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19.07.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-08 vom 19. Juli 2008

Vorsicht: Geschenke! / Was uns der gute Obama bescheren wird, wie das mit den Entlastungen ausgeht, und wozu wir den großen Teppich benötigen
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Schon schade: Das wäre ein schickes Bild geworden, der Obama vor dem Brandenburger Tor. Angela Merkel wollte es nicht, weil Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit gewiß sein ganzes Showtalent mit auf die Ehrentribüne geworfen und die strahlenden Medienbilder abgesahnt hätte. Da wurd’s der Kanzlerin ganz anders.

Mittlerweile hat der US-Präsidentschaftskandidat einen Rück­zieher gemacht und will nach Tempelhof ausweichen. Immerhin, mag sich Merkel trösten: Tempelhof hat für den Wowereit wenigstens einen peinlichen Haken. Sein rot-roter Senat  setzt gegen beträchtlichen Bürgerwiderstand alles in Bewegung, um den legendären Zentralflughafen dichtzumachen. Kein Kommentator wird das unerwähnt lassen, wenn Wowereit neben Obama steht, während der Ami den hehren Geist der Luftbrücke besingt: „Yes we can!“

Wer wohl noch alles auf die Tribüne darf? Also jedenfalls die Kanzlerin und die Notablen der übrigen großen Parteien. Und alle werden gebannt an Obamas Lippen hängen, wir zu Hause auch. Unsere Medien haben uns gelehrt, Barack Obama zu lieben, viele von uns schwärmen ihn hoch zur Kreuzung aus John F. Kennedy und Martin Luther King.

Was er uns erzählen wird? Na sicher alles mögliche über Menschenrechte und Völkerfreundschaft, ergriffen werden wir applaudieren wenn er mehr Klimaschutz fordert, und mehr Zusammenarbeit, wenn er nach Armutsbekämpfung ruft und nach der Todesstrafe für Kinderschänder und ... Moment! Was war das Letzte noch mal?

Ja, das ist vor allem links von der deutschen Mitte ein bißchen untergegangen. Unser Martin Luther King-Kennedy macht sich tatsächlich dafür stark, daß es Gas­kammer, Todesspritze oder Elektrischen Stuhl auch für Kinderschänder geben soll. In Tempelhof wird er sich bei dieser Forderung mit dem Applaus von NPD-Chef Udo Voigt zufriedengeben müssen. Aber das kann      Obama wurst sein. Er will ja Geschichte schreiben. Das wird ihm gelingen, wenn er in Berlin auf die Kinderschänder-Sache zu sprechen kommen sollte. Die Gesichtszüge der versammelten deutschen Obama-Fangemeinde würden es wert sein, für immer in den Filmarchiven bewahrt zu werden.

Aber das stecken Obamas Berater dem Kandidaten sicher vorher, weshalb er seine drakonischen Phantasien wohl daheim läßt. Interessant ist dennoch, wie wenig Beachtung er mit diesem, sagen wir mal ganz neutral: ungewöhnlichen Vorstoß in den deutschen Medien gefunden hat. Man stelle sich vor, George W. Bush hätte so etwas auch nur geflüstert in dem irrtümlichen Glauben, das Mikro sei abgeschaltet. Der Aufschrei hätte uns das ganze öde Sommerloch mit Empörung und Betroffenheit geflutet.

In Talkshows wäre diskutiert worden, ob man die USA überhaupt noch als Demokratie bezeichnen dürfe; in  Magazinen wie „Kulturzeit“ auf 3sat hätten uns Experten aufgeklärt über den Abgrund, auf den sich die brutalisierte US-Gesellschaft zubewegt. Michael Moore, der linke US-Filmemacher und Allzweck-Kronzeuge zur Verwerflichkeit des rechten Amerika, wäre zum Dauergast in deutschen Fernsehstudios aufgestiegen, um dort seine gezinkten Dokumentationen anzupreisen.

Ja, nun war es aber leider der Obama, der Gute also. Für solche Fälle haben wir einen riesigen Teppich, unter dem schon John F. Kennedys Rolle bei der Vorbereitung des Vietnamkriegs ihr mucks­mäuschenstilles Örtchen gefunden hat.

Den Teppich werden wir noch öfter brauchen, erst recht, wenn es Obama wirklich auf den Präsidentenstuhl schafft.

