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19.07.08 / Die Wurzeln liegen in der Verbannung / Die Ausweisung wurde erst in der NS-Zeit reichsweit einheitlich geregelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-08 vom 19. Juli 2008

Die Wurzeln liegen in der Verbannung
Die Ausweisung wurde erst in der NS-Zeit reichsweit einheitlich geregelt
von Manuel Ruoff

Die Ausweisung ist aus der Verbannung oder Rechtloserklärung hervorgegangen. Noch im Jahre 1804 ist in Baden eine neue Verordnung in Kraft getreten, in der alle fremden steck-brieflich gesuchten Landstreicher für „rechtlos“ erklärt und für ihre Ergreifung respektive Einbringung – egal ob tot oder lebendig – Kopfgelder ausgesetzt wurden. Allerdings handelt es sich bei dieser Bestimmung zu dieser Zeit bereits um eine Ausnahme.

Gemeinhin begnügten sich die einschlägigen Regelungen nach der Französischen Revolution mit der Androhung von Gefängnisstrafen, um der Ausweisung Nachdruck zu verleihen. Neben der Ausweisung der als lästig eingeschätzten Ausländer durch die Landespolizeibehörden wiesen zu jener Zeit die Gerichte ausländische Straftäter als Nebenstrafe aus. Am strengsten war eine Regelung Bayerns aus dem Jahre 1813, gemäß der jeder straffällig gewordene Ausländer nach der Verbüßung der Strafe das Land zu verlassen hatte. Spätere Strafgesetzbücher beschränkten die Ausweisung auf schwere Straftaten, bei denen eine besondere Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit oder Sittlichkeit zu fürchten war. Preußen wurde dabei seiner Rechtsstaatstradition einmal mehr gerecht. Für alle potentiellen ausländischen Kriminellen vorher einsehbar, wurden im Strafgesetzbuch von 1851 die Straftatbestände penibel aufgezählt, die eine Ausweisung zur Folge hatten.

Preußens Ausländerfreundlichkeit beschränkte sich nicht auf rechtschaffene Migranten. So war es ab 1932 das erste Reichsland, das die staatliche Ausweisungsbefugnis von dem Zeitraum abhängig machte, den der Verurteilte bereits im Land verbracht hatte. Bei zehn Jahren Aufenthalt im Reichsgebiet, ohne der öffentlichen Fürsorge zur Last zu fallen, hatte der Gesetzesbrecher keine Ausweisung zu befürchten. Bei fünf Jahren war das staatliche Ausweisungsrecht bereits beschränkt. Daneben hatte in Härtefällen eine Ausweisung grundsätzlich zu unterbleiben.

Seit der Reichsgründung 1871 existierte ein gemeinhin als unbefriedigend empfundener Dualismus von Reichs- und Landesverweisungen. Nachdem die Reichsländer nach der „Machtergreifung“ ihre Staatlichkeit verloren hatten, wurde mit dem Gesetz über Reichsverweisungen ein für das gesamte Gebiet des Deutschen Reiches einheitliches Ausweisungsrecht geschaffen. Während dieses Gesetz von 1934 noch stark von der preußischen Ausländerpolizeiverordnung aus dem Jahre 1932 und damit der Weimarer Zeit geprägt war, atmete die 1938 reichsweit in Kraft tretende Ausländerpolizeiverordnung eher nationalsozialistischen Geist. Gemäß dieser Reichsverordnung verwirkte ein Ausländer aus Gründen der Strafrechtspflege sein Aufenthaltsrecht, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt war oder seinetwegen durch rechtskräftige Entscheidung einer Behörde eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung oder die Unterbringung in einer Fürsorge-Erziehungsanstalt angeordnet worden war. Eine Sonderrechtsstellung der Ausländer mit langjährigem Inlandsaufenthalt oder der ausländischen politischen Flüchtlinge war in dieser Verordnung nicht mehr vorgesehen.


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