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28.06.08 / Aus der Rolle gefallen / Ältere Männer sollten Klischee-Vorstellungen überdenken und eigene Wünsche erkennen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-08 vom 28. Juni 2008

Aus der Rolle gefallen
Ältere Männer sollten Klischee-Vorstellungen überdenken und eigene Wünsche erkennen
von Anja Schäfers

Jeder Mensch geht mit dem Älterwerden anders um. Ganz unterschiedlich reagieren wir zum Beispiel darauf, daß unsere körperlichen Kräfte nachlassen oder das Rentenalter bevorsteht. „Wie wir solche Veränderungen erleben, hängt auch vom Geschlecht ab“, sagt Insa Fooken, Psychologieprofessorin an der Universität Siegen. Dabei machen uns vor allem Klischee-Vorstellungen, wie Männer und Frauen sein sollten, das Leben schwer. „Traditionelle Rollenmuster lassen vor allem Männer unnötig an den Begleiterscheinungen des Alters leiden“, sagt Fooken.

Häufig wird Männlichkeit etwa von körperlicher Stärke oder der Beherrschung der eigenen Gefühle abhängig gemacht. „Wenn man sich ausschließlich über solche Werte definiert, erlebt man das Alter als Bedrohung“, erläutert die Psychologin. Einige Männer gehen zum Beispiel trotz Beschwerden nicht rechtzeitig zum Arzt, weil sie körperliche Gebrechen vor sich und anderen nicht zugeben mögen. Hier wäre es angebracht, das eigene Rollenverständnis zu hinterfragen. Wer sich klar mache, daß auch Männer Schwäche zeigen dürfen, dem falle es leichter, zum Arzt zu gehen oder andere um Hilfe zu bitten.

Damit Männer überhaupt aus der Rolle fallen können, sollten sie mögliche Unterschiede zwischen fremden Erwartungen und eigenen Bedürfnissen erforschen. Viele ältere Motorradfans zum Beispiel suchen Grenzerfahrungen und haben Spaß am Fahren. „Sie sollten weitermachen, solange sie geistig und körperlich dazu in der Lage sind“, sagt Fooken. Bedenklich sei aber, wenn man nur deshalb auf das Motorrad steige, um jung zu wirken oder andere Leute zu beeindrucken. Ähnliches gelte für viele Lebensbereiche.

„Zufriedenheit im Alter bedarf vieler Balanceakte“, sagt Eckart Hammer, Autor des Buches „Männer altern anders“. Dies lasse sich etwa daran erkennen, wie man mit den schwindenden Kräften seines Körpers umgehe. Einerseits sollte man Sport treiben, um sich seine Fitneß und Beweglichkeit möglichst lange zu erhalten. Andererseits müsse man sich auch damit abfinden, daß man nicht mehr alles machen könne. „Oft lassen sich neue Wege finden, um weiterhin Spaß an der Bewegung und Freude am eigenen Körper zu haben“, sagt Hammer.

Auch der Berufsausstieg kann Männern große Probleme bereiten. „Denn bei vielen bestimmte vor allem der Job den Lebensrhythmus und brachte Anerkennung und soziale Kontakte“, erläutert der Professor an der Evangelischen Fachhochschule in Ludwigsburg. Um die Zeit des Ruhestandes auszufüllen, würden vage Ideen wie „ich mache das, wozu ich vorher nicht gekommen bin“ nicht ausreichen. Schon während des Berufslebens sollte man deshalb nach konkreten Projekten suchen, die man in der Rentenzeit anpacken wolle.

Es hätte sich gezeigt, daß ein Hobby oder gelegentliche Reisen für einen zufriedenen Lebensabend meist nicht ausreichen. „Wir müssen Bedeutung für andere Menschen haben“, sagt Hammer. Daher sollte man sich zum Beispiel eine ehrenamtliche Aufgabe in der Nachbarschaft suchen oder sich regelmäßig um seine Enkel kümmern. „Nach der Pensionierung müssen sich viele Männer ohnehin einen neuen Platz in der Familie suchen“, berichtet der Autor. Alle Beteiligten sollten sich auf eine Übergangszeit von etwa einem Jahr und etliche Krisen gefaßt machen.

„Auch in der Paarbeziehung gilt es, sich neu aufeinander einzulassen“, sagt Hammer. Die Partner müssen beispielsweise ihre Bedürfnisse miteinander besprechen und die Aufgabenbereiche in Haushalt oder Familie neu abstecken. Dazu gehört etwa, daß sich nicht nur die Frau um die sozialen Kontakte des Ehepaares kümmert. Männer können nur davon profitieren, wenn sie selbst zum Beispiel ihre Schwester zum Geburtstag anrufen oder ein Geschenk für das Enkelkind besorgen.

In der heutigen Seniorengeneration herrscht häufig noch die traditionelle Rollenverteilung vor. „Nach ihrer Pensionierung werden diese Männer dann in ein maßgeblich von Frauen gestaltetes Privatleben entlassen“, sagt Insa Fooken. Auch viele Freizeitangebote für diese Altersgruppe würden überwiegend von Frauen angenommen. Männer sollten sich daher unbedingt Kreise suchen, in denen sie auf andere Männer treffen. Wichtig sei zudem, daß die Partner nicht alles gemeinsam machen. Sie sollten auch unabhängig voneinander aktiv werden und eigene Lebensbereiche pflegen.

„Die Männerrolle hat sich in unserer Gesellschaft stark verändert“, berichtet die Psychologieprofessorin. Daher hätten nachwachsende Generationen ganz andere Chancen, mit dem Altern umzugehen, als heutige Senioren. „Wie ich alt werde, ist eine frühe Entscheidung“, sagt Eckart Hammer. Er schlägt vor, daß Männer den für sie meist als einschneidend erlebten 50. Geburtstag für einen Perspektivwechsel nutzen.

Foto: Spaß am Fahren: Ältere Motorradfans suchen oft die Grenzerfahrung auf zwei Rädern.


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