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19.07.08 / Neues Schiffsmuseum der Superlative / Peter Tamms maritime Privatsammlung die – umfangreichste ihrer Art der Welt – ist endlich der Öffentlichkeit zugänglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-08 vom 19. Juli 2008

Neues Schiffsmuseum der Superlative
Peter Tamms maritime Privatsammlung die – umfangreichste ihrer Art der Welt – ist endlich der Öffentlichkeit zugänglich
von Angelika Fischer

Hamburg hat ein neues Seezeichen: Mit der Eröffnung des Internationalen Maritimen Museums Hamburg (IMMH) hat die Seefahrtsgeschichte eine neue Heimat erhalten, und zwar genau dort, wo das Herz der Hansestadt schlägt: mitten im Hafen, in der Speicherstadt, im historischen Kaispeicher B. Es beherbergt die Sammlung Peter Tamm, die mit weit über 40000 Exponaten größte Sammlung maritimer Kostbarkeiten weltweit. Gemeinsam mit Bundespräsident Horst Köhler und Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust konnte Professor Peter Tamm am 25. Juni 2008 im Beisein von 800 geladenen Ehrengästen das rote Band durchtrennen und sein Lebenswerk der Öffentlichkeit präsentieren.

„Ich habe einen Fehler gemacht in meinem Leben – ich habe angefangen zu sammeln“, hatte Tamm im Vorfeld der Eröffnung augen­zwinkernd den von nah und fern angereisten Journalisten gestanden. Es habe sich entwickelt wie bei einer Lawine: Ganz klein fing es an, mit einem Mini-Schiffsmodell, das ihm seine Mutter vor über 70 Jahren, als er krank im Bett lag, geschenkt hatte. Es kostete damals 50 Pfennige. Tamms Fazit: „Heute sehen wir, was aus 50 Pfennigen so alles werden kann …!“

Geworden ist daraus die weltweit größte maritime Privatsammlung. Sie wurde nun in eine Stiftung überführt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die neun Ausstellungs-Decks im ältesten erhaltenen Speicher Hamburgs beherbergen rund 1000 Großmodelle und 36000 Miniaturmodell, 5000 Gemälde, Grafiken und Aquarelle sowie zahlreiche weitere Exponate – Bücher, Atlanten und Seekarten, Konstruktionspläne, Filme und Fotos. Sie erzählen von Entdeckern und Eroberern, von berühmten Kapitänen und einfachen Seeleuten – eine Expedition durch 3000 Jahre Menschheitsgeschichte. Der Besucher entdeckt auf seinem Rundgang neue Horizonte. Er spürt die Verlockung ferner Ufer und Länder, erlebt, wie die Natur den Menschen herausfordert und ihm seine Grenzen aufzeigt. Und er erkennt, wie Neugier und Forschergeist, aber auch Eroberungswillen und Machtstreben die Entwicklung der Seefahrt immer weiter vorangetrieben haben.

Dabei hat jedes der neun Decks einen eigenen Themenschwerpunkt, der chronologisch präsentiert wird. Am Anfang war das Meer – also empfängt die See den Besucher auf Deck 1 – als Film, als Gemälde und als Dichtung – die Reise kann beginnen! Eigens für das Museum angefertigte Büsten erinnern an die wichtigsten Entdecker wie Vasco da Gama, Ferdinand Magellan, Christoph Columbus und James Cook. Besonders kostbar: Ein Exemplar des „Atlantis Majoris“ aus dem Jahr 1657, des ersten in den Niederlanden gedruckten Meeresatlasses.

Deck 2 steht unter dem Motto „Schiffe unter Segeln“: Anhand ausgewählter Modelle läßt sich die Entwicklung verfolgen – von phönizischen Galeeren und römischen Trieren über die Drachenboote der Wikinger, die Koggen der Hanse bis hin zu den letzten kommerziellen Segelschiffen, den berühmten Windjammern. Im Bereich der Kap Horniers zeigt ein Film, wie abenteuerlich es auf den Fahrten um das gefürchtete Sturmkap zuging. Und auch den berüchtigten Piraten, die bis heute ihr Unwesen treiben, ist ein Kapitel gewidmet. Besonders spektakulär: Im Luftraum, der Deck 2, 3 und 4 verbindet, schwebt das Großmodell der „Wapen von Hamburg III“. Mit rund vier Metern Länge ist das Modell des Konvoischiffes aus dem 18. Jahrhundert das größte Schiffsmodell des Museums. Es hängt vor der vergrößerten Reproduktion des Gemäldes „Schwere See im Atlantik“ von Johannes Holst, das ein paar Schritte weiter auch im Original zu bewundern ist.

