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28.06.08 / China ist besser als sein Ruf / Georg Blume berichtet von positiven Entwicklungen im Reich der Mitte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-08 vom 28. Juni 2008

China ist besser als sein Ruf
Georg Blume berichtet von positiven Entwicklungen im Reich der Mitte

Erneut hat die Hamburger Körberstiftung einen neuen, interessanten Titel unter der Rubrik „Standpunkte“ herausgebracht. Ziel ist es, durch jene „unbequemen Einsichten“ den Blick auf ein Thema mal von einer anderen, gerade nicht im „Trend“ liegenden Seite aus zu richten.

Dieses Mal ist es China, das von Georg Blume behandelt wird. Blume, Auslandkorrespondent für die linke „taz“ und die Wochenzeitung „Die Zeit“, lebt seit 1997 in Peking. „China ist kein Reich des Bösen – Trotz Tibet muß Berlin auf Peking setzen“ lautet seine provozierende These, die derzeit gar nicht in das allgemein publizierte Bild von China paßt. Daß der Autor kein leichtgläubiger Gutmensch ist, hat er bereits bewiesen, denn 2007 erhielt er den Liberty Award für seine Reportagen über Menschenrechtsverletzungen und Umweltskandale in China. Also kennt der Autor die tiefsten Abgründe dieses Riesenreiches, trotzdem empfindet er Bewunderung für das Land.

Angela Merkels China-Politik hält er für falsch. Das Land nur als Verletzter von Menschenrechten und Patentschutz zu sehen, sei viel zu vereinfachend. Auch müsse die Welt zumindest derzeit keine Angst vor China haben, denn China braucht die Märkte der Welt, um seinen Menschen den Wohlstand zu liefern, den diese inzwischen erwarten.

Blume klagt an, daß nirgendwo in den deutschen Medien darüber informiert würde, daß die Chinesen das optimistischte Volk der Welt seien. 76 Prozent glaubten, daß die Welt in fünf Jahren für sie eine bessere ist. Ja, aus europäischer Sicht ist es unfaßbar, daß manche Chinesen sich in China sieben Tage die Woche für umgerechnet 100 Euro den Rücken krumm arbeiten, auf dem Gelände ihres Arbeitgebers nächtigen und keine Privatsphäre haben. Gleichzeitig sei das für die meisten dieser Wanderarbeiter schon ein riesen Schritt Richtung Freiheit und Selbstbestimmung. Es mag aus europäischer Sicht merkwürdig anmuten, doch für die Menschen, die dem feudalistisch geprägten Bauerntum entkommen sind und jetzt als Wanderarbeiter ihr Dasein fristen, sei dies schon Wohlstand, der durch Gesetze vom Staat jetzt auch noch mit Arbeitnehmerrechten versehen wird. Seit diesem Jahr haben nämlich die 800 Millionen chinesischen Arbeiter ein Recht auf einen Arbeitsvertrag, in dem bestimmte Bedingungen geregelt sind, so daß ab sofort der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft Grenzen gesetzt wird.

Georg Blume meint, daß man ein 1,4-Milliarden-Menschen-Reich, das über Jahrzehnte extrem kommunistisch geprägt war, nicht von heute auf morgen an die westliche Zivilisation anpassen könne. Natürlich gebe die kommunistische Partei ihre Macht sehr ungern aus den Händen, trotzdem würde man merken, daß China die Richtung hin zur Demokratie einschlüge. Das Land habe seit dem Tod von Deng Xiaoping den Schritt von der willkürlichen Alleinherrschaft hin zur funktionierenden Alleinherrschaft geschafft. Bereits seit zehn Jahren dürften Bürgermeister  frei gewählt werden und Todesstrafen dürften nur noch von Richtern und nicht mehr von Parteifunktionären ausgesprochen werden. In den letzten zehn Jahren sei die Zahl der Privatunternehmen von 900000 auf 4,9 Millionen gestiegen, für Georg Blume ist dies ein Anzeichen dafür, daß die Kommunistische Partei akzeptiert, nicht mehr überall mitzumischen. Die Menschen, die immer selbstbewußter und offener würden, erwarteten von ihrer Regierung in Peking, daß sie sich für die Steigerung des Wohlstandes einsetzt. Diese Erwartung zu erfüllen sei die Pflicht der Kommunistischen Partei. Bisher käme es nur vereinzelt zu Unruhen, aber es zeichne sich ab, daß in baldiger Zukunft die Chinesen sich eine eigene Arbeiterbewegung schaffen, die ihre Interessen durchsetzt. Zudem gäbe es laut Blume nicht mehr unendlich viele Arbeitskräfte in dem Land, so daß die Position der Arbeiter aufgrund von Verknappung der Arbeitskräfte sich verbessern wird. Bedauerlicherweise würden jene positiven Entwicklungen in den deutschen Medien von Konflikten wie derzeit in Tibet überschattet werden. Zwar sei das, was in Tibet geschieht, dramatisch, allerdings gäbe es auch Kritik an der Politik des Dalai Lamas, die in Deutschland vor lauter Mitleid mit den Tibetern in den Hintergrund gerate, so Blume. So sei es kein Wunder, daß die kommunistischen Chinesen das medienwirksame Hollywood-Gebaren des geistlichen und aus Sicht der Chinesen fatalerweise ja auch politischen Oberhauptes der Tibeter nicht in Gesprächsstimmung versetze.

Der Autor provoziert mit der These, daß Deutschland auf China zugehen sollte, um das Land mit deutschem Wissen, Rechtswesen und deutscher Gesellschaft vertraut zu machen. Da die Deutschen in China einen guten Ruf haben, könnten sie helfen, die im Aufbruch befindliche Gesellschaft zu prägen und so aus dem Konkurrenten in vielen Dingen einen Partner zu machen.       R. Bellano

Georg Blume: „China ist kein Reich des Bösen – Trotz Tibet muß Berlin auf Peking setzen“, Körber, Hamburg 2008, kartoniert, 104 Seiten, 10 Euro


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