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21.06.08 / Possendemokratie / Bei Kommunalwahlen in Rumänien kamen Fäuste zum Einsatz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-08 vom 21. Juni 2008

Possendemokratie
Bei Kommunalwahlen in Rumänien kamen Fäuste zum Einsatz
von Ernst Kulscar

Spät in der Nacht zum Montag meldeten die Agenturen das Ergebnis der Stichwahlen zum Oberbürgermeister der Hauptstadt Bukarest und dreizehn weiterer  Großstädte.

In Bukarest hat laut dem Meinungsforschungsinstitut INSOMAR der unabhängige Senator Sorin Oprescu die Stichwahl mit 54,3 Prozent gegen den Kandidaten der Demokratisch-Liberalen Partei, Vasile Blaga (45,7 Prozent), gewonnen. Er löst somit den Liberal-Demokraten Adriean Vidraru ab. Diesem kreiden die politischen Gegner eine Reihe von Versäumnissen und Illegalitäten an. Zwar hat er zahlreiche Straßen in Bukarest modernisiert, dabei mit seinem Betrieb für Bordsteine ein hübsches Sümmchen verdient, dann hat er aus Angst ein von einer britischen Firma entworfenes Projekt ad acta gelegt, das den Verkehr in der Innenstadt ähnlich wie in London gestalten wollte, und schließlich scheiterte auch er an der Unzahl herrenloser Hunde, die in Bukarest zur echten Landplage geworden sind.

Die Wahl der anderen Bürgermeister ist für den deutschen Leser so ziemlich das Letzte, was ihm den Schlaf rauben könnte. Bei den Kommunalwahlen werden in Rumänien die Bürgermeister und die Kreisratsvorsitzenden direkt durch Personenwahl bestimmt, die Mitglieder der Kreis- und Kommunalräte durch Listenwahl. Ein alter Bekannter auch unserer Leser, der Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis, wurde mit mehr als 83 Prozent im Amt bestätigt.

Im Kreis Hermannstadt ist mit Martin Bottesch auch der erste deutsche Kreisratsvorsitzende von landesweit 41 gewählt worden. Das Demokratische Forum der Deutschen stellte auf Landesebene acht im ersten Wahlgang gewählte Bürgermeister. Dennoch war diese erste Kommunalwahl seit Rumäniens EU-Beitritt ein Test, bei dem das Land, wenn auch nicht durchfiel, so doch das Klassenziel weit verfehlte. Hätte das Zentrale Wahlbüro nicht die Wahlen in zwei unweit Bukarest gelegenen Ortschaften, in denen sich Unglaubliches ereignet hatte, annulliert, wären die Kommunalwahlen mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Auch die Rolle des rumänischen Präsidenten Traian Basescu gereichte ihm nicht zu Ehren. Seine Neutralität wurde von der rumänischen Presse offen angezweifelt.

Der Wahlkampf hatte mit großangelegten Bestechungsaktionen seitens aller Parteien begonnen. Zu den orthodoxen Osterfeiertagen mußten die Rumänen keine Ostereier suchen gehen, es wurden ihnen ganze Pakete mit Lammfleisch, Kuchen, Eierkartons und, wie man munkelt, sogar Geld frei Haus geliefert. Und wenn sie noch nicht genug hatten, traten die so Beschenkten auf der Straße in den Kampf um die Geschenke, der mit den Füßen ausgetragen wurde, wobei sich die Leute einander die Kleider vom Leib rissen. Der eigentliche Wahlkampf war ein Schlafmittel, dessen Wirkung allein durch Faustkämpfe mit und ohne Fußtritte abgeschwächt worden ist. Die Wahlslogans waren teils idiotisch, teils obszön. Es soll sogar zu Bestechungen vor laufenden Kameras gekommen sein, das Papier, auf dem die Wahlzettel gedruckt wurden, sei miserabel gewesen, die Tusche sei verlaufen, das Personal der Wahlämter hätte angeblich ernste Interessen an Grundstücken und Häusern der Wahlkreise manifestiert.

Allein in Bukarest wurden 15000 Wahlzettel für ungültig erklärt. Selbst der Premier Calin Popescu Tariceanu gab eine ungültige Stimme ab. Der durch riesige Bestechung seitens der Immobilien-Mafia verursachte Wahlbetrug setzte in Stefanesti und Vidra (Kreis Ilfov) dem ganzen noch die Krone auf. Beim Wahlgang für die Kreisräte vom 1. Juni führte bei einer Wahlbeteiligung von etwas über 30 Prozent die Demokratisch-Liberale Partei mit 28,38 Prozent (425 Mandate), vor den Sozialdemokraten mit 28,22 Prozent (425): Die Ungarn-Partei brachte es auf 89 Mandate. So wird Demokratie zur Posse.


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