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07.06.08 / Die erste Astronautin im Weltraum / Als vor 25 Jahren die US-Raumfähre »Challenger« zu ihrer Mission STS-7 aufbrach, war Sally Kristen Ride mit an Bord

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-08 vom 07. Juni 2008

Die erste Astronautin im Weltraum
Als vor 25 Jahren die US-Raumfähre »Challenger« zu ihrer Mission STS-7 aufbrach, war Sally Kristen Ride mit an Bord
von Hans-Jürgen Mahlitz

Raumfahrt ist Männersache – die Vorurteile zugunsten des angeblich stärkeren Geschlechts galten und gelten auch da, wo die irdischen Gesetze der Schwerkraft aufgehoben sind und zudem garantiert nicht rück­wärts eingeparkt werden muß. Von den bislang knapp 500 Astro- und Kosmonauten, die laut offizieller Definition eine Flughöhe von über 100 Kilometer erreicht haben, ist nur jeder Zehnte weiblichen Geschlechts. Tendenz steigend – denn immer mehr Frauen, vor allem Amerikanerinnen, heben ab.

Anfangs sah es freilich eher danach aus, als wolle die transatlantische Weiblichkeit keinesfalls den festen Boden unter den Füßen verlieren. Als die erste US-Amerikanerin, Sally Kristen Ride, am 18. Juni 1983 an Bord der Raumfähre „Challenger“ zu einem sechstägigen Flug mit 97 Erdumrundungen startete, war das Zeitalter der bemannten Weltraumfahrt bereits älter als 22 Jahre. So lange hatte die östliche Konkurrenz nicht auf die erste Frau im All warten wollen: Die Russin Walentina Wladimirowna Tereschkowa war bereits zwei Jahre nach dem Erstflug von Jurij Gagarin (12. April 1961) aufgebrochen, um mit „Wostok 6“ in drei Tagen 49mal die Erde zu umkreisen.

Dann sollte es aber 19 Jahre dauern, bis mit der Russin Swetlana Sawizkaja zum zweiten Mal eine Frau in die Männerdomäne Raumfahrt einbrechen durfte. Damit glaubte die in Moskau herrschende Altherrenriege, genug für die Gleichberechtigung der Frau getan zu haben. Erst nach dem keineswegs ruhmreichen Ende der „ruhmreichen“ Sowjetunion brachte Rußland mit Jelena Wladimirowna Kondakowa eine weitere Kosmonautin in den Orbit, die sich dann allerdings mit 178 Stunden Weltraumaufenthalt auf zwei Flügen in den Jahren 1995 bis 1997 im Rekordbuch verewigen konnte.

Ganz anders verlief die Geschichte der Emanzipation im All bei den Amerikanern. Durch „Sputnik“ und Gagarin raumfahrttechnisch arg ins Hintertreffen geraten, sollten es zunächst einmal die Männer um den deutschen Raketenbauer Wernher von Braun richten. Präsident Kennedy beantwortete die sowjetische Herausforderung mit dem Mondlandeprogramm, an dessen Gelingen Frauen nur eher im Hintergrund mitwirken durften.

Erst nach der vorzeitigen Beendigung des „Apollo“-Programms kamen die ansonsten so sehr auf ihre Fortschrittlichkeit bedachten Amerikaner auf die Idee, auch weibliche Bewerber zur Astronautenausbildung zuzulassen.

Ende 1977 reichte eine gerade einmal 26 Jahre junge Physikerin aus Los Angeles namens Sally Kristen Ride ihre Bewerbung ein. Was sie bis dahin schon vorzuweisen hatte – unter anderem ihre Promotion über ein kniffliges astrophysikalisches Thema –, war so eindrucksvoll, daß sie nicht nur zur Ausbildung angenommen, sondern bald schon einer konkreten Raumflugmission zugeteilt wurde. Im Kontrollzentrum Houston (Texas) betreute sie die ersten Probeflüge des neu entwickelten Space Shuttle, des ersten wiederverwendbaren Raumfahrzeugs.

„Challenger“ war – nach dem Prototypen „Enterprise“ und der „Columbia“ – die dritte Raumfähre, sollte ursprünglich aber nur für Erprobungsflüge im erdnahen Raum eingesetzt werden. Erst nachträglich wurde sie zu einem uneingeschränkt weltraumtauglichen Fahrzeug ausgebaut. Den Orbit erreichte sie erstmals im April 1983. Am 18. Juni desselben Jahres schlug dann für Sally Ride die große Stunde.

Den zweiten „Challenger“-Flug machte sie als Missionsspezialistin mit. Unter anderem wurden zwei Kommunikationssatelliten ausgesetzt. Mit an Bord war auch eine von dem deutschen Technologiekonzern MBB entwickelte sechs Meter lange Forschungsplattform.

Offenbar hat Sally Ride auch dort oben in 300 Kilometer Höhe gute Arbeit geleistet. So durfte sie am 5. Oktober 1984 noch einmal für einen achttägigen Raumflug an Bord der „Challenger“ gehen. Es war die sechste Mission dieser Raumfähre, die dann auf ihrer zehnten Mission am 28. Januar 1986 in 15 Kilometer Höhe, 73 Sekunden nach dem Start, auseinanderbrach und die sieben Astronauten an Bord in den Tod riß. Diese Katastrophe im Kontrollzentrum miterleben zu müssen, dürfte zu den schwersten Momenten im Leben der jungen Wissenschaftlerin und Astronautin zählen.

Präsident Reagan berief sie in die Untersuchungskommission für dieses Unglück. Als diese Aufgabe erfüllt war, verließ sie die Nasa, übernahm eine Professur an der University of California in San Diego, war in hochrangigen Positionen als Forscherin tätig (Spezialgebiete: Hochenergie-, Plasma- und Astrophysik). Doch die Raumfahrt ließ sie – auf geradezu tragische Weise – nicht los: 2003, nach dem Absturz der Raumfähre „Columbia“, wurde sie erneut in die Untersuchungskommission berufen.

Sally Kristen Ride war nicht nur die erste Amerikanerin im Weltraum, sie hält auch den Rekord als jüngster amerikanischer Raumfahrer. Dies, aber auch ihre Reputation als Forscherin und Hochschullehrerin, sichern der heute 57jährigen Kalifornierin nach wie vor höchste Popularität. Und die nutzt sie – wen wundert’s – vor allem, um sich in der amerikanischen Öffentlichkeit intensiv für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bei Frauen und Mädchen einzusetzen. Ein überzeugenderes Vorbild könnte man sich dafür auch kaum vorstellen.

Foto: Die Crew der „Challenger“-Mission STS-7: Sally K. Ride, John M. Fabian, Kommandant Robert L. Crippen, Norman E. Thagard, Pilot Frederick H. Hauck (von links nach rechts)


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