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21.06.08 / Glänzender Fabulierer / Schwarz über Springer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-08 vom 21. Juni 2008

Glänzender Fabulierer
Schwarz über Springer

Um es gleich vorweg zu sagen: Dies ist eines der spannendsten und interessantesten Bücher, das dem Rezensenten seit langem untergekommen ist. Keine Frage: Der Autor, der mittlerweile 74jährige Adenauer-Biograph Hans-Peter Schwarz, ist ein glänzender Fabulierer, der anders als viele deutsche Historiker und Politikwissenschaftler die Langeweile nicht ausstehen kann. Und Axel Springer ist eine schillernde Figur, an die 40 Jahre nach „68“ durchaus erinnert werden darf – als positive Gegenfigur zu den damaligen Revoluzzern.

„Anders als Millionen seiner Altersgenossen faszinierten ihn weder die sozialistischen noch die nationalistischen oder die militärischen Komponenten des Dritten Reiches“, schreibt Schwarz über seinen „Helden“. Dies können zahlreiche Gesinnungsakrobaten der literarischen Linken in diesem Land, die über Jahrzehnte zum Beispiel die Tageszeitung „Die Welt“ mit einem Boykott belegten, weil sie angeblich zu „rechts“ war, aber über erhebliche Erinnerungslücken verfügten, wenn es um die eigene Mitgliedschaft in SS oder NSDAP ging, nicht von sich sagen. 

Ein „seltsamer Heiliger“ war aber auch Springer. Und ein Mann der Gegensätze. Frauenheld und Frömmler, Hasenfuß und Kalter Krieger, Israel-Freund und Haß-Figur einer enthemmten Linken, großzügiger Patriarch und gnadenloser Chef, spiritueller Sucher und hedonistischer Dandy – all diese Widersprüche vereinte Springer in einer Person. Schwarz beschönigt nichts, dämonisiert seinen Protagonisten aber auch nicht. Man darf getrost davon ausgehen, daß der Biograph und sein Gegenstand nicht sehr weit voneinander entfernt sind, wenn es um die Wertschätzung für die soziale Marktwirtschaft, die westliche Wertegemeinschaft, die Idee der Freiheit, die Freundschaft zu den Vereinigten Staaten und Israel, die Abscheu gegenüber linken Ideologien und linken Spinnern und Weltverbesserern geht. Es ehrt die Witwe von Axel Springer und den Konzern, daß sie den renommierten Zeithistoriker so ungehindert forschen ließen und bereitwillig Archive öffneten und Interviews gewährten. Eine Auftragsarbeit hätte nie das Niveau dieses Buches erreichen können. Gleichwohl bleiben einige der Springerschen Charakterzüge dem Biographen unverständlich oder sogar zuwider.

Schwarz beleuchtet fair und objektiv die Zeit im „Dritten Reich“, die Springer zwar nicht als Widerstandskämpfer, aber ziemlich anständig hinter sich brachte. Er beschreibt minutiös die Hamburger Gründerjahre, das rasante Wachstum des Verlags, die politische Abwehrschlacht von „Bild“, „Welt“ und Co. in der Frontstadt Berlin, das „rote Jahrzehnt“ von 1967 bis 1977, in denen Springer zum Ziel maßloser Angriffe wurde, und das lange Sterben des nie ganz gesunden Springer in den Jahren 1978 bis 1985. Wo es um private und familiäre Verwicklungen und Schicksalsschläge geht, bleibt Schwarz ganz Gentleman. Er eignet sich nicht zum Voyeur. Ansonsten bevorzugt er die deutlichen Töne und scheut auch nicht davor zurück, manche Torheiten dieses so bedeutenden Mannes beim Namen zu nennen. Genie und Wahnsinn liegen eben oft nah beieinander. Kurzum: Alle 700 Seiten dieses zeitgeschichtlichen Schmökers liest man mit Gewinn und Genuß. Am Schluß nur noch eine Frage: Wann bekommt Deutschland wieder einen so kämpferischen, klugen und erfolgreichen Verleger? Es würde dem Land gut tun. Ansgar Lange

Hans-Peter Schwarz: „Axel Springer – Die Biographie“, Propyläen-Verlag, Berlin 2008, 735 Seiten, 26 Euro


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