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26.07.08 / Jagd auf kluge Köpfe / Rußland hat nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Jagd auf kluge Köpfe
Rußland hat nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte
von M. Rosenthal-Kappi

Das Jagdfieber hat um sich gegriffen. Hochqualifizierte Techniker, Vertriebsprofis und Ingenieure können in russischen Firmen fast jedes Gehalt fordern, vorausgesetzt, sie verfügen über gute Kontakte in Rußland und, wenn es sich um nichtrussische Mitarbeiter handelt, neben ihren Fachkenntnissen über Kenntnisse der russischen Sprache. Haben diese Arbeitskräfte erst einmal Fuß gefaßt, wird es ihnen an Jobangeboten nicht mangeln. Dank des anhaltenden Wirtschaftsbooms suchen Unternehmen in Rußland händeringend nach fähigen Mitarbeitern, dabei ist es an der Tagesordnung, sich die Mitarbeiter gegenseitig abzuwerben. Die Firmen zahlen überdurchschnittlich gute Gehälter gemessen an den russischen Durchschnittslöhnen – ein unerfahrener Hochschulabgänger erzielt 1350 Euro Gehalt gegenüber etwa 412 Euro Durchschnittslohn. Zu den Profiteuren der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt zählen Geschäftsführer, Vertriebsmanager und Finanzvorstände. Laut einer vom Verein der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation herausgegebenen Studie verdient ein Finanzdirektor ein durchschnittliches Jahressalär von rund 70000 Euro, ein Personaldirektor etwa 44000 Euro. In den Branchen Holz / Papier, Automobilzulieferer und in der Kredit- und Versicherungswirtschaft sei der Gehaltsanstieg überdurchschnittlich hoch. Das Angebot an qualifizierten Arbeitnehmern hält den Wachstumsraten nicht stand. Es entsteht eine Situation, in der das Ringen um die besten Köpfe die Fluktuation in den Unternehmen erhöht. Meist steht das hohe Gehaltsniveau in keinem Verhältnis mehr zur Produktivität der Arbeitskräfte. Für die Unternehmen sind die Löhne zu einem unkalkulierbaren Kostenfaktor geworden.

Gefragt sind Maßnahmen, die die Fluktuation eindämmen und die Loyalität der Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber herstellen sollen. Einige Firmen versuchen Mitarbeiter mit zusätzlichen sozialen Leistungen wie etwa einer Zusatzkrankenversicherung an sich zu binden. Daneben ist eine Änderung im Ausbildungswesen notwendig. Zwar ist das Bildungsniveau der russischen Schul- oder Hochschulabgänger nicht schlecht, doch sie verfügen vor allem im Bereich der Facharbeiterberufe lediglich über theoretische Kenntnisse, weil ein duales Ausbildungssystem in Theorie und Praxis fehlt. Hier könnte das deutsche System zum Vorbild werden. Im Bereich des Managements hat es seit der Wende in Rußland eine Veränderung gegeben. Besetzten ausländische Firmen ihre Führungsposten gerne mit eigenen Mitarbeitern, greifen sie heute lieber auf russische Manager zurück. Ihr Vorteil ist, daß sie über notwendige Kontakte verfügen und die russische Mentalität kennen. Ausländer sind heute vor allem als Spezialisten gefragt.

Inzwischen hat auch die Politik den Arbeitskräftemangel als Problem erkannt. Seit Jahren werden Programme zur Verbesserung aufgelegt, die bislang wenig Erfolg zeitigten. Daß das Problem erkannt ist, unterstreicht die Ankündigung Medwedews an einer Gesetzesänderung zu arbeiten, die EU-Bürgern künftig die Erlangung von Arbeitserlaubnissen erleichtern soll.


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