsverfahrens: Patienten müssen zur Zeit rund 3000 Euro zuzahlen, da die verbrauchsunabhängigen Kosten (Finanzierung, Wartung) bei jährlich 400000 Euro liegen und pro Eingriff verbrauchsabhängige Kosten in Höhe von 1500 Euro entstehen, vorwiegend für neue chirurgische Instrumente. Mehr als zehn Operationen mit der selben Schere läßt die elektronische Überwachung beispielsweise nicht zu.

 

Alternativer Ansatz für Behandlung von Prostatakrebs

Forschern aus Freiburg ist offenbar ein Durchbruch bei der Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten von Prostatakrebs gelungen. Sie wiesen eigenen Angaben zufolge weltweit zum ersten Mal nach, daß das Enzym PRK1 das Zellwachstum von Prostatatumoren aktiviert. Gelingt es, das Enzym zu hemmen, könnte dies die Grundlage für eine neue Therapie von Prostatakrebs sein, wie die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau mitteilt.

Das Protein PRK aktiviert nicht nur das Wachstum von Krebs-, sondern von allen Zellen des Körpers. Die Ergebnisse der Wissenschaftler zeigten allerdings, daß PRK in Tumorzellen hyperaktiv ist. Eine Blockierung des Enzyms PRK1, beispielsweise durch chemische Substanzen, hemmt demnach das Zellwachstum von Prostatatumorzellen. Das neu identifizierte Wirkprinzip könnte laut den Wissenschaftlern von großem therapeutischen Nutzen und Grundlage für die Identifikation von Tumorhemmstoffen sein.

Das Prostatakarzinom ist der beim Mann am häufigsten vorkommende Tumor. Obwohl die Methoden zur Erkennung und Therapie den Angaben zufolge immer besser werden, stellt Prostatakrebs

immer noch die zweithäufigste Krebs-Todesursache bei Männern dar.       Ddp

Foto: „Da Vinci“ bei der Arbeit: Drei Meter Distanz zwischen Arzt und Patient


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