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14.06.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-08 vom 14. Juni 2008

Versöhnung / Wieso die Fähnchen das Klima killen, warum afrikanische Minister soviel Geld brauchen, und wie Roland Koch Frieden stiften könnte
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Es ist ja nur eine Europameisterschaft, noch dazu weit weg von Berlin, München oder Köln. Entsprechend fällt die Beflaggung im Vergleich zum schwarz-rot-goldenen Jahr 2006 gemäßigt aus. Dennoch sind die patriotischen Tücher im Straßenbild manchen schon wieder zu viel.

Was aber soll man dagegen machen? Die alte Wunderwaffe „Naziverdacht“, mit der man nach 1990 den damals kurz aufsprießenden Vereinigungs-Patriotismus plätten konnte, die war 2006 jämmerlich verpufft. Und nun?

Die Rettung kommt, wie dieser Tage kaum anders zu erwarten, von der Klimafront. Es geht gegen die kleinen Autofähnchen. Mit denen fahren wir alle ins klimatische Verderben! Unsinn? Nein, nein: Wissenschaftler haben errechnet, daß eine Million dieser Aufsteckwimpel, die bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde 30 Tage am Wagen hängen, 111000 Kilogramm Kohlendioxid produzieren. Entsetzlich. Und hilfreich: Jetzt haben wir was in der Hand.

Also verbieten die Dinger, würde Renate Künast wohl rufen. Für die Grüne ist jedes Verbot ein Fortschritt in der Volkserziehung und damit ein Sieg für ... wen auch immer. Für Sigmar Gabriel ist das nicht ganz so einfach. In seiner Doppelrolle Sozialdemokrat und Umweltminister muß er immer auf zwei Gäulen gleichzeitig reiten.

Der Umweltminister in ihm schreit natürlich „Verbot!“ Der Sozen-Siggi aber weiß, daß gerade der sogenannte „kleine Mann“ für sein Leben gern Fähnchen zeigt. Das ist ein Zwiespalt, doch ein Gabriel kann ihn lösen. Das hat er mit seinem Vorstoß zur Subventionierung der Energierechnungen von „Armen“ (auf Kosten der Mittelschicht) bewiesen.

Eine Fähnchenlösung à la Gabriel sähe vermutlich so aus: Man belastet den Fähnchengebrauch für Reiche (so ab 2000 Euro brutto im Monat) steuerlich, und mit der Hälfte der Einnahmen werden die Fähnchenpreise für Arme (so bis 1900 brutto im Monat) subventioniert. Die andere Hälfte fließt in Maßnahmen zum Klimaschutz (öko!) und zur Armutsbekämpfung (sozial!). Damit hätten wir alles erledigt: Der Masse wird das Fähnchenzeigen verleidet (weniger Deutschtümelei), die sozial Benachteiligten werden gefördert und wir haben noch Geld eingenommen, um das Elend in der Welt zu lindern.

Da ist viel zu tun. Die Welthungerkonferenz ist soeben kläglich in die Hose gegangen. Insbesondere die afrikanischen Regierungen hatten sich mehr erhofft von den selbstsüchtigen Industriestaaten und waren bitter enttäuscht.

Wie Kenia zum Beispiel, von wo uns vergangenes Jahr Meldungen über eine furchtbare Hungersnot im Nordosten des Landes erreichten. Gut, mit den Erträ­­- gen aus dem fruchtbaren Südwes­ten Kenias wären solche Hungersnöte schnell intern behoben. Das geht aber nicht, weil das Land im Moment mitten in einem „demokratischen Versöhnungsprozeß“ steckt.

Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Ganz einfach: Um selber an der Macht zu bleiben, hat der eigentlich abgewählte Präsident Kibaki die eigentlich siegreiche Opposition durch Ministerposten milde gestimmt. Die laut Meldungen nunmehr 94 Minister bekommen jeder über 20000 US-Dollar Monatsgehalt, dazu kriegen sie einen eigenen Hofstaat mit Villa, Autos, Angestellten etc. auf Staatskosten gestellt.

Das muß sein, denn würden die Ex-Oppositionellen weniger üppig beschenkt, könnte einer von ihnen ausscheren, als „Rebell“ in die Steppe gehen und die Welt wachrütteln darüber, wie die „Demokratie in Kenia mit Füßen getreten wird“. Dann ist es nicht mehr weit, bis Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon die „internationale Staatengemeinschaft aufruft, endlich die Initiative zu ergreifen“. Schon hätten wir die nächste „Friedensmission“ am Hals.

