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14.06.08 / Im Strudel des Hasses / Ehefrau wird Attentäterin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-08 vom 14. Juni 2008

Im Strudel des Hasses
Ehefrau wird Attentäterin

Yasmina Khadra heißt eigentlich Mohammed Moulessehoul und war lange Jahre hoher Offizier in der algerischen Armee. Erst als er 2000 nach Frankreich ins Exil ging, lüftete er sein Pseudonym, unter dem er allerdings immer noch schreibt, da er eben unter jenem Namen vor allem in der arabischen Welt Beliebtheit errang.

„Die Attentäterin“ ist sein neuester Roman, der sich eines sensiblen Themas annimmt. Hauptfigur des Romans ist Amin Jaafari. Obwohl Araber ist er nach Jahren des Kampfes um Anerkennung und Respekt ein angesehener Arzt in Tel Aviv. Nach einem langen Arbeitstag, der von Not-Operationen bestimmt war, nachdem sich ein Selbstmordattentäter in einem Schnell-Restaurant in die Luft gesprengt hat, fällt er erschöpft in seinem schönen Haus in einer ruhigen Gegend der israelischen Stadt ins Bett. Doch dem Arzt ist kein langer Schlaf vergönnt, schon nach wenigen Stunden wird er ins Krankenhaus zurückgerufen. Doch anstatt weiterer Operationen soll der Mitvierziger eine Leiche identifizieren: die seiner Frau. Und nicht nur, daß die bis auf das Gesicht fast völlig zerfetzte Frau in der Leichenhalle wirklich seine seit 15 Jahren angetraute Ehefrau Sihem ist, sie soll auch noch eine Attentäterin sein, bei deren Selbstmordanschlag unter anderem zahlreiche Kinder einer Geburtstagsgesellschaft ums Leben kamen. Amin wird sofort festgenommen, da man nicht glauben will, daß er von den Plänen seiner Frau nichts gewußt hat. Amin Jaafari, der seine Frau bei ihrer Großmutter vermutet hat, kann selbst unter Folter keinerlei Hinweise geben, er selbst ist vollständig schockiert.

Nachvollziehbar schildert der Autor den Zusammenbruch des arabischstämmigen Israelis, der plötzlich von allen Seiten als Feind beschimpft wird. Nur wenige Freunde halten zu ihm, aber auch sie können sich dem gebrochenen Mann nicht nähern. Er ist besessen, will erfahren, wieso seine im Wohlstand lebende, scheinbar nicht religiöse Frau zur Selbst-mordattentäterin werden konnte, ohne daß er etwas bemerkt hat.

Wer jetzt glaubt, die Suche nach der Wahrheit laufe hintergründig und aktionsreich ab, der wird enttäuscht. Der Romanheld Jaafari hat nichts von einem James Bond, offen stellt er den Iman Marwan zur Rede, der angeblich seine Frau Sihem kurz vor ihrer Tat gesegnet haben soll, doch statt Antworten stößt der verzweifelte Witwer auf Ablehnung und Schläger.

Beängstigend stellt der Autor den Niedergang des Arabers dar, der lange dafür gekämpft hat, als Arzt Gutes zu tun. Doch je tiefer seine Einblicke in den palästinensisch-israelischen Konflikt werden, desto tiefer wird er selbst in den Strudel des Hasses gezogen. Beklemmend der gewählte Schluß, der mit Auflösung endet und die Sinnlosigkeit der Auseinandersetzungen desmaskiert. R. Bellano

Yasmina Khadra: „Die Attentäterin“, dtv, München 2008, broschiert, 269 Seiten, 9,90 Euro


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