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21.06.08 / Als die SPD verboten wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-08 vom 21. Juni 2008

Als die SPD verboten wurde
von Manfred Müller

Nachdem sich die politischen Machtverhältnisse in ungeahnter Weise überschlagen haben, komme ich dem Verbot – der SPD als Mitglied noch weiter anzugehören – zuvor und erkläre hiermit meinen Austritt aus der Partei.“ Dies teilte am 29. März 1933 ein Obersteuersekretär dem SPD-Ortsverein Hannover mit. Ebenfalls an diesem Tage schrieb ein Oberpostsekretär dieser SPD-Organisation: „Die Verhältnisse veranlassen mich, hiermit meinen Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei zu erklären.“

Solche Austrittserklärungen gingen seit Bildung der Regierung Hitler in zunehmendem Maße bei den Ortsvereinen der SPD ein. Diese hatte es in der Weimarer Republik verstanden, zahlreiche Mitglieder und Anhänger im öffentlichen Dienst unterzubringen – in der Hoffnung, auf diese Weise die neue Ordnung zu stabilisieren. Bedingt durch die große Feindseligkeit, mit der die Sozialdemokraten den Nationalsozialismus bekämpft hatten, fürchteten nun zahlreiche SPD-Mitglieder und -Sympathisanten, unter den neuen Machthabern sei ihre berufliche Existenz gefährdet, und distanzierten sich von ihrer Partei.

Viel Haß und Gewalttätigkeit schlug den gedemütigten Sozialdemokraten von ihren siegreichen Gegnern in diesen Tagen entgegen. Diese dachten an die zahlreichen administrativen Behinderungen und Benachteiligungen aus der Weimarer Zeit zurück, auch an die verbalen Feindseligkeiten: „Radaubewegung“, „politische Säuglinge“, „Kloakenfarbige Landsknechte“, „Hakenkreuzvandalen“ und so weiter. Nun wurde – nicht nur verbal – heimgezahlt, und mehr als das.

Im Mai 1933 diagnostizierte das Geheime Staatspolizeiamt Berlin einen Auflösungsprozeß der SPD und stellte fest: „Die Auflösungserscheinungen in der SPD nehmen einen immer schnelleren Verlauf.“ Als Begründung führen die Gestapo-Beamten an: „Die Mutlosigkeit und Verzweiflung der sozialdemokratischen Massen wurde besonders herbeigeführt durch die Flucht der obersten Parteiführer ins Ausland, Loyalitätsbeteuerungen der Unterführer, insbesondere der Hilfs- und Sportorganisationen, Mandatsniederlegungen, Massenflucht sozialdemokratischer Beamter aus der Partei, Auflösung einzelner Ortsgruppen u.a.m.“

Dies ist nur nachvollziehbar, wenn man den NS-Terror gegen die SPD und ihre Organisationen berücksichtigt. Am 21. Juni 1933 holte das NS-Regime zum ultimativen Schlag aus. Per Erlaß wurde der SPD durch Reichsinnenminister Wilhelm Frick jedwede Tätigkeit untersagt. Als eine „staats- und volksfeindliche Partei“ müsse die SPD angesehen werden, sie könne „keine andere Behandlung mehr beanspruchen, als sie von der deutschen Regierung der kommunistischen Partei gegenüber angewandt worden ist“. Bis Ende Juni 1933 wurden rund 3000 Sozialdemokraten, zumeist Abgeordnete und Funktionäre, verhaftet. Fricks Juni-Erlaß traf eine zusammenbrechende Partei. Aber trotz brutalen Zugriffs der NS-Behörden gelang es in den folgenden Jahren nicht, den losen Zusammenhalt kleiner sozialdemokratischer Gruppen völlig zu zerstören. Auch deshalb war nach der NS-Zeit ein Neuanfang möglich.


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