Das will uns die kenianische Regierung ersparen und verkündet daher, sie müsse deutlich an der Infrastruktur sparen, um die Minister zu bezahlen. Das Loch im Etat liegt schon bei 300 Millionen Dollar. Daher wird es auch künftig keine Straßen geben, über die der Nahrungsmittelüberschuß vom Süden in den Norden Kenias gekarrt werden könnte.

Was das Haushaltsloch angeht, so werden Bob Geldof, die internationalen Hilfsorganisationen und natürlich die afrikanischen Regierungen schon bald aufs neue einen „Schuldenerlaß für die Dritte Welt“ fordern, „um dem von den reichen Ländern mitverursachten Elend wirksam zu begegnen“.

Der sollte diesmal aber „nachhaltig“ sein, der Schuldenerlaß. Also so gestrickt, daß wir nicht in ein paar Jahren wieder was erlassen müssen. Um das sicherzustellen, sollten wir den Regierungen des schwarzen Kontinents mit dem Geld auch gleich einen Koffer voller Mercedes-Gutscheine schicken. Dann werden künftige „demokratische Versöhnungsprozesse“ nicht mehr so teuer für sie.

Wie wichtig Nachhaltigkeit ist, das haben wir bei der Biospritdebatte erlebt. Um Spritmais anzupflanzen, hungern die Menschen und stirbt der Urwald. Ein entsetzliches Dilemma, für das endlich eine Lösung gefunden wurde: Biospritpflanzen dürfen nur noch auf Flächen angebaut werden, die weder für den Nahrungsmittelanbau nötig wären noch dem Urwald abgeknöpft wurden.

Das nennt man „nachhaltig“. So können wir beruhigt Bio tanken von den unbedenklichen Feldern. Wären da nicht die störenden Sägegeräusche aus der Ferne des Dschungels. Denn damit die alten Plantagen nicht mehr für Nahrungsmittelanbau benötigt werden, weicht der Nahrungsmittelanbau nun auf frisch gerodeten Urwaldboden aus. Na, was soll’s, wozu gibt es Ohrstöpsel.

Man soll ja nicht alles noch komplizierter machen, Politik ist so schon kompliziert genug. Allein der Machtgewinn und -erhalt fordert den ganzen Mann, die ganze Frau. Manchmal sind Politiker mit Machtsachen derart beschäftigt, daß sie sich in den Sachfragen rettungslos vertüdeln.

Andrea Ypsilanti hatte sich alles zurechtgelegt, mit Linken und Grünen wollte die hessische Sozialdemokratin dem amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch  vorführen, wie machtlos er gegen sie ist. Ein Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren sollte ihn k.o. schlagen.

Hat sie sein diebisches Lächeln während der Abstimmung nicht bemerkt? Koch ließ Ypsilanti seelenruhig in die Falle laufen, sah er doch was, was sie nicht sah: einen Formfehler im Gesetzentwurf.

Als der Ministerpräsident das Gesetz verfassungsgemäß gegenzeichnen sollte, war die linke Dreierkoalition noch voller Siegesstolz, bis es prustend aus Koch herausschoß: „Hoppsala! Da fehlt ja ein Satz!“ Und zwar einer, ohne den der Wisch ungültig ist. Also ließ er das schlampige Machwerk an den Landtag zurückschicken. SPD, Grüne und Linke sind außer sich.  Koch hätte sie warnen müssen, schäumen sie. Da lacht der Gescholtene nur noch lauter.

Andrea Ypsilanti hat kein Glück. In ihren Träumen nach der Januarwahl saß sie diesen Sommer längst in der Wiesbadener Staatskanzlei. Nun hockt da immer noch Koch und veräppelt sie obendrein mit ihrer Schludrigkeit! Sie muß wohl bis zur Bayernwahl ausharren, bis sie sich auf rot-rot-grünen Schwingen zur Macht erheben kann. 

Koch spielte sogar mit der Idee einer schwarz-gelb-grünen Koalition, nur um Frau Ypsilantis SPD draußen zu halten. Was für ein Schurke. Wäre er Kavalier, würde er den Sozis eine „Regierung der demokratischen Versöhnung“ anbieten und sämtliche Parteien ins Boot holen.

Mit 60 zusätzlichen Ministerposten für je 20000 Euro Gehalt plus Hofstaat und jede Menge Planstellen für weitere Parteisoldaten wären alle bedient und glück­lich. Allerdings würde die noble Geste teuer. Für Straßen, Krankenhäuser oder Bildung könnte das Geld knapp werden. Na ja, dann muß Koch eben vom Bund einen umfassenden Schuldenerlaß und „rasche und unbürokratische Hilfe“ für das leidende hessische Volk einfordern.


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