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14.06.08 / Die Bundeswehr als Arbeitgeber / Wie attraktiv ist eine Karriere als Berufssoldat?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-08 vom 14. Juni 2008

Die Bundeswehr als Arbeitgeber
Wie attraktiv ist eine Karriere als Berufssoldat?
von Mariano Albrecht

Kosovo, Afghanistan, Libanon oder das Horn von Afrika, das sind nur einige Einsatzgebiete der „neuen Bundeswehr“, einer Einsatzarmee. Mit rund 7500 Soldaten beteiligt sich die Bundeswehr an einer Reihe von Einsätzen im Ausland. Allein in Afghanistan sind gut 3500 Soldaten stationiert, Verteidigungsminister Franz Josef Jung spricht offen über eine Einsatzdauer von zehn bis 15 Jahren für die Truppe. Der Personalbedarf ist groß und die Zahl der wehrpflichtigen jungen Männer sinkt.

Wie hoch ist die Attraktivität einer militärischen Laufbahn, wenn ein Soldat damit rechnen muß, die Hälfte seiner Dienstzeit am Hindukusch zu verbringen?

Auf eine berufliche Karriere beim Militär haben immer weniger Männer Lust, und das hat Gründe.

Während in den Führungsstäben die Personaldecke eher üppig ist, könnten der Bundeswehr bald die Soldaten und Unteroffiziere ausgehen. Schuld sind die geburtenschwachen Jahrgänge zum einen und die mangelnde Attraktivität des Soldatenberufes zum anderen. 40 Prozent der freiwillig zusätzlichen Wehrdienst Leistenden gewinnt die Bundeswehr aus Grundwehrdienst leistenden Soldaten. Das sind die jungen Männer, die während des Grundwehrdienstes Interesse an einer berufliche Laufbahn bei der Truppe entdecken und sich für einen Dienst als Zeitsoldat oder Berufssoldat entscheiden.

Die Bundeswehr bietet in 400 Berufen Arbeit für Fachkräfte an. Von medizinischen bis zu begehrten Technikerberufen etwa in der Luft- oder Seefahrt bietet die Bundeswehr Karrieremöglichkeiten. 90000 Grundwehrdienstleistende benötigt die Bundeswehr jährlich, zur Verfügung stehen derzeit rund 460000 Wehrpflichtige. Doch nicht wenige entscheiden sich für den Zivildienst oder einen Dienst bei Feuerwehr oder Bundespolizei. Dort sind auch die Einkommen und die Dienstbedingungen besser. Für die jährlich 20000 freien Stellen für Berufssoldaten sucht die Bundeswehr Männer und Frauen mit Fachkräftepotential. Doch wer diese Voraussetzungen erfüllt, geht nicht selten lieber in die Wirtschaft oder steigt mit einer gefragten Ausbildung aus dem aktiven Wehrdienst aus. So bieten internationale Fluggesellschaften bei der Bundeswehr ausgebildeten Piloten hohe Ablösesummen für den Umstieg ins zivile Fluggeschäft. Die Ausbildungskosten der Bundeswehr werden quasi aus der Portokasse erstattet. Ein 27jähriger Oberleutnant kann sein Einkommen als Pilot bei der Bundeswehr von rund 2000 Euro auf das Doppelte bis Dreifache verbessern.

Doch auch bei den Mannschaftsdienstgraden ist die Lage ernst. Mit bis zu 18 Standortversetzungen muß ein Berufssoldat in seiner Laufbahn rechnen, das heißt durchschnittlich alle zwei Jahre Umzug mit der ganzen Familie. Üppige Bezüge sind trotz Besoldungsanpassung eher selten. 160000 deutsche Militärangehörige gelten in der Truppe als Geringverdiener. Die Rede ist von Dienstgraden bis zum Stabsfeldwebel, die in der Besoldungsstufe A8 bis zu 2300 Euro monatlich verdienen. In vergleichbaren Zivilberufen ist für qualifiziertes Bundeswehrpersonal wesentlich mehr zu holen. Muß ein 22jähriger Marinesoldat zum Beispiel als Obermaat mit 1622 Euro auskommen, so verdient er als Schiffsmechaniker bei der Handelsschiffahrt im ersten bis zweiten Jahr bereits 3204 Euro.

Die Chancen, mit einer qualifizierten Ausbildung den Sprung ins zivile Leben zu schaffen, stehen gut. Reedereien wie Industrie suchen händeringend nach Fachkräften. Die Aufstiegsmöglichkeiten für qualifiziertes Personal sind auch in der freien Wirtschaft attraktiv. Die Bundeswehr kämpft derweilen mit einem Beförderungsstau, weil Planstellen in den Stäben mit altgedienten Offizieren blockiert werden. Das fördert den Frust. Welcher Offizier spielt schon gern die Rolle des „ewigen Hauptmanns“?

Der Sprecher des Bundeswehrverbandes, Wilfried Stolze, bringt es auf den Punkt. Es ist nicht das Berufsbild des Soldaten, das die sinkende Attraktivität des Truppendienstes schwächt. Es  sind die sozialen Nadelstiche wie Prämienkürzungen oder die Unzufriedenheit mit der fehlenden Rückendeckung durch die Politik, die den Soldaten zu schaffen macht. Eine Umfrage unter Verbandsmitgliedern ergab, daß 86 Prozent der Berufssoldaten ihren Söhnen nicht empfehlen würden Soldat zu werden.

Foto: Bootsmannanwärter (Gefreite): Bei der Ausbildung auf der Marineschule der Bundeswehr


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