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26.07.08 / Haarscharf obsiegt / Sarkozy setzt mit einer Stimme mehr Verfassungs-Reform durch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Haarscharf obsiegt
Sarkozy setzt mit einer Stimme mehr Verfassungs-Reform durch
von Jean-Paul Picaper

Als Sarkozy am letzten Montag in der irischen Hauptstadt schroff von Demonstranten empfangen wurde, die ihr „Nein“ zum Lissabon-Vertrag auf Schildern bekräftigten, errangen die Anhänger des französischen Staatspräsidenten einen knappen Sieg: Die von ihm und von seinem Premierminister François Fillon geforderte Reform der Verfassung der Fünften Republik wurde mit 539 gegen 357 Stimmen vom Kongreß, der aus beiden Parlamentskammern bestehenden verfassungsgebenden Versammlung, verabschiedet. Also mit einer Stimme mehr als die erforderlichen 538 Stimmen.

Sieben Senatoren und Abgeordnete der Sarkozy-Partei UMP haben dagegen votiert. Sie wollten das Präsidialregime des Generals de Gaulle aufrechterhalten. Natürlich stimmte die zentralistische „Modem“-Partei des Sarkozy-Feindes François Bayrou mit den Linken (Sozialisten, Kommunisten und Grüne) dagegen. Dafür erhielt die Reform die Stimmen des neuen Zentrums und der Sozialdemokraten. Seinen dünnen Erfolg verdankte Sarkozy einem Sozialisten, dem einzigen, der sich gegen sein eigenes Lager zu stimmen getraute. Es war der ehemalige sozialistische Kulturminister Jack Lang, der in der Reformkommission mitgearbeitet hatte. Vom Ausschluß aus der sozialistischen Fraktion bedroht, sagte Lang: „Ich konnte nicht gegen diese guten Ideen mit dem Vorwand stimmen, daß der heutige Präsident diese Reform wünscht.“ Die anhaltende Gegnerschaft gegen Sarkozy war die Motivation der Opposition. Sonst entsprachen die meisten Textänderungen inhaltlich ihren althergebrachten Wünschen. Schon 1981 wollte der sozialistische Präsident Mitterrand die gaullistische Verfassung von 1958 ändern und so das Parlament stärken und die Exekutive schwächen. Aber er riskierte nicht die Blamage einer Niederlage.

Sarkozy und der Premierminister Fillon gingen davon aus, daß die ungenügende Vertretung der Wünsche der Franzosen im Parlament die Ursache des permanenten Krisenzustandes der letzten Jahre ist. Das Parlament wird also an der Ausarbeitung der Gesetze stärker beteiligt werden. Es kann nicht mehr so leicht von der Regierung überwältigt werden. Darüber hinaus werden die Staatsbürger gegen nicht verfassungskonforme Gesetze, die sie betreffen, Einspruch einlegen oder eine Volksabstimmung verlangen dürfen. Für die Aufnahme von neuen EU-Mitgliedern wird ein Referendum möglich sein. Die Regionalsprachen bekommen einen Status, wenn auch nicht wie geplant im Artikel 1 der Verfassung. Die Opposition bekommt so viel Redezeit wie die Regierung. Schließlich wird die Amtszeit des Staatspräsidenten nicht zehn Jahre überschreiten dürfen. „In Amerika wird das politische Personal alle acht Jahre ausgewechselt“, sagte Sarkozy der Zeitung „Le Monde“. Wenn man berücksichtigt, daß der Präsident in Zukunft vor dem Kongreß in Versailles Reden über die Lage der Nation halten wird, was ihm seit 1873 verboten war, so handelt es sich doch um eine tiefe Änderung der gaullistischen Republik. Sarkozys Reformen entwerfen immer deutlicher die Konturen einer Sechsten Republik.

Auch Europa hat der Franzose mit der Gründung der Union für das Mittelmeer (UFM) ein neues Gesicht gegeben.

Während Hosni Mubarak Präsident der UFM für den Süden sein wird, wird Sarkozy bis zum 30. Dezember der UFM-Präsident für den Norden sein.


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