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12.07.08 / Er macht sein eigenes Ding / Präsident Sarkozy ist seit 1. Juli EU-Ratspräsident – Frankreich plant Europa-Paß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-08 vom 12. Juli 2008

Er macht sein eigenes Ding
Präsident Sarkozy ist seit 1. Juli EU-Ratspräsident – Frankreich plant Europa-Paß
von Jean-Paul Picaper

Europäische Politiker müssen Fortune haben“, hätte bestimmt Friedrich der Große gesagt, hätte er am späten Abend des 2. Juli Nicolas Sarkozys Erklärung zu der Befreiung von Ingrid Betancourt im französischen Fernsehen sehen können. An diesem Abend schwebte der französische Präsident im Glück. „Es war Weihnachten im Juli“, kommentierte ein Beobachter. Der Franzose konnte keine bessere Nachricht am zweiten Tag seiner EU-Präsidentschaft empfangen.

Man muß sich vergegenwärtigen, daß alle europäischen Auguren unkten, daß das irische Nein vom 12. Juni zum modifizierten Lissabonner Vertrag Sarkozys Ratspräsidentschaft torpedieren würde. Einige Scharmützel zwischen Paris und Brüssel ließen schon Schlimmes ahnen. Aber ein Engel kam, er hieß Ingrid, und die Tristesse war verflogen. Sarkozy hat es verstanden, aus ihrer wundersamen Rettung durch die kolumbianische Armee ein politisches Glanzstück für sich selbst zu machen. Hat ihm die Umarmung durch diese moderne Johanna von Orléans die psychische Kraft verliehen, den europäischen Karren aus dem Schlamm zu ziehen?

Was will eigentlich Nicolas Sarkozy während seiner Amtszeit als EU-Ratspräsident tun? Am 13. Juli, einem Tag vor dem großen Aufmarsch der Truppen auf den Champs-Elysées in Paris anläßlich des Nationalfeiertages, wird er europäische, arabische und sonstige Politiker in Paris versammeln, um ihnen sein Projekt einer Union für das Mittelmeer vorzustellen. Die Wahl dieses Datums ist kritisiert worden. Vielleicht macht es die Sache noch zu bombastisch. Rom und Madrid machen zwar mit, aber sie sind bei weitem nicht so enthusiastisch wie Paris. Vielleicht wird der Teilnehmerkreis nicht vollständig sein. Ob die Syrer und Israelis kommen, ist zum Beispiel fragwürdig. Algerien und Libyen, Ägypten und Marokko werden wohl dabei sein.

Jedenfalls sind die Spannungen, die die großsprecherische Ankündigung dieses Projektes insbesondere auf deutscher Seite ausgelöst hatte, etwas zurückgegangen. Ei-nerseits soll die Mittelmeerunion nicht als ein Konkurrenzunternehmen zur EU aufgebaut werden. Andererseits wird sie nicht mehr nur auf Anrainerstaaten des „Mare Nostrum“ beschränkt sein, sondern ein Mittelmeer „von Afrika bis zum Nordkap“ werden. Man wird ihr aber kaum Institutionen geben.  Sie wird wohl hauptsächlich aus gemeinsamen Initiativen wie die Bekämpfung der Verschmutzung des Mittelmeeres und der Meerwasserentsalzung zu landwirtschaftlichen Zwecken bestehen.

Monate vor dem Auftakt seiner EU-Präsidentschaft hatte Sarkozy die beiden „Alains“, Alain Lamassoure und Alain Juppé, beauftragt, eine neue Europa-Politik zu entwerfen. Wahrscheinlich wird der ehemalige Europa-Minister Lamassoure im Jahr 2009 die französische Europawahlliste führen, da der ehemalige Außen- und Premierminister Juppé seinen Wählern versprochen hat, sein Amt als Bürgermeister von Bordeaux nicht aufzugeben. Lamassoures machte neulich im französischen Fernsehen deutlich, daß Sarkozy „ein Europa für die europäischen Staatsbürger“ schmieden möchte. Er bemängelte, daß Europa für die Wirtschaft und für die Unternehmen aufgebaut worden sei, daß man die Menschen aber links liegengelassen habe.

Lamassoure hat zur Konkretisierung der EU-Staatbürgerschaft einen interessanten Vorschlag gemacht. Früher waren deutsche Pässe grün und französische blau. Jetzt haben alle europäischen Nationalpässe die Farbe „bordeaux“. „Bordeaux“, so nennt man die dunkelrote Farbe, die sichtbar wird, wenn man eine Flasche Rotwein aus der Region des Hafens am Atlantik vor die Sonne hält.

Die gemeinsame Zugehörigkeit zur EU soll aber bald noch deutlicher werden. Es wird „einen europäischen Bürgerausweis, eine Art europäischen Paß“ geben, versprach Lamassoure. Der Besitz eines europäischen Ausweises, meinte er, soll das persönliche Verhältnis eine jeden Bürgers Europas mit der EU festigen. Wie die Währung ist der Ausweis ein Gegenstand des täglichen Bedarfs.

Foto: Willkommen: Sarkozy nutzte Ingrid Betancourts Befreiung, um vom Lissabon-Vertrag abzulenken.


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