Bislang gilt es als gesicherte Tatsache, daß die Schwarzen in den USA nur deshalb nicht nach oben kommen, weil sie rassistisch benachteiligt werden. Das zu bestreiten hieße, auch ein Rassist zu sein. Obama, selbst kein Kohlweißling, hat andere Erklärungen für die beklagenswerte Lage sovieler Afro-Amerikaner: Die schwarze Unterschicht „sieht zuviel fern, ernährt sich ungesund und hat wenig Interesse an Bildung“, schießt Obama die Standardweisheiten einer ganzen Generation von Bürgerrechtlern über den Haufen. Das erinnert an die Einlassung des verfemten Ex-Grünen und Neu-CDUlers Oswald Metzger, der einer bestimmten Art von Hartz-IV-Empfängern empfahl, sich weniger „Bier und Kohlehydrate“ reinzupfeifen.

Echt übel wird es, wenn der Hoffnungsträger aus Übersee auf Krieg zu sprechen kommt. Als er noch Kandidat der Demokraten werden wollte und vor allem die US-Linke überzeugen mußte, wollte er den Irak binnen 16 Monaten räumen. Nun, da er das eigene Lager im Sack hat und auf die Mitte schielt, will er von einer starren Frist nichts mehr wissen. Statt dessen sagt er zum Irak exakt das gleiche wie Bush: Wir gehen, wenn wir fertig sind.

In klaren Mondnächten werden deutsche Obama-Bewunderer gar um den Schlaf gebracht, wenn ihnen dämmert, was der von uns wohl in Sachen Afghanistan fordern wird. Die charmanten Angebote zu „mehr Zusammenarbeit“ entpuppen sich sehr wahrscheinlich als wahre Giftpillen, die ein US-Präsident Obama der Berliner Politik ausgerechnet zum Wahljahr 2009 in den Tee schüttet: Er wird mehr deutsche Soldaten, mehr Kampfeinheiten vor allem, anfordern.

Das könnte die Strategie unserer Regierung empfindlich stören. Bislang bemüht sich Berlin, das deutsche Volk vor der ungemütlichen Wahrheit zu schützen, daß wir am Hindukusch einen handfesten Krieg führen. „Friedenssichernder Einsatz“ oder „Helfen und Vermitteln“ lauten die schönen Umschleimungen, mit denen man sich wenigstens bis zum großen Urnengang durchmogeln wollte. Nicht auszudenken, wenn der Schwindel auffliegt.

Um sich dennoch in warmes Licht zu tauchen, flöten uns die Wahlkämpfer nun täglich etwas von wunderbaren „Entlastungen“ ins Ohr, und halten farbenfrohe „Entlastungspakete“ in die Berliner Luft, die uns entzücken sollen wie in Kinderjahren die verheißungsvoll verpackten Weih­nachtsgeschenke.

Unsere kindliche Erfahrung lehrt, unsere Freude zu bremsen bis zu dem Moment, wo alles ausgepackt ist. Es schimmern bereits Merkwürdigkeiten durchs Geschenkpapier: So hat uns Finanzminister Peer Steinbrück einen „Meilenstein“ beim Abbau der Steuerbürokratie versprochen durch ein ganzes Bündel von Neuregelungen. Toll, will jeder jubeln, der alljährlich am Steuergestrüpp verzweifelt. Endlich mal eine sinnvolle „Entlastung“.

Ja, aber nicht für den Steuerzahler, sondern für die Steuerfahndung. Steinbrück will vor allem den Anteil digital erstellter Steuererklärungen deutlich erhöhen, damit die Ämter nach einem einfachen Computerraster jedem auf die Schliche kommen. Freiberufler und Mittelständler sollen ab 2011 gesetzlich gezwungen werden, die Steuererklärung per Rechner abzugeben.

Beim Sichten neuer Einnahmequellen ist der Minister flink wie ein Wiesel. Wenn ab 2010 Krankenkassenbeiträge steuerlich geltend gemacht werden können, will sich Steinbrück die entgangene Beute sogleich per Steuererhöhung für „Besserverdiener“ wieder hereinholen. Damit meint er natürlich die breite Mittelschicht, „Besserverdiener“ klingt aber sozial gerechter.

Damit wir aber wenigstens das Gefühl bekommen, nicht immer nur draufzulegen, hören wir überall „Pendlerpauschale“. Die muß dringend wieder her in der alten Form, schallt es tausendfach aus den Kehlen derer, die die alte Form abgeschafft haben.

Nach den Wahlen werden wir hören, wieviel die Staatskasse jene erhöhte Pauschale kostet. Dann werden Politiker fordern, daß diese Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte durch erhöhte Einnahmen anderswo ausgeglichen werden müsse. Es empfiehlt sich also, das zusätzliche Pendlergeld gleich wieder fürs Finanzamt zurückzulegen.


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