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28.06.08 / Aufreizend offen / Die SPD öffnet sich unverholen für ein Bündnis mit der Linkspartei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-08 vom 28. Juni 2008

Aufreizend offen
Die SPD öffnet sich unverholen für ein Bündnis mit der Linkspartei
von Hans Heckel

Es ist nicht das Ob, sondern das  Wie, das frappieren kann: Mit aufreizender Offenheit marschieren die SPD-Linken durch das Tor zum Bündnis mit der Linkspartei, das ihnen Parteichef Kurt Beck Anfang des Jahres aufgestoßen hat. Die hilflosen Proteste meist schon älterer oder gar abtretender Spitzenfunktionäre vom gemäßigten Lager der Sozialdemokratie werden die Gefolgsleute der stellvertretenen SPD-Chefin Andrea Nahles nur noch darin bestärken, daß sie auf der Siegerstraße sind im parteiinternen Richtungskampf.

„Nichts besonderes“ sei das zweistündige Treffen der SPD-Bundestagsparlamentarier Niels Annen, Christine Lamprecht und Frank Schabe mit den Linke-Abgeordneten Jan Korte und Barbara Höll, dem früheren Berliner PDS-Chef Stefan Leibich und Parteivize Halina Wawtyniak gewesen, reagierten die linken Sozialdemokraten fast gelangweilt auf den Wirbel, den das links-linke Gespräch ausgelöst hatte.

Organisiert wurde das Treffen durch Angela Marquardt. Die Ex-Vizechefin der PDS und zeitweilige PDS-Bundestagsabgeordnete war 2003 aus der PDS aus- und kürzlich in die SPD eingetreten. Heute arbeitet sie für SPD-Vize Andrea Nahles und ist Geschäftsführerin der „Denkfabrik“ linker SPD-Abgeordneter.

An der Person Marquardt ist an sich schon abzusehen, wie weit die rot-rote Kooperation schon gereift ist. 1999 schrieb sie zur „BRD“: „Sie will mich nicht, und ich will sie auch nicht.“ In die SPD sei sie eingetreten, um dort die linken Kräfte zu stützen, räumt Marquardt freimütig ein.

Die im „Seeheimer Kreis“ zusammengeschlossenen „rechten“ SPD-Abgeordneten fühlen sich verschaukelt. Noch kurz nach dem rot-roten Treffen hatten sie mit den SPD-Linken feierlich eine Art Waffenruhe vereinbart, die auch darin bestand, sich nicht weiter zu hintergehen. Nun erfuhren sie aus der „Zeit“, daß ihre linken Parteifreunde kurz zuvor und ohne es ihnen zu sagen mit der Linkspartei auf Fühlung gegangen waren. „Die Parlamentarische Linke (in der SPD) sabotiert die Arbeit von Struck, Steinmeier und Beck“, beschwerte sich der Chef der „Seeheimer“, Johannes Kahrs. Für Fraktionschef Peter Struck mag das stimmen, doch der ist ein parlamentarisches Auslaufmodell. Finanzminister Peer Steinbrück gilt als weithin isoliert und hat in Hinblick auf die Zerschlagung der „Agenda 2010“ letztlich doch jede Kröte geschluckt. Und SPD-Chef Kurt Beck? Den dürften die Linken als ihren (gar nicht mehr so heimlichen) Verbündeten verbuchen. Geradezu selbstlos ruiniert Beck zwar seine eigene Vertrauenswürdigkeit, indem er das Offensichtliche scheinbar beharrlich dementiert. Durch seine auf den zweiten Blick durchaus zweideutigen Dementis zu der Möglichkeit von Rot-Rot auf Bundesebene ebnet er der SPD-Linken jedoch in Wahrheit den Weg. Während er die Kritik auf sich zieht, können Nahles und Co. umso unverblümter an ihrem Projekt arbeiten und darauf setzen, daß sich die Deutschen rechtzeitig vor der Bundestagswahl an Rot-Rot gewöhnt haben werden. Daß Angela Marquardt für Nahles quasi als institutionelle Nahtstelle fungiert, sprich Bände: In ihrer PDS-Zeit tat sich die heute 36jährige als besonders verbissene Radikale hervor.

Schützenhilfe leistet dabei weiterhin Gesine Schwan. Die SPD-Präsidentschaftskandidatin, die ohne Linkspartei-Stimmen keine Chance hätte, tat erst vergangenen Sonntag wieder kund, daß sie eine Annäherung der SPD an die Gysi-Lafontaine-Partei für möglich – sprich: für wünschenswert – halte.

Aber läuft die SPD mit diesem Kurs nicht ins Abseits? Vordergründig betrachtet widerspricht der konsequente Weg der SPD nach ganz links der alten bundesrepublikanischen Regel, daß „Wahlen in der Mitte gewonnen werden“.

Das galt über Jahrzehnte, aber gilt es noch? Jene Mitte war bevölkert von einer Mittelschicht, die von Aufstiegswillen und Aufstiegserwartung geprägt war. Jene, die fürchteten, nicht ihrer Leistung entsprechend am wachsenden Wohlstand beteiligt zu werden, stellten dabei die klassische SPD-Wählerschaft. Sie wollten sozialen Ausgleich, sie wollten sich dabei aber auf keinen Fall den Karriereweg nach oben verbauen lassen. Die Balance zu halten zwischen Sozialstaat und Leistungsgesellschaft, das forderten sie von „ihrer“ SPD.

Diese Mittelschicht ist heute eher von grassierender Angst vor dem Abstieg geplagt. Jetzt fordert sie immer weniger Freiheit zur Entfaltung als Schutz vor dem Absturz. Umfragen ergeben einen rapiden Ansehensverlust der Sozialen Marktwirtschaft. Eine derart verunsicherte Mittelschicht will die Linke in der SPD ansprechen mit dem Versprechen von umfassender staatlicher Fürsorge. Damit könnte sie bei mehr und mehr Menschen auf dankbare Zustimmung treffen, denn die Spätfolgen von Sozialismus interessieren angesichts von akuter perönlicher Existenzangst nur wenige.

Foto: SPD-Vize Andrea Nahles: Will die Deutschen an Rot-Rot gewöhnen


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