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05.07.08 / Dem Fett zu Leibe rücken / Mit einem Aktionsplan will die Bundesregierung dicken Deutschen ihr Übergewicht abtrainieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-08 vom 05. Juli 2008

Dem Fett zu Leibe rücken
Mit einem Aktionsplan will die Bundesregierung dicken Deutschen ihr Übergewicht abtrainieren
von Mariano Albrecht

Schokoladensteuer, Fett-Abgabe oder kalorienabhängige Verbraucherpreise auf alles, was dick macht? Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wollen den Übergewichtigen die Lust auf Fettes und Süßes nehmen. Ein Aktionsplan soll dafür sorgen, daß bis 2020 der Trend zum Pummelchen ins Gegenteil umgekehrt wird. Drohen uns nun Pommes-Verbot und reglementierte Schokoladenabgabe?

Die Deutschen sind zu rund, 37 Millionen Erwachsene und rund zwei Millionen Kinder sind zu dick oder leiden unter krankhaftem Übergewicht, heißt es. Die Behandlung von Krankheiten, die durch falsche Ernährung oder zuwenig Bewegung verursacht werden, koste im Jahr rund 70 Milliarden Euro, erklärt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Nun sind die meisten Maßnahmen, die aus dem Schmidt-Ministerium kommen, mit Kosten und Verboten für den Bürger verbunden.

Stichwort Rauchen: Nach einer Aussage des CDU-Europaabgeordneten Karl-Heinz Florenz belasten die Folgen des Tabakrauchens die Gesundheitssysteme mit jährlich 50 Milliarden Euro. Damit kommen die Raucher den Staat noch zwei Milliarden Euro günstiger als die Übergewichtigen. Um den Tabakkonsum zu reduzieren, ist die Regierung mit hohen Steuern und Rauchverboten dem Übel zu Leibe gerückt. Mit mäßigem Erfolg. Das Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen wird umgangen und die hohen Zigarettenpreise werden durch Änderung des Rauchverhaltens, etwa durch das Selbstdrehen von Glimmstengeln, kompensiert. Versuche, die Tabakindustrie, etwa mit Werbeverboten und Beteiligung an den Gesundheitskosten, in den Kampf gegen das Rauchen einzubeziehen, kamen nicht zum Zug.

Ist es im besten Fall medienwirksamer Aktionismus, der Ulla Schmidt und Horst Seehofer treibt?

Verbraucherschützer fordern eine sogenannte Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln. Kunden sollen so Kalorienbomben auf den ersten Blick erkennen. Fett-, zucker- und kalorienarme Produkte sollten nach Ansicht der Verbraucherschützer europaweit verständlich mit einem Grünen Symbol gekennzeichnet werden, während Grenzwertiges oder gar sogenannte Kalorienbomben in Gelb oder Rot kenntlich gemacht werden könnten. Doch damit tut sich die Politik schwer, denn die Industrie sträubt sich gegen diese „Kauf-mich“- oder „Kauf-mich-nicht“-Etikettierung ihrer Produkte. Und so lavieren Seehofer und Schmidt zwischen den Lobbyisten aus der Lebensmittelindustrie und redlichem Bemühen, gegen die Pfunde vorzugehen.

Der Plan ist schwammig. So will die Regierung mit der Süßwarenindustrie über einen freiwilligen Verhaltenskodex sprechen. Der soll zum Beispiel beinhalten, daß diese auf Werbung für Kinder unter zwölf Jahren verzichtet. Liest sich die Werbung dann so? „Kinderschokolade – aber nur für Große!“ Oder gibt es dann nur noch „Elternschokolade“? Die Computerindustrie soll mehr Spiele mit Bewegungsaktivitäten auf den Markt bringen.

Bürokratische Monstren versprechen auch die flächendeckenden Kompetenzzentren für Bewegungsförderung zu werden, die Bund und Länder bis 2015 einrichten wollen. Eine satte Weide für neue, Fördergelder verschlingende Beratungsvereine. Sie sollen Schulen, Kitas, Betrieben, Vereinen und Fitneßzentren helfen, mehr Sport- und Bewegungsangebote zu schaffen. Statt in die Weiterbildung des dort beschäftigten Personals zu investieren, werden neue Verwaltungsblasen aus dem Boden gestampft. Gesunde Ernährung beginnt im Elternhaus und somit bei der „Erziehung“ und Bildung junger Eltern.

So wäre es zum Beispiel sinnvoll, in vorhandenes zu investierten. Zum Beispiel in die sogenannten „Mutter und Kind Zentren“ oder „Elternschulen“. Auch Einrichtungen der Jugendhilfe und Jugendämter könnten in den Aktionsplan einbezogen werden. Alles nur Sommertheater?

Verbraucherschutzminister Horst Seehofer versichert, es gehe nicht darum, die Menschen mit Ge- und Verboten zu gängeln. Mann wolle ein gesundes Lebensumfeld schaffen. So lobenswert wie der Vorsatz auch scheint, ohne Mitwirkung der Eltern und der Industrie, mit zum Beispiel aussagefähigen Verpackungsaufschriften oder klaren Grenzwertvorgaben für dickmachende Zusatzstoffe wird das Aktionsprogramm wohl zum zahnlosen Tiger mutieren.

Foto: Selten werdender Anblick: Schlanke und gelenkige Kinder beim Turnen. Der Bund will nachhelfen.


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