Deck 3 ist der Geschichte des Schiffbaus gewidmet – vom ausgehöhlten Baumstamm bis zum heutigen modernen Schiffbau. Deck 4 entführt ins Zeughaus der Geschichte: Fast 60 lebensgroße Figuren tragen historische Uniformen, Kopfbedeckungen, Blank- und Schußwaffen sowie Ehrenzeichen und Orden. Dabei ist die Sicht darauf keineswegs unkritisch: „Was ist ein Orden? Ein kostensparender Gegenstand, der es ermöglicht, mit wenig Metall viel Eitelkeit zu befriedigen“, wird der französische Politiker und Friedensnobelpreisträger Aristide Briand zitiert.

Deck 5 steht unter dem Motto „Krieg und Frieden“. Es legt Zeugnis ab von den Materialschlachten, als welche die Kriege zur See seit der industriellen Revolution geführt werden. Sicher der Teil der gesamten Ausstellung, der am meisten zum Nachdenken anregt.

Deck 6 widmet sich der Handels- und Passagierschifffahrt und lädt zum Träumen ein: Goldverziertes Geschirr und feinstes Silberbesteck der „Auguste Victoria“ lassen den Luxus erahnen, den einst die Gäste der Hapag-Reederei genossen. Kabinenmodelle heutiger 5-Sterne-Schiffe wie „Hanseatic“ und „Sea Cloud II“ holen modernes Kreuzfahrt-Flair ins Museum.

Auf Deck 7 lockt die „Expedition Meer“ mit den Geheimnissen, die unter der Meeresoberfläche liegen. Farben und Geräusche der Tiefsee gilt es zu erkunden, eine Sinfonie von Walgesängen oder das Heulen eines Unterwasser-Vulkans. Auch der schriftstellerischen Phantasie von gestern und heute wird Platz eingeräumt – von Jules Verne bis hin zu Frank Schätzing.

Deck 8 beherbergt die sogenannte Schatzkammer des Museums, die ihren Namen ganz und gar zu recht trägt: Man bestaunt hier Schiffsmodelle aus kostbarsten Materialien wie Elfenbein, Bernstein oder Silber sowie als absolutes Prunkstück das weltweit einzige Schiffsmodell aus purem Gold – das des Columbus-Schiffes „Santa Maria“. Einen besonderen Blick verdienen die Knochenschiffe, die Kriegsgefangene der Engländer als „Überlebenskunst“ während der Napoleonischen Kriege aus Tierknochen schnitzten. Wer wissen möchte, unter welch qualvollen Bedingungen diese Kunstwerke entstanden sind, braucht nur durch die vergitterten Fenster in das nachgebaute Zwischendeck eines Gefangenenschiffes zu schauen.

Deck 9 läßt das Herz jedes Modellbau-Liebhabers höher schlagen: 36000 Modelle im Maßstab 1:1250 sind im obersten Ausstellungsdeck des Museums versammelt. Eine Treppe höher bietet das 10. und höchste Deck Raum für kulturelle Veranstaltungen, wissenschaftliche Vorträge, Lesungen, Konzerte und Sonderausstellungen. Denn, so Peter Tamm: „Die Sammlung ist mit der Eröffnung des Museums ja keineswegs abgeschlossen, sie wächst ständig weiter und weiter …!“

Das Museum ist dienstags, mittwochs, freitags, sonnabends und sonntags von 10 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Montags ist geschlossen. Die Eintrittspreise betragen für einen Erwachsenen 10 Euro, für einen Erwachsenen mit Kindern bis sechs Jahren 12 Euro, für zwei Erwachsene mit Kindern ab sechs Jahren 22 Euro, für Kinder ab sechs Jahren, Schüler, Studenten, Rentner, Schwerbehinderte etc. 7 Euro, für Gruppen ab zehn Personen 7 Euro pro Person sowie für Schulklassen 3,50 Euro pro Person. Die Jahreskarte kostet Erwachsene 55 Euro. Die genannten Öffnungszeiten und Preise gelten vorerst nur bis zum 31. Oktober dieses Jahres. Nähere Informationen sind erhältlich beim Internationalen Maritimen Museum Hamburg, Koreastraße 1 (ehemalige Magdeburger Straße), 20457 Hamburg, Telefon (0 40) 30 09 23 00, Fax (0 40) 3 00 92 30 45, E-Mail: info@peter-tamm-sen.de, Internet: www.internationales-maritimes-museum.de.


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