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14.06.08 / Tabuthema Tod / Gespräche über das Lebensende fallen den meisten schwer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-08 vom 14. Juni 2008

Tabuthema Tod
Gespräche über das Lebensende fallen den meisten schwer
von Susanne Holz

Ach, wer weiß, wie lange ich noch lebe“, winken ältere Menschen oft ab, wenn man sie nach ihren weiteren Plänen fragt. Was viele Angehörige als bloße Koketterie abtun, sei vielmehr eine indirekte Aufforderung, sich mit dem Thema Tod und Sterben auseinanderzusetzen, sagt Karlheinz Häfner, Autor des Buches „Die Angst vor dem Sterben – Vom Umgang mit einem verdrängten Gefühl“.

Obwohl der Tod selbstverständlich zum Leben gehört, ist er für viele ein Tabuthema. Gespräche über das Lebensende zählen für die meisten Menschen zu den schwierigsten überhaupt. Lieber nicht über etwas reden, das mit dem Verlust eines geliebten Menschen, Trauer und Alleinsein verbunden ist. Verständlich, wenn Angehörige deshalb Sätze wie „nächstes Jahr bin ich bestimmt schon nicht mehr da“ lieber ignorieren. Genau damit verbauen sie sich aber die Möglichkeit, über ein wichtiges Thema miteinander ins Gespräch zu kommen, sagt Häfner.

„Wenn mir jemand erzählt, daß sein Vater nur 70 Jahre alt geworden ist, höre ich genauer hin“, sagt der Pastor aus Süddeutschland. Denn hinter dieser schlichten Information stecke eigentlich die Frage, wie lange er selbst wohl noch leben werde.

Zuweilen sei das Ansprechen des eigenen Todes auch der versteckte Hinweis darauf, daß es jemandem im Moment nicht so gut gehe, sagt  Jutta Rust-Kensa. „Ältere Menschen haben oft nicht gelernt, ihre Sorgen offen anzusprechen. Sie deuten Probleme nur an und hoffen, daß der Gesprächspartner den Hinweis versteht“, unterstreicht die Vorsitzende des Instituts für Trauerarbeit in Hamburg. Als Kind, Ehepartner oder Bekannter sollte man deshalb am besten nachfragen: Was ist denn momentan so beschwerlich für dich? Hast du Schmerzen oder Kummer? Wie kann ich dir helfen?

Oft erleichtere ein Gespräch über ein krankes Bein oder Rückenschmerzen den Einstieg in ernstere Themen. Plötzlich falle es leichter, über den Ernstfall zu reden. Die wenigsten machen sich, sagt Häfner, jedoch über den Tod an sich Gedanken. „Das, was die meisten Senioren bewegt, ist das Sterben. Die Angst, hilfsbedürftig zu werden, auf andere angewiesen zu sein.“ Demnach entlaste es viele, wenn sie genau über diese Ängste sprechen können. Wenn genau geregelt wird, wer sich im Falle einer Krankheit zuständig fühle, wer da ist, Hilfe anbietet.

Nicht alle jedoch wollen sich so offensiv mit dem Ende ihres Lebens auseinandersetzen. Auf keinen Fall habe man des Recht, einen anderen Menschen zu zwingen, sich mit dem Tod zu beschäftigen, sind sich beide Experten einig. „Man sollte immer vorsichtig abklopfen, wie der andere selbst dazu steht“, betont Rust-Kensa. Selbst der eigene Wunsch, Dinge zu regeln und zu besprechen, seien kein Freischein für Verhöre. Ein „es ist mir egal, wie ihr alles nach meinem Tod regelt“, müsse akzeptiert werden.

Andererseits sei es aber genauso legitim, sich selbst dem Thema zu verweigern, sagt Trauerexpertin Rust-Kensa. Ein einfaches „Es fällt mir schwer, darüber zu reden. Damit komme ich nicht klar“, müsse von den älteren Menschen ebenso akzeptiert werden. Meistens sei es aber geradezu befreiend, wenn man den Tod aus der Tabuzone herausgeholt habe